4.49 Uhr:
[Waldschloß Parow, Aufenthaltsraum.]
Langsam, langsam geht es mit der Elften weiter, aber g e h t weiter, so daß es, wenn ich ab morgen früh wieder in Berlin am Schreibtisch sitzen werde, trotz der Ferien keine Unterbrechung der Arbeitskontinuität gegeben haben, also auch nicht das sonst so mühsame sich wieder in die Arbeit Hineindrehen geben wird. Denke ich.
Sowas gegen zehn Uhr müssen wir auschecken, dann wird der Wagen bepackt, und wahrscheinlich geht’s dann sofort zurück, auch wenn ich sicherlich gerne nochmal an den Strand zum Sandvulkan gehen würde, der gestern s e h r schön geworden ist. Der Bau war über Nacht zerstört, nicht aber eingeebnet worden, so daß sich der kleine Berg relativ schnell wieder aufbauen, der „erdinnere“ Kamin zügig renovieren und der dann fertige Vulkan sich noch mit Schluchten, Höhlen, Bewuchs, einer Ortschaft, mit Klippen und „wilder Brandung“ ausstatten ließ. Er rauchte schließlich stark über den Strand teils, teils übers Meer dahin. Nur unser Drachen ließ sich abermals nicht in die Luft bekommen, da der Wind entweder nur säuselte oder aber permanent umschlug.Abends nach dem Essen im Freien war mein Junge so müde, daß ich ihn den kurzen Kilometer zum Hotel huckepack heimtragen mußte. Die Geliebte schob den Chevrolet mit den Zwillingen. Und nun sitz ich zum, jedenfalls für dieses Jahr, letzten Mal in dem Aufenthaltsraum, der, wenn ich hineinkomme, immer ein wenig den Geruch verströmt, den Wohnungen alter Menschen haben – weshalb sie ihn haben, wußte ich einmal; es habe, aber ich erinnere mich der Erklärung nicht mehr ganz genau, etwas mit einer Stoffwechselumstellung zu tun und nicht etwa, wie man meinen möchte, mit aus Altersgründen nicht mehr ganz zu bewerkstelligender Wohnungshygiene. Insofern scheint der Tod einen leicht süßen Geruch zu haben – süß nicht „wie“, aber süß-analog dem Geschlecht; ich glaube, der Gedanke (oder Eindruck, er kann ja ganz unrichtig sein) findet sich irgendwo im >>>> Wolpertinger formuliert; der bittre Murnau könnte ihn ausgesprochen haben, das, wie Dr. Lipom ihn nennt, „Birkchen“ – auf welche Erinnerung ich wahrscheinlich aufgrund der Schuhkartons komme, die gestern draußen vor einem Koserower Laden aufgebaut waren und die Aufschrift „Betula“ trugen.
Aber ich verschwätz mich… also ran an die Elegie; zuvor seh ich noch nach der elektronischen Post und schau, ob es hier in Der Dschungel etwas zu erwidern, bzw. zu antworten gibt.