Paul Reichenbachs Dienstag, der 2. Januar 2007. Wurzeln.

Ich bin hier, und es gibt nichts zu sagen. Wenn unter Ihnen die sind,
die irgendwo hingelangen möchten, sollten sie gehen, jederzeit.
Was wir brauchen ist Stille; aber was die Stille will ist,
dass ich weiterrede. (John Cage)

Das Neue Jahr begann still. Als wir zur Neujahrswanderung quer durch den Stadtwald nach Frankfurt aufbrachen, das sind ungefähr 11 km, waren die Rollläden unserer Nachbarn noch heruntergelassen und diffuses Sonnenlicht lag auf den Wegen. Die Temperaturen erinnerten eher März statt Januar. Der Wald stand still und schwieg. Sie und ich wechselten kaum ein Wort miteinander. Jeder von uns hing seinen Gedanken nach und war froh, dass neben ihm jemand ging, der die Ruhe des kalendarischen Neubeginns beim Gang in die Stadt, die Kunsthalle Schirn war unser eigentliches Ziel, nicht mit Worten stören wollte. Wir genossen die stille Harmonie, die im vergangenen Jahr so selten zwischen uns schwang. Die Schirn hatte noch geschlossen und es regnete Bindfäden, als wir bei ihr ankamen. >>>Picassos Bühnenbilder verlangten zwei Stunden Wartezeit, ehe sie sich uns zeigen wollten. Wir waren etwas unschlüssig, was wir bis dahin, tun sollten, als mit einem Mal die Glocken des Frankfurter Doms zu läuten begannen. Spontan und ohne ein Wort lenkten wir unsre Schritte in Richtung Dom. Im Dom, Chor und Seitenschiffe waren vollbesetzt, wurde von der kroatischen Gemeinde ein Hochamt gefeiert. Fasziniert vom An- und Abschwellen der Orgelklänge und gefangen von den Wechselgesängen des Vorsängers mit den Gläubigen, nahmen wir Platz und hörten, hörten…; anders als am Tag zuvor in Speyer, Mozarts Krönungsmesse schmeichelte unseren Ohren, sehr manieriert übrigens, durchgestylt könnte man auch sagen, wo ich angesichts von Weihrauchschwaden und Bischofsmütze mir manche ironischen Gedanken nicht verkneifen konnte. Die slawisch – katholischen Kirchenlieder im Frankfurter Dom erinnerten mich an meine >>> Großmutter in Bratislava und damit an meine Wurzeln. Nachdenklich und still, Picassos Bilder und Kostüme ließen wir aus, die Sonne zeigte sich auch hin und wieder, wanderten wir durch den Stadtwald zurück.

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