Zu sterben, wenn wir lieben.

Täglich ging die wunderschöne
Sultanstochter auf und nieder
Um die Abendzeit am Springbrunn,
Wo die weißen Wasser plätschern.

Täglich stand der junge Sklave
Um die Abendzeit am Springbrunn,
Wo die weißen Wasser plätschern;
Täglich ward er bleich und bleicher.

Eines Abends trat die Fürstin
Auf ihn zu mit raschen Worten:
„Deinen Namen will ich wissen,
Deine Heimat, deine Sippschaft!“

Und der Sklave sprach: „Ich heiße
Mohamet, ich bin aus Yemen,
Und mein Stamm sind jene Asra,
Welche sterben, wenn sie lieben“.


Heinrich Heine, Der Asra.

2 thoughts on “Zu sterben, wenn wir lieben.

  1. Der Tod das ist die kühle Nacht, …
    Das Leben ist der schwüle Tag.
    Es dunkelt schon, mich schläfert,
    Der Tag hat mich müd gemacht.

    Über mein Bett erhebt sich ein Baum,
    Drin singt die junge Nachtigall;
    Sie singt von lauter Liebe,
    Ich hör es sogar im Traum.

    Herz, mein Herz, sei nicht beklommen,
    Und ertrage dein Geschick,
    Neuer Frühling gibt zurück,
    Was der Winter dir genommen.

    Und wie viel ist dir geblieben!
    Und wie schön ist noch die Welt!
    Und, mein Herz, was dir gefällt,
    Alles, alles darfst du lieben!

    Das Herz ist mir bedrückt,
    und sehnlich Gedenke ich der alten Zeit;
    Die Welt war damals noch so wöhnlich,
    Und ruhig lebten hin die Leut.

    Doch jetzt ist alles wie verschoben,
    Das ist ein Drängen! eine Not!
    Gestorben ist der Herrgott oben,
    Und unten ist der Teufel tot.

    Und alles schaut so grämlich trübe,
    So krausverwirrt und morsch und kalt,
    Und wäre nicht das bißchen Liebe,
    So gäb es nirgends einen Halt.

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