Buchmesse Leipzig, Erster Tag. Arbeitsjournal. Freitag, der 23. März 2007.

4.36 Uhr:
[Berlin, Küchentisch.]
Jetzt wart ich nur noch drauf, daß der Kaffee durchgelaufen ist (bald gibt es morgens wieder meinen latte macchiato zum Arbeitsbeginn), dann trink ich einen Kumb voll und geh mich rasieren – ich möchte nicht unbedingt für einen Hemingway genommen werden. Geärgert habe ich mich gestern nacht über einen hämischen „Leser“-Unfug bei amazon, auf den ich aber aus Gründen der Ehre und meines Worts nicht verlinke. Im übrigen bin ich wohlgemut. Um kurz nach sechs muß ich für den ICE nach Leipzig schleppend aus dem Haus, nachts um kurz nach zwölf werd ich für die zweite Partie >>>> Volltext (22.11 Uhr) wieder hier sein, die mich dann morgen früh zur zweiten Messe-Fahrt begleiten wird. Im Zug jeweils will ich arbeiten. Und Ihnen selbstverständlich berichten. Mit etwas rhythmischer Inspiration bekomme ich bis Sonntag fahrthalber die Dritte Elegie fertig. Schön übrigens, daß Volltext auf das >>>> SCHREIBHEFT verweist, worin die (noch nicht streng hexametrisierte) Neunte Elegie abgedruckt ist.
(Zum Titel dieses Arbeitsjournals: „Erster Tag“ heißt freilich: m e i n erster Tag dort. Denn sie ist ja seit gestern in Gang. Nur genauigkeitshalber vermerkt)

5.33 Uhr:
Machen wir mal Werbung: „gepflege Frische“. (Was lieb ich den Duft dieses Parfums!) Und vergaß noch zu erzählen, daß ich am Samstag – also morgen, den 24. März, auf der Leipziger Messe um um 15 Uhr am Stand von >>>> BUCHMARKT 50 Exemplare der MEERE bei >>>> VOLLTEXT öffentlich signieren werde: Halle 3 B 103. So, zusammenpacken; zum Arbeiten komm ich jetzt d o c h erst im Zug (und in der S-Bahn: ich hab mir angewöhnt, den Laptop einfach unterm Arm zu tragen; man glaubt nicht, wie schnell dann S- und U-Bahnfahrten vergehen, wenn man konzentriert auf die Versarbeit schaut; sogar in die Gefahr geriet ich schon, Stationen zu überfahren).
Wegen der Signiererei schreib ich noch einen eigenen Beitrag heut gegen nachmittag/abend.

6.40 Uhr:
[ICE Berlin-Leipzig. Platz op. 111.]
Das ist der Morgen-ICE („mein“ ICE) nach Bamberg. Insofern w a r nichts mit der Arbeit in der S-Bahn, weil‘s ja nur eine Station bis Berlin Gesundbrunnen ging, von wo der Zug soeben startet. Hab zwei SMS‘se, je an Keul von VOLLTEXT und meinen Verleger von >>>> tisch7 geschickt, ob sie mich bitte auf die Messe lotsen, weil ich mir die Eintrittskarte sparen möchte.
Ein schöner E-Brief von >>>> dielmann erreichte mich noch, worin er mir – der gern ebenfalls gekommen wäre, aber aus Krankheitsgründen nicht kann – vielerlei gute Ereignisse wünscht. So, jetzt noch mal den Dummy für >>>> marebuch durchsehen. Ich fürchte, ich komm nun doch nicht an die Elegien.

E i n i g e s ist auf dieser Messe zu bereden, bzw. anzustoßen:

1) >>>> H o r e n: ANDERSWELT-Sonderband fürs Frühjahr 2008.
2) Lesungen aus der Letzten Fassung MEERE. Und Lesungen sowieso.
3) >>>> tisch7: Der Band mit poetologischen Schriften im Frühjahr 2008.
4) >>>> marebuch: Lizenzen von MEERE (Taschenbuch/Übersetzungen); vor allem: Ich möchte eine neue gebundene Ausgabe der letzten Fassung. Wir sind darüber noch uneins, und es geht darum, daß auf keinen Fall ein unnötiger Streit aufkommt. Diplomatie ist an sich, wenn es um mein Werk geht, meine Sache n i c h t. Da muß sich meine Cholerik sehr in acht nehmen. Zumal mir Verleger Niko Hansen auch persönlich sehr freundschaftlich verbunden ist. Ich hab etwas Angst, daß das Risse bekommt.
5) Vorabdrucke einzelner BAMBERGER ELEGIEN in Literaturzeitschriften, damit das Buch bereits bekannt wird, bevor es a l s Buch erscheint.
6) Besuche bei meinen diversen Verlagen. Schöffling & Co. allerdings laß ich aus, seit er einen Teil meines >>>> New-York-Buches hat verramschen lassen, ohne mich vorher zu informieren. An sich wären aus diesem Vorgang Rechte-Konsequenzen abzuleiten. Aber ich häng mir jetzt nicht auch d a s noch auf die Schultern. So lange das Buch lieferbar bleibt, ist’s – einigermaßen – okay.
6) Morgen abend (24. 3.) Treffen mit MINDBROKER, dem >>>> Laptop-Mäzen in Dresden.
7) Möglicherweise weitere Interviews wegen der Letzten Fassung von MEERE in VOLLTEXT, vielleicht Diskussionen. Keuls Editorial spricht ja ziemlich deutlich aus, worum es in meinem Fall a u c h geht: Für eine Geschichte in Sippenhaft genommen worden zu sein und weiterhin zu werden, für die ich als lange nachher Geborener gar nichts kann; daß man ihr aber dennoch nicht entkommt (ich ahne, daß sich mein von der Allegorie abgeleiteter Tragik-Begriff hier autobiografisch begründet hat). Mit fiel heute morgen ein: Das einzige, was die Schulzes schützt, ist, daß ihr Name ihre Herkünfte nicht preisgibt. Es könnten S c h l ä c h t e r unter ihren Vorfahren sein, s i e werden n i c h t dafür haftbar gemacht. Wie überhaupt die kleinbürgerlichen, einzelnen Menschenrechtsverstoßer, bzw. ihre genetischen Nachfahren unters Abtestat der Vergessenheit fallen, wie mies auch immer die Ahnen gewesen sein mögen. Man bekommt die Absolution, weil man klein ist, namenssymbolisch gesprochen. Darüber hinaus läßt sich sogar noch Perverseres sagen: Die Ahnen rächen sich an dem anonymen Verbrecher in ihren Ahnen an den Ahnen des nicht-anonymen Verbrechers. Als wüschen sie sich so rein. – Über diese Zusammenhänge will und werde ich diskutieren.

Ich habe mich übrigens – schon gestern in der Arbeitswohnung – entschlossen neue Visitenkarten drucken zu lassen. Das ist wegen der neuen Rufnummer sowieso nötig. Und auf diesen Karten werde ich fortan b e i d e Namen verwenden, und zwar gleichberechtigt und zugleich:


Alban Nikolai Herbst
Alexander v. Ribbentrop
Adresse usw.

Keine weitere Frage mehr – meinen Namen (meine Identität) habe ich mir zurückgeholt. Auch d a s ist ein Ergebnis von MEERE. Vielleicht werde ich sogar unter b e i d e n Namen meine künftigen Bücher publizieren. Neuausgaben der alten ebenso.

8.21 Uhr:
[Leipzig Hauptbahnhof. DB-Lounge.]Gerade, bereits umgestiegen, erreichte ich übers Mobilchen – außer Faure vom >>>> Buchmarkt schienen alle anderen Freunde und Bekannten noch zu schlafen – Thomas Keul von Volltext: Die Messe öffne nicht schon um 9, sondern erst um 10 Uhr vormittags. Mir ist sowas völlig unverständlich, aber egal. Rechtzeitig wieder aus der Messebahn hinausgesprungen… ähm, eher elefantig -geplumpst, rucksackshalber – und hier in der DB-Lounge eingekehrt, wo es an eigenen Arbeitsplätzen Laptop-Anschlüsse, den schnellen T-mobile-hotspot fürs Netz und obendrein freien Getränke-Service gibt; a u c h ein entschiedener Vorteil meiner Bahncard100. Ich bleib hier jetzt eine Stunde sitzen, um 10 Uhr treff ich Keul vorm Haupteingang der Messe, und e r besorgt mir die Eintrittskarte. Ich freu mich sehr darauf, ihn persönlich kennenzulernen, und auf das, was er bereits zu erzählen weiß. Faure treff ich gegen 16 Uhr.
Möglich, daß ich nun doch doch etwas versschmieden kann.

23.45 Uhr:
[Berlin, Arbeitswohnung.]
Für die nächste Fuhre MEERE BEI VOLLTEXT zurück. Morgen werd ich versuchen, nicht nur 150, sondern 250 Exemplare zu schleppen. Ich bin zu müd, um noch zu berichten. Näheres morgen früh, vielleicht dann auch direkt von der Messe. Bin als Journalist dort akkreditiert, bekomme also einen unentgeltlichen Netzzugang. Jetzt muß ich ruhen; bereits in der S-Bah hierher schlief ich ständig ein.
Gute Nacht.

3 thoughts on “Buchmesse Leipzig, Erster Tag. Arbeitsjournal. Freitag, der 23. März 2007.

  1. hallo herr herbst … wenn Sie heut häufig mit
    herrn keul zu tun hätten …

    könnten Sie den nicht
    mal fragen, wann volltext
    denn nun am kiosk ist?

    ich habe hier in berlin
    rumgefragt, und das konkreteste,
    was ich rausfinden konnte, war:
    „wird irgendwann nächste
    woche geliefert“.

    das ding will ich doch auf
    keinen fall verpassen!

    1. @rostschleifer. Spätestens am 4. April – dies gilt als offizielles Erscheinungsdatum. Mehr kann ich Ihnen mit Gewißheit auch nicht sagen – nur, daß w a h r s c h e i n l i c h der Stadt-Berliner Raum bereits am Montag/Dienstag beliefert sein wird. Was im Augenblick auf der Messe in Leipzig mit Volltext und MEERE geschieht, liegt v o r dem offiziellen Erscheinen.

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