Arbeitsjournal. Sonntag, der 24. September 2006.

4.57 Uhr:
[Berlin Kinderwohnung.]
Der Kaffee läuft durch. (Was wohl heißen soll: „läuft durch die Maschine“. Was dann g a n z falsch ist. Durch die Maschine läuft das Wasser, wobei es erhitzt und in den gefüllten Filter geleitet wird; dort nimmt es die Kaffeestoffe an und auf und tropft dann in die Glaskaraffe. – Sich solche mechanischen Zusammenhänge klarzumachen, scheitert bereits bei der Armbanduhr; von elektronischen Zusammenhängen, zudem, wenn sie kybernetisch programmiert sind, schweigen wir autonomen Geschöpfe mal besser. Von hirnphysiologischen schon gar.) Seit langem trage ich wieder diesen häßlichen Trainingsanzug zur Arbeit, die Kapuze überm Kopf. Sie erinnern sich? Ich erinnere mich. Es wird deutlich Herbst, wird kühl in Berlin, i s t kühl, frühmorgens. Mit dem Aufstehen, nein, bereits beim Weckerklingeln ging eine Art inneren Blanzierens los: was ist zu tun?, was liegt fast-fertig vor?, was blieb auf halber Strecker liegen?, was ist überhaupt erst projektiert oder hat es zu nicht mehr als Skizzen gebracht? Ich bin durch die Veranstaltungen, die mich vom Schreibtisch wegbrachten, offenbar mal wieder so gestört, daß solch Listenüberschau nötig wird, damit sich die Konzentration wieder sammelt. Also.

I) Akut.
1) PETTERSSON-REQUIEM. Abgabe nach der oder zur Buchmesse, damit das Typoskript an die Sprecher kann. Produktion: 16. – 20. 10. 2006 in Frankfurtmain. Sendung: 31. 10. 2006.
2) BAMBERGER ELEGIEN. Sieben sind als Rohfassung bereits da, sechs fehlen. Die sind im November zu schreiben.
3) ARGO. ANDERSWELT. Roman. Liegt mit 870 TS-Seiten (das sind überschlägig 1200 Buchseiten) in der Rohfassung fast komplett vor; es fehlt der 5. Teil, der nicht mehr als 15 Seiten haben wird, vielleicht weniger, aber im Hexameter zu schreiben ist. (Sollte insgesamt bis Frühjahr 2007 fertiggestellt sein, um in die nächsten Fassungen zu gehen.) Dieser fünfte Teil sollte im Dezember geschrieben werden.
4) LIEBESGEDICHTE. Liegen quasi vor, Auswahl trifft Prunier, der zugleich übersetzt. Lektorat steht dann an. Das Typoskript sollte ‚zwischen den Jahren’ fertiggestellt sein, damit die Buchproduktion anlaufen kann. Ist nur eine kleine, allerdings zweisprachige Edition mit Erscheinungsdatum Anfang 2007. So ist das mit Dielmann besprochen.
II) Eilig.
5) HÖRSTÜCK für den DLF. Thema noch offen, bzw. frei zusammen mit den Redakteur wählbar. Muß bis Feb./März 2007 fertigsein und im März für das zweite Quartal 2007 produziert werden. Ausstrahlung für dieses zweite Quartal vorgesehen. Nach Absprache mit dem Redakteur.
6) UND ALSO ES GESCHAH. Marianne-Fritz-Hörstück. Liegt bereits fertig beim WDR, ist bereits angezahlt. Wartet auf die Produktion, die sich wieder und wieder verschoben hat. Da ist dringend nachzudrücken. Sollte im ersten Quartal 2007 produziert werden, also eigene Regie.
7) THEORETISCHE SCHRIFTEN. Der Band ist mit Verlag tisch7 projektiert und dortseits auch schon annonciert; dort wartet man also auf Vorschläge meinerseits, w e l c h e Aufsätze es werden sollen. Hab ich etwas verschlampen lassen.
8) EWIGKEIT ODER DIE KURZE LÄNGE DER ZEIT. Funkoper von Robert HP Platz. Libretto-Überarbeitung und Realisierung. Dritter Teil des OPERNPROJEKTs. Liegt bereits als Typoskript vor, muß ggbf. revidiert werden. Zeithorizont: Winter 2007. Für den WDR.
III) Mittelfristig.
9) DIE LIEBE IN DEN ZEITEN DES INTERNETS (DLZI). Roman. Liegt bereits halbausgeführt vor, die andere Hälfte existiert als rohes Material, rund 300 Typoskript-Seiten, Chat-Protokolle, Fotografien, Notate von Treffen, Briefe usw. Hier in Der Dschungel nachzulesen.
10) DIE ANDERE SEITE DES MONDES. Roman. Liegt nur als Exposé vor.
11) DAS LEBEN MELUSINE WALSERS (MW). Roman. Liegt nur in Entwürfen vor. Hier in Der Dschungel nachzulesen.
IV) Langfristig.
12) Überarbeitung von JOACHIM ZILTS VERIRRUNGEN. Erzählung. Etwa halb fertig, wurde bereits 2005 liegengelassen. Hier in Der Dschungel nachzulesen.
13) DIE SCHÖNE ELISABETH SCHNEIDER. Erzählung. Etwa zu einem Drittel als Rohfassung fertig. Wurde ebenfalls 2005 liegengelassen. Hier in Der Dschungel nachzulesen.
14) DIE MORRIGAIN. Erzählung. Liegt nur locker als kleine Skizzen vor. Hier in Der Dschungel nachzulesen.
15) DIE VERWIRRUNG DES GEMÜTS. Roman. Überarbeitung des 1983 erschienenen und zur Zeit vergriffenen (bzw. nur über Antiquariat erhältlichen) Buches zur Ausgabe Zweiter Hand. Das ist wichtig, damit mit der Publikation aller drei ANDERSWELT-Bücher und also dem Abschluß der Trilogie insgesamt die gesamte Reihe Die Verwirrung des Gemüts – Wolpertinger oder Das Blau – Anderswelt zugänglich ist; ein Zyklus, der schon über die Figurationen zusammengehört und damit ein literisches Projekt realisiert, das sich über mittlerweile fast 25 Jahre hinzieht; bei etwas Pech wird es auf dreißig Jahre kommen.
16) DSCHUNGELBUCH, nach Jahrgängen. Das Literarische Weblog zum Buch umgearbeitet – mit allen nötigen ästhetischen Konsequenzen; bislang liegen als pdf nur die ersten beiden Monate Juni und Juli 2004 vor (und sind, übrigens, per jetzt 1225 mal heruntergeladen worden, was ein erstaunliches Interesse an dem Projekt bezeugt).
V) Fließband.
Nicht zählbar. Alles, was in Der Dschungel unter „Projekte“ zu finden ist. Ich verzichte hier insgesamt auf Linklegung, Interessenten können die Search-Funktion nutzen. Und Die Dschungel als Netzprojekt selbst sind fortzusetzen, klar. Dazu noch das für die Bühne zu realisierende OPERNPROJEKT mit Robert HP Platz. Möglicherweise hab ich was vergessen. Jedenfalls läßt es sich unterm Strich kaum davon sprechen, daß meine Arbeit mit vor allem ARGO an ein Ende käme, und auch davon, daß es sich bei der Hinwendung zur Lyrik und namentlich bei den Elegien um eine tatsächliche Kehre handelte, deren lebensbilanzierender Character so etwas wie einen ‚Abschluß’ anzeigte, dürfte nicht mal uneigentlich die Rede sein. Mit der Veröffentlichung von ARGO ist zudem die Wiederveröffentlichung der ersten beiden ANDERSWELT-Teile ins Auge zu nehmen, was möglicherweise auch dort eine Überarbeitung, also Ausgaben Zweiter Hand, impliziert. Und für das verbotene Buch ist eine Lösung zu finden. Von n e u e n Ideen, die mir zudem noch in den Kopf kommen werden, will ich mal ganz absehen. Ich gehe jetzt auf 52 Lebensjahre und werde insofern mit alledem ganz gewiß bis übers 60. hinaus, wenn nicht ins 70. hinein zu tun haben. So rein ‚zwischendurch’ steht jetzt auch noch die Geburt von Zwillingen an. Persönlich ist das mit Glück verbunden, arbeitstechnisch wird’s dadurch aber erst so r i c h t i g chaotisch. Inschallah, man bekommt, was man tragen kann (und in meinem Fall: will).

Es wurmt mich ein wenig, aber wenn ich mir diese Liste jetzt so anschau, fürcht’ ich, es wird eines Tages UNABGESCHLOSSEN über dem Gesamtwerk stehen. Es sei denn, ich schaff das w i r k l i c h, 124 zu werden, wie es immer meine – allerdings spöttisch geäußerte – Absicht war. Und jetzt sein m u ß. Dann sollte ich allerdings endlich wieder mit der Qualmerei aufhören und verstärkend gehörig Sport treiben.

Gute Morgen, Leser. (Heut ist Kindertag, also nicht von ungefähr dran zu denken, daß ich mit vollem Schub an die Vollendung des PETTERSSONs gehe. Aber a bisserl was krieg ich schon hin.)

2 thoughts on “Arbeitsjournal. Sonntag, der 24. September 2006.

  1. Die größte Sorge meines Vaters (83) derzeit: mit einem UNABGESCHLOSSENEN Lebenswerk gehen zu müssen. Niemand aber wird wissen, dass es das sein könnte. Und ihn, gegangen, sollte es dann auch nicht mehr belasten. Jetzt aber tut es das, die Vorstellung allein macht ihn r a s t l o s .

    Ach ja, Sie rauchen wirklich viel.

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