17.08
Der Schatten des Hauses wird langsam länger auf dem Acker vorm Fenster, voran die drei Schornsteine. Spärliche Wolken im Blau. Vorm Schreiben kurz noch ein paar Verse von Sibilla Aleramo: „come eri bella questa notte, morte“. Es ist immer, als wollte ich dem Ende des Tages huldigen, fast konzentriere ich mich darauf, wie auch die Konzentration intensiver wird, sobald sich das Ende eines Buches nähert: Bring’s zu Ende! Mach Schluß damit! Das Stündchen ist immer übrig. Das letzte. Und dann auf der Innenseite des hinteren Buchdeckels der mit dem Bleistift geschriebene Grabstein: [name] [date] [place].
In diesen Tagen wird wieder die Generalprobe des Alleinseins generalgeprobt. Aber es ist nicht dasselbe. Das ist kein Neuanfang, nur eine Unterbrechung des Seienden. In Civitavecchia wartet jetzt auf sie und ihre Klassen ein Schiff in Richtung Barcelona. (Absurd ist das schon, wo es doch Billigflüge gibt, aber die Schulverwaltung wollte sich auch für dieses Mal noch nicht damit anfreunden : es sind praktisch drei Tage Schiffsfahrt : und Dienstag wird sie wieder hier sein (dito im letzten Jahr die Klassenfahrt nach Paris mit dem Zug)). Ich wünschte heute morgen „Keine Stürme und ansonsten alles Gute“. Sie zögerte lange, bevor sie dennoch „Danke“ sagte. Also allein. Aber damit kann ich nie viel anfangen: Arbeit liegt an, aber die ging schleppend voran. Dann dachte ich an das Mittagessen, wählte Tiefkühl-Minestrone: das reicht für die nächsten beiden Mittagessen auch noch. Einkaufen brauchte ich nicht: Alkohol reicht, Zigaretten reichen, und meinen Joghurt kann ich notfalls durch einen Apfel oder eine Birne oder eine Apfelsine ersetzen.
Der Schatten ist nicht mehr. Es ist jetzt 17.34. Das Feld ganz ohne Sonne.
Gestern sagte sie noch: Wenn ich zurück bin, sag mir bitte, wie du dir alles vorstellst, und dann gehen wir zu einem Anwalt. Den besten Augenblick hatte ich heute, als ich auf dem Sofa das Buch und die Augen zuklappte… und vorwegnahm, was die Aleramo oben schrieb.