Nein, Paul, nein ! Ich werde hier nicht den Kellner professioneller Kommunistenfresser geben, die undifferenziert die bösen und guten Kinder des Marxismus auf ihrer Speisekarte haben. Abgesehen davon, dass mein alter ego diese Geschichte aufschreibt, beschäftigt mich mehr die Gegenwart. Sie fordert mich ganz und von Memoiren halte ich viel, solange sie nicht von der >>>oral history als objektive Wahrheit verkauft werden. Denn mit der oral history, das ist meine Meinung, und ich kann hier irren, hat eine Methode in die Geschichtswissenschaften Einzug gehalten, die den Weg zu möglichen Erkenntnisprozessen über historische Ereignisse und Abläufe subjektiviert. Am Vormarsch des subjektiven Dokuments, ob mündlich oder schriftlich, als scheinbar objektive Aussage, bin ich nicht interessiert. Ich halte das für einen Irrweg, der die historischen Disziplinen zur Belletristik verkommen lässt. Erlebnisse von Menschen, die vom Weltenlauf zerbrochen wurden, gehören, in welcher Form auch immer, ästhetisch aufgearbeitet. Wer will kann dafür genügend Beispiele finden. In diesem Zusammenhang ist vor allem an Peter Weiss „Ästhetik des Widerstands“ zu erinnern. Ein wunderbares Buch. Aber auch Walter Kempowskis Bücher sind gekonnte künstlerische Formen, die der mündlichen und privaten schriftlichen Überlieferung, ob im Dokumentarspiel, Roman, Novelle oder Film, Ehre genug erweisen.
Peter Weiss. Ä s t h e t i k des Widerstandes. Suhrkamp 2005
Walter Kempowski. D a s E c h o l o t. Btb. 2004