Arbeitsjournal. Dienstag, der 17. Juli 2007.

5.13 Uhr:
Ich bin sozusagen mit dem ersten Knall des Gewitters auf… und was für einem! Unmittelbar und scharf folgen die eher einem Platzen gleichenden Donner den Blitzen, und es pladdert aus Kübeln… Für gestern nachmittag/frühabend war dies bereits angesagt worden, aber ich hatte um halb zwölf Uhr nachts noch den Profi treffen und bis halb zwei mit ihm in Pratergarten und stehender, wundervoller Nachthitze sitzen können, plaudern können, auch noch in die Arbeitswohnung radeln können, um morgens dann pünktlich am Schreibtisch zu sitzen. (Einzwei Ärgereien waren noch nach dem quietschfidelen Spätnachmittag im Freibad gewesen, in das ich mit meinem Jungen gefahren war – so irre dringend es auch ist, mit den Elegien weiterzumachen; aber die Geliebte hielt mir vor, ich kümmerte mich zu wenig um den Burschen, der jetzt in den Ferien nicht dauernd nur in seinem Zimmer sitzen könne; womit sie ja recht hat; andererseits werden wir bald für zweimal eine Woche verreisen, und ich bin mit ihm eine Woche auf Stromboli gewesen; und die Arbeit muß getan werden, auch wenn ich mir selber manchmal sage: Arbeit? Sie wird ja kaum entlohnt… egal.)

Oh, gespenstisch, wie nach diesem Aufbäumen das Gewitter so unversehens aufhört… und auch der Regen… ah nein, fern grollt jetzt wieder was, rollt wohl an, wohl n a c h…

Ich beginne, Leser, zu arbeiten. Hatte drei Stunden Schlaf, die Augen brennen etwas.

(Die „Ärgereien“? – Kleinkram um Sendeplätze, bei denen es um Honorar geht. Mein Marianne-Fritz-Hörstück soll nun endlich, nach fast drei Jahren dortiger Liegezeit, vom Sender produziert werden, aber nicht als Großes Feature – wohin die Arbeit ihrer ganzen Struktur nach aber gehört – sondern in einer Sendemaske, die nicht mal ein Drittel des üblichen Feature-Honorares zahlt. Ich werd einen Brief schreiben, beredete ich gestern nacht mit dem Profi. „Aber zeig ihn mir, bevor du ihn abschickst“, sagte er, da er befürchtet, ich könne Geschirr zerschmeißen. Ich selbst bin hin- und hergerissen in der Sache, denn selbst ein weniges Geld würde ja gut helfen, mit der Familie über die Sommerferien zu kommen; es ist bei der Bahn kein Sparpreis mehr zu kriegen… und das wenige Geld wäre sicher; das größere hieße, das Stück vom Sender zurückzurufen und anderwärts als „normales“ Feature anzubieten, was bei meinen Arbeiten ein ganz unzulässiger Begriff ist und insgesamt, aber vor allem deshalb, unsicher wäre. – Und der zweite Ärger war, daß sich bei Katanga >>>> in meiner ehemaligen Väter-WG ein Eintreiber zwecks Inkassos mit der Warnung ankündigte, im Falle der Nichtzahlung dort das Gas abzustellen… ich hatte mal wieder die monatlichen Abschlagszahlungen übersehen, für einen Zeitraum in „meiner“ Zeit… und nun war einiges aufgelaufen. So ging denn die Hälfte meines Augsburger Honorares schon wieder dahin… immerhin hatte ich das Geld zur Hand. Anders wär’s mir schrecklich peinlich gewesen..)

Ich beginne, Leser, grrr, zu arbeiten.

:5.46 Uhr.

12.25 Uhr:
Die Hexametrisierung der Sechsten Elegie ist abgeschlossen; ich werde später den Schluß mit den Betonungsakzenten einstellen – jetzt brauch ich meinen Mittagsschlaf. Am frühen Abend werd ich mit dem Jungen in den fünften Harry-Potter-Teil gehen; ich versprach’s ihm, er freut sich. Aber bis dahin sollte ich bereits in der Arbeit an der Siebten Elegie stecken. (Vorher freilich muß ich ausdrucken und schon mal auf Papier korrigieren).

16.15 Uhr:
Sitze noch immer an den Korrekturen zur Sechsten. Unfaßbar eigentlich, wie immer wieder einem was „durchrutscht“ – wobei, einen Text mit den rhythmischen Betonungsangaben zu lesen, ohnedies noch einmal etwas anderes ist, als ihn ohne zu lesen – so daß immer jeweils Anderes aufstößt oder aufmerken läßt.

An die Redakteurin schrieb ich u.a. Folgendes: (…) jetzt bin ich wirklich enttäuscht. Da hat das Stück nun fast drei Jahre gelegen, weil ja Sie selber meinten., es gehöre unbedingt als großes poetisches Feature produziert, und Sie haben, weil Sie dafür einen Sendeplatz bekommen wollten, geschoben und geschoben; immer wieder habe ich nachgefragt, immer wieder haben Sie mich vertröstet – um nun, endlich, das Stück d o c h in dem so niedrig honorierten Format produzieren zu wollen. Und auch erst, nachdem ich zwischen den Zeilen ange„droht“ habe, es zurückzuziehen und anderswo anzubieten.
Ich kann das, mag das nicht verstehen. Es gibt einige mir befreundete Kollegen, die zwischenzeitlich auch ganz neu ausgemachte Features beim Sender produziert haben – was ist also der Hinderungsgrund gewesen, auch mein lange vorher beauftragtes und abgegebenes Stück zu produzieren? Wenn es – sicher wären’s nicht Ihre – Vorbehalte gegen meine Arbeit und mich gibt, bitte ich darum, daß man mir dies offen sagt und auch begründet. An der Qualität der Arbeit besteht, jedenfalls bestand, ja wohl nie ein Zweifel.
Meine Neigung jetzt wäre, das Stück für den Sender zu sperren und den kleinen Vorschuß, den ich damals erhielt, als Ausfallhonorar einzubehalten. Ich bin mir sicher, ich käme damit auch im Fall eines Prozesses durch. Andererseits brauche ich dringend das Geld; ich schrieb Ihnen ja schon, wie es um meine ökonomische Existenz bestellt ist. So daß ich mich genötigt fühle, auf das niedrig honorierte Sendeformat einzugehen, auch wenn sich meine künstlerische Überzeugung sehr dagegen sperrt – und zwar unter anderem deshalb, weil ja eben Sie selbst das Stück (…) von Anfang an als ein großes Feature gesehen haben. (…)
Und ich schlug einen Kompromiß vor, auf dem dreiviertel Weg zu einer normalen Honorarhöhe. Noch kam keine Antwort.

…. na klasse, und nachdem ich für heute abend Harry-Potter-Kinokarten besorgt habe (ein Versprechen an meinen Jungen), find ich im Briefkasten die Nachricht, das Finanzamt habe mein letztes Konto gepfändet, das ich deshalb immer vergesse, weil nichts anderes drauf ist und je war als meine vor vierzehn Jahren eingezahlte Mietkaution. Man wird von der finanziellen Hioberei rein narrisch. Sofort, nachdem ich mich juristisch erkundigt hatte, bei der Hausverwaltung angerufen, einfach, weil ich wollte, daß sie es von m i r erfährt. Und da war man ganz ruhig und lachte sogar – was sich so weitgehend auf mich übertrug, daß ich nun an der Sechsten direkt beseelt weiterwerkeln kann. Aber ich werd mal >>>> die Liebesgedichte eintüten und der netten Dame bei der Hausverwaltung schicken.:17.05 Uhr.

18.44 Uhr:
Sò, mit und ohne rhythmische Auszeichnung ausgedruckt und eingeheftet. Nun kopier ich noch aus der Vor-ZF die Siebte in die Arbeitsdatei zur Hexameter-ÜA, und dann zieh ich los… in etwas mehr als einer Stunde wird wild gezaubert. Der Profi kommt auch mit, so wird es ein Drei-Männer-Trip. Vielleicht meld ich mich nochmal zur Nacht.

2 thoughts on “Arbeitsjournal. Dienstag, der 17. Juli 2007.

  1. abc des geldes sehr geehrter anh,

    das ende ihres posts hat mich an mein letztjähriges honorar beim abc festival erinnert: ich dachte die schwierigkeiten würden dadurch gemildert, doch letztendlich erging es mir ganz genau so wie ihnen. die offene nstromrechnungen und die offene miete fraßen es dann aber gänzlich auf. ich hoffe sie werden mit der verbleibenden hälfte noch etwas schöneres anfangen können! ach ja…das liebe >>>>Geld

    grüße

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .