Gegenwart ist das Vergnügen,
das zwei unhimmlische Körper
in unhimmlischen Vereinigungen empfinden.
(Anais Nin.)
Bedenke ich meine Lage und Anais Satz, dann lebe ich mehr in der Vergangenheit als ich mir je vor Jahrzehnten habe träumen lassen und es noch Zukunft zu gewinnen galt. Von >>>Ihr habe ich schon lange nichts mehr gehört, bin auch zu stolz mich zu melden. Und viel zu müde, um mit dem Kescher durch die bunten Sommerwiesen nach einem Schmetterling zu jagen, der sich im Flug nur allzu gern dem Zufall der Winde aussetzt. Sie ist in Rom und ich weiß nicht, wie ich der Lage von >>>Buridans Esel entkommen soll. Sinnvoll wäre es mich zu avisieren. Aber ich mag keine Heimlichkeiten und keinen Betrug mehr. Lieber verhungere ich. Mittwoch früh, sehr früh 6 Uhr 10 startet das Flugzeug nach Rom. Und wenn Bruno nicht wäre, würde sich meine Freude auf den Flug in Grenzen halten. Denn Rom ist für mich Vergangenheit in Steinen und Bildern. Moravias Romane, Brochs „Tod des Vergil“, Pier Paolos Filme und Texte und Fellini werden mir helfen die stummen, in Steinen und Strassen liegenden, Geschichten zu beleben. 4 Tage Rom, einige Stunden davon werden für Bruno reserviert sein. Im Grunde war es der Wunsch meiner besseren Hälfte, den ich ihr mit dieser Reise erfülle. Dass in Rom Gegenwart mir zuwächst ist, angesichts des Colloseums, des Peterdoms und der Katakomben, eher auszuschließen. Und aus diesem Grund werde ich mich, wie weiland Münchhausen, am eigenen Zopf aus selbstverursachtem Sumpf ziehen und mir einen anderen Satz aus Anais Tagebuch zu Herzen nehmen: Ich weigere mich den Pessimismus und die Passivität der Welt zu akzeptieren. Und mir zuflüstern: Ich weigere mich meinen Pessimismus und meine Passivität zu akzeptieren. Formelhafte Vorsatzbildung ist eine Methode, die mich schon oft aus dem Morast beginnender depressiver Verstimmungen zog. Aber vielleicht hilft auch das Getöse der Stadt aus einem erklärten Miesepeter einen fröhlichen Sanguiniker zu machen.
P.S. Aus einer Mail montgelas an mich: „Dein Pessismus verfliegt, wenn Du ANHs Stromboli-Dichtung lesen wirst. Die 2. Fassung fasziniert. Da spricht das Leben. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft werden Formen unterworfen, die – welch ein phantastischer Widerspruch ! – Entfesselung evozieren.“