6.53 Uhr:
[Villa Concordia Bamberg.]
Viel zu spät auf. Aber egal. Jetzt mir nicht selber Druck mit der Elften Elegie machen; es sammeln sich ja die Bausteine allmählich an. (Der Übergang von der zehnten zur elften funktioniert nicht mehr einfach nur über die Jahreszeit; die Leserin hat recht, die mir folgendes schrieb: Die Bamberger Elegien klingen für mich nach der 10. wie abgeschlossen… vielleicht liegt es daran? Der Sonnenaufgang kommt bei Ihnen sonst immer am Ende… und das Tor unten ist geschlossen. Es klingt irgendwie abschließend… insgesamt, nicht nur die 10. Elegie.Stimmt, ja. ABER. Sie s i n d nicht abgeschlossen, diese Elegien; nur: wie das Tor unten (!) öffnen? Sie sollen ja f ü r das Leben geschrieben sein, nicht dagegen… (Außerdem ist die Reihenfolge, in der die Elegien schließlich dastehen werden, durchaus noch nicht klar. Möglicherweise ordne ich sie, wenn ich überarbeite, völlig um.)
Trüb ist’s draußen, aber doch wieder so warm geworden, daß ich bei geöffneter Terrassentür schreiben kann, ohne zu frieren. Um 17.30 Uhr wird Zschorsch zum Essen herkommen (ich mag eine Kleinigkeit kochen; frischen Spinat vor allem, Knoblauch ins Wasser und das Gemüse nur eben ganz kurz blanchiert…), danach gibt Louise Welsh eine Buchpräsentation – Krimis florieren derzeit, und zwar bis in die Unis. Das hat fast schon etwas Ideologisches. Man kann sich das pragmatisch erklären: Frauen haben sich diese Genre-Domäne erobert, und da wiederum 70 % aller Belletristik-Leser Frauen s i n d… – aber ich spüre, es steckt noch was anderes dahinter, das mit Pop und der Akademisierung von mainstream zu tun hat, also gänzlich auf der gesellschaftspolitischen Linie des siegreichen, hätte Adorno gesagt, Positivismus liegt.
Nein, ich lenk mich jetzt n i c h t von der Elften ab. Und will, deshalb tippte ich das hierüber nur, bis 16.30 Uhr ein gerüttelt Maß voll Elegien hineingekippt haben.
13.06 Uhr:
Jetzt l ä u f t diese Elegie aber was! Und wie bezeichnend, daß ich, da ich doch von Musik schreiben will, von Erotik schreibe und dabei von ihrer puren sexuellen Form. Daß das gelingt! und daß das plötzlich zu einem Engel-Bild wird!
Eine verwandelnde ist’s, Entichung in Ich, aus Opfer
Gabe schaffend, den linken entkleideten Fuß des Engels
auf dem Kadaver und schlägt mit den riesigen Flügeln
Windwogen, so sehr klingende, daß wir vor Glück erglühen,
wenn wir sie hören, und vor Scham, daß wir’s so lästern.
Ich ‚raste’ jetzt mal, dusche, schlafe zu Mittag.
21.40 Uhr:
So findet man’s vor, wenn man nach dem jour fixe kurz ins Studio zurückkommt, um sein Geld fürs Bier zu holen. Allora. Nach dem Abendessen.