B.L.’s 19.-21.8. (II) – essen gehen

17.59
Sterne habe ich keine gesehen gestern abend, es wehte ein starker Wind, dennoch war’s nicht so kühl wie die Vorahnung fürchtete und mich deshalb mit einer Jacke den linken Arm bewehren ließ, bevor ich die Wohnung verließ. Stattdessen hätte ich vorgestern abend eine brauchen können, da aber war keine Vorahnung gewesen. Und wie in einer Art Symmetrie sah ich allerdings vorgestern abend Sterne. Gestern aber saß ich drinnen und vorgestern draußen. Vorgestern saß ich unter Kindern, und gestern wurde Vergangenheit geschaufelt. Vorgestern verlobte sich die vierjährige Benedetta mit mir, um mich dann gleich Väterchen zu nennen und sich entsprechend an mich zu klammern, nachdem ich sie auf ihre Bitte gekniffen, und sie mir sagte, das hätte aber nicht weh getan, worauf ich sagte: „Warum sollte ich dir denn wehtun?“, und gestern hörte ich den Satz: „Es macht dir ja auch keiner einen Vorwurf daraus.“ Nämlich daraus, daß ich von ihr gegangen. Denn vorgestern war ich mit der einen Schwägerin nebst Besuch und Kindern und anderen in einer Pizzeria in Penna in Teverina, und gestern bei der anderen, die derzeit zusammen mit einer Freundin das von mir verlassene Haus hütet, denn O. ist in Apulien unterwegs. Die beiden hatten mich zum Abendessen eingeladen. Es ging den ganzen Abend nur um O. Es scheint, was sie sonst an mir abreagiert hat, reagiert sie nun ganz allgemein an den Schwestern und anderen Verwandten ab. Ihre Herzensschwester mache sich ernsthaft Sorgen. Es gibt Hintergründe für diese Sorgen, die zehn Jahre zurückliegen, die ich aber hier nicht wiedergeben werde. Sie gehören nicht ins „neue Leben“. Jedenfalls zeichnet sich für mich derzeit folgendes Profil ab: Ihr psychisches Gleichgewicht war dadurch gesichert, daß ich als Blitzableiter diente. Mit allen Konsequenzen für mich. Der Gedanke hat mich einen Moment lang erschreckt gestern. Bestätigt allerdings meine Entscheidung. Als ich wieder nach Hause fahren wollte, jawohl, nach Hause, zeigten sie mir noch einen Galgenstrick, der scherzhafter Weise an einem der Balken der Veranda gebaumelt hatte. Wer ihn angebracht hat, habe ich nicht genau begriffen. Vielleicht geht er auf eine Party zurück, die sie dort für ihre Schüler gegeben hat. War allerdings dort geblieben. Auch das hat mich nicht wenig erschreckt. Nicht nur wegen des Galgenstricks und der Geschmacklosigkeit, einen solchen einfach baumeln zu lassen, sondern wegen einer Reihe von Implikationen aus der Vergangenheit, die ich ebenso nicht hierher setzen werde. Ich sollte mir besser wiederholen: Das darf mich nichts angehen. So wie O. auch nicht erfahren darf, daß ich dort zum Essen war.

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