Kein Pfad mehr „Abgrund rings und Todtenstille!“ —
So wolltest du’s! Vom Pfade wich dein Wille!
Nun, Wandrer, gilt’s! Nun blicke kalt und klar!
Verloren bist du, glaubst du — an Gefahr.
(Nietzsche)
Gemeinmachen. Sein wie andre auch, von Wogen getragen werden, im Strom schwimmen gelingt nur, wenn das minimierte Ich sich vor sich selbst zu fürchten beginnt. Das Kind, das seiner Mutter gehorcht, der junge Pionier, der Pawel Kortschagin*für einen Helden hält, der Vater und Ehemann den Existenzängste plagen, alle Beispiele dieser Art, die Reihe könnte ich beliebig verlängern, waren Kokons in dem sich die Raupe nur verpuppte. Ich brauchte lange und meine, dass ich trotzdem nicht die Zeit verschlief, um Prousts „Lange Zeit bin ich früh schlafen gegangen…“ für mich produktiv zu machen.
Den ersten Falterflug erinnere ich noch ganz genau. Ein Schulkamerad, er war Klassenbester und sein Vater galt als erklärter Staatsfeind, wurde nicht zur Oberschule, zum Abitur zugelassen. 13 Jahre alt, naiv, noch voll vom Glauben an ein Missverständnis, protestierte ich, das blaue Halstuch um den Hals, gegen diese Entscheidung bei unserem Grundschuldirektor. Jahrzehnte später, wieder einmal in einem Kokon eingesponnen, schlüpfte der bunte Schmetterling erneut: Wir waren 5 Monate im Westen und hatten ein kleines Reihenhaus gemietet, damit der Junge, er war damals 5, einen Garten zum Spielen hat. Am Tage des Einzuges, alles war eingeräumt und das „normale Leben“ konnte beginnen, packte mich die Sehnsucht nach Weite und zog mich noch am gleichen Tag, ohne genau zu wissen wohin, wieder aus dem Haus. Drei Jahre dauerte der Flug, bis ich merkte, dass mir das Gleiten zu ihr und unserem Sohn hin immer fehlen wird. Also flog ich zurück, und spann mich wieder ein. „So lebte er hin.“ müsste es nun folgerichtig heißen, wenn da nicht die Kunst gewesen wäre. Sie, und diesmal ohne Hader, ließ mich die Verpuppung aufbrechen und so fliegt er wieder….und gleitet…
Hoffentlich für immer.
* Hauptgestalt des sowjetischen Romans „Wie der Stahl gehärtet wurde“
‚Ewig währt am längsten’…, mein lieber Herr Reichenbach!