B.L.’s 23./24.8. (II) – alles, was ich fand

Man konnte dort manchmal Blumen, Blüten und Ähren sehen, sowie das Kraut, das man, glaube ich, Flohsamen-Wegerich nennt, kurz alles, was ich fand.
Beckett, Erzählungen (Das Ende)
15.59
Ich lese zwei Seiten. Ich schreibe einen Zettel ab. Ich habe eine ganze Plastiktüte voller Zettel. Ich zerreiße den Zettel, wenn er auf beiden Seiten beschrieben ist. Hat er noch eine leere Seite, kommt er auf einen Stapel mit der leeren Seite nach oben. Ich habe meine Zettel schon einmal vernichten wollen, das ist aber schon lange her. Da lebte ich noch in Rom und mit meiner Frau. Aber die Probleme hatten schon begonnen. Um den meistens in vier Teile zerrissenen Zettel wegzuschmeißen, muß ich aufstehen und in die Küche gehen. Das schafft mir Bewegung. Vielleicht mache ich dann noch etwas anderes Nützliches. Etwa irgendeinen Kontoauszug abheften. Oder einen Brief. Das gibt es noch. Briefe. Vielleicht fülle ich auch Kaffee nach. Oder rauche eine Zigarette. Aber nicht immer. Und es gelingt mir so, ein wenig Selbstgenügsamkeit in mir zu erzeugen. Eine quasi autistische Selbstbeschäftigung. Bei der ich nicht mal viel nachdenken muß. Das Lesen wiederum bereitet mir kleine Stolperstellen, denen ich mich gern überlasse, ohne hinzufallen. Nur das Telefon vermag mich dann aus dem Trott zu reißen. Meistens will immer irgend jemand etwas von mir. Gestern war es die Schwägerin aus Rieti, die mit der Schwägerin telefoniert hatte, die gerade mein Ex-Haus hütet. Eine Windhose hätte kräftig gewütet in der Gegend. (In der Tat kam gestern Nachmittag auch hier eine Art heftiger Sturm auf). Der sie begleitende Wind hätte ein paar Sachen mit fortgerissen, auch ein paar Blumentöpfe seien zu Bruch gegangen. Außerdem gäbe es keinen Strom. Man wisse nun nicht, wie das elektrische Tor aufkriegen, man wolle mich aber nicht schon wieder stören. So daß ich dort anrief, und das Wie erklärte. Später wurde ich wieder angerufen. Ein Baum sei in der Nähe auf eine Dreiphasen-Leitung gekracht, und da seien nun Carabinieri, Feuerwehr, Elektrizitätsleute und Forstwache und viele viele Autos, denn die Straße dort sei praktisch gesperrt. Am Abend trafen wir uns zum Essen. In einem Ort, wo die Straße aufhört und nirgends mehr hinführt. Ringsum waldige Hänge. Zum Glück gingen die Gesprächsthemen nicht mehr nur um O., sondern auch um unsere Jeweiligkeiten. Im Vergleich zu früher bin ich doch etwas redseliger schon geworden. Dito bimmelte heute wieder das Telefon, diesmal war’s die Schwägerin aus Amelia. Ich bin ganz schön verschwägert. Ob ich heute bei den Neffen bleiben könne, sie wolle ins Kino. Im Gegenzug kündigte sie einen Risotto mit Steinpilzen an. Ich sagte zu. – Beim postprandialen Dösen auf der Matratze suchen mich stets Phantasien heim. Heute hatten sie O. zum Gegenstand, die mich ab und an besuchen kam. Damit wir uns innerlich zusammenzittern in äußerlicher Verschränktheit.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .