5.09 Uhr:
[Schnittke, „Nullte“ Sinfonie.]
Nach vier Stunde offenbar sehr tiefen Schlafs pünktlich um halb fünf, und sehr munter, aufgewacht, drüben zusammengepackt und hierhergeradelt. Es scheint nicht mehr ganz so kühl zu sein (ich vermisse, wenn sie vorüber, die warme Schwüle stets). Hab gestern am spätern Abend der Geliebten erstmals ein längeres Stück aus den >>>> AEOLIA-GESÄNGEN vorgelesen, und offenbar finden sie, sowas macht mich dann ganz ruhig und ist für die Weiterarbeit sehr wichtig, ihre Zuneigung.
Latte macchiato. Bin immer noch an dem „Lied der Dohle“; nachts vor dem Zubettgehen hatte ich den Einfall, ein „Lied der Eidechsen“ beizufügen; letztlich sollte der ganze Berg, sollte auch das Meer in die Beschwörung der Dohle einstimmen. Das muß vorsichtig gemacht werden und kann, denk ich mir, ruhig als Intermezzo-ähnliche Einschübe daherkommen, also auch mit Titeln versehen werden, die den übrigen Gedichtteilen ihrer verzahnten Struktur wegen n i c h t erlaubt sind.
Auch AEOLIA (der Arbeitstitel „Amnion“ wird fallengelassen) kam mir schließlich gestern, wie schon die BAMBERGER ELEGIEN, als eine Vorarbeit für den fünften und letzten Teil ARGO vor, der ja im Hexameter stehen soll.
Muß unbedingt bei der REMM, meiner Verwaltung für die Vermietung der Arbeitswohnung, anrufen. Hier kam ein Schreiben herein, demzufolge 130 Euro Miete fehlten, die man bis zum 31. 5., also heute, erwarte. Ein Freund, der zur Zeit im Ausland ist, hatte die Miete zahlen wollen; ich weiß jetzt nicht, ob das geschehen ist. Das muß ich erfahren, damit aber auch jede Möglichkeit einer Kündigung ausgeschlossen wird. Sollte das Geld noch nicht dasein, radle ich’s den Leuten nachher persönlich in bar vorbei. Ich hatte vor über einem Monat der REMM geschrieben und um Namen und Adresse des Vermieters gebeten, weil ich ihn fragen wolle, ob er mir nicht den Aufenthalt in der Arbeitswohnung mäzenatisch ermöglichen wolle; immerhin sei die Dunckerstraße 68 durch die ANDERSWELT-Romane, auch durch Die Dschungel, längst ein eingeschriebener Ort der deutschen Gegenwartsliteratur geworden; ich hatte dem Brief eine MEERE-Volltext-Ausgabe beigelegt. Aber es kam bis heute darauf keine Antwort. Da will und muß ich nachhaken. Der Profi: „Wahrscheinlich wäre es dem Unternehmen sogar lieb, bekäme man dich aus der Wohnung hinaus. Und denk daran: Die erste Kündigung kann man durch Zahlung abwenden, eine zweite aber nicht mehr.“
Jetzt aber an AEOLIA.
(UF hat völlig recht, diese „Nullte“ Sinfonie läßt sehr sehr deutlich hören, daß Schnittke von Schostakowitsch herkommt.)
9.57 Uhr:
[Alaleona, Mirra.]
Die Füße unterm Schreibtisch im Fußbad, hak ich mich grad furchtbar am „Chor der Eidechsen“ fest, nachdem das „Lied der Dohle“ so mit Hängen und Würgen steht. Es ist derart sauschwierig, auf der Folie der äolischen Chorjambik ein magisches, beschwörendes Zauberstückchen hinzukriegen, daß ich nun, für den Eidechsenchor, die Edda hergenommen habe, um mir Ideen zu holen – das liegt nahe, weil die eddischen Verse ebenfalls von den Mittenzäsuren leben. Nebenbei auf >>>> Benjamin Stein geantwortet, der >>>> ein insgesamt ästhetisch spannendes Weblog unterhält.
Aber jetzt kann ich grad mal die Füße aus dem warmen Beckchen wieder rausnehmen, weil ich ganz vergessen hab, daß ich um zehn das Fahrrad in die Reparatur gebracht haben sollte. Merda: >>>> die singen grad so schön… (Ein Tip, übrigens, den Helmut Krausser UF gegeben hat, der nichts Geschwinderes tat, als ihn mir weiterzureichen).
13.33 Uhr:
>>>> Diese Diskussion hat mich von AEOLIA ziemlich abgelenkt, aber sie ist wichtig. Und dennoch bin ich mit den Eidechsen weitergekommen und füge nun ein „Lied der Stele“ an. Ich will das aber noch nicht in Die Dschungel geben, ohne daß der Rahmen, in dem erzählt wird, klar ist. Außerdem muß ich jetzt dringend meine Mittagsstunde Schlaf nehmen.
18.16 Uhr:
Die Passage >>>> steht, wobei es nicht ganz zulässig, aber poetisch nötig war, >>>> aus der Geranie eine Gardenie zu machen (im Link unter Grappa di zibibbo nachzulesen). Manche „Zufälle“ muß man drehen. Die Musen danken’s, die Fratelli Brunello mögen’s verzeihen, und meine Interpreten werden auflachen, hoff ich.
Mein Junge sitzt mir gegenüber, Hausaufgaben lösend. Gleich geht’s erstmal heim.