Paul Reichenbachs Mittwoch, der 5. Dezember 2007. Schmachtschwach.

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Mit deiner Stimme
bis in die Nacht
redet der Weidenbusch, Lichter
fliegen um ihn.
Hoch, eine Wasserblume
fährt durch die Finsternis.
Mit seinen Tieren
atmet der Fluß.

In den Kalmus
trage ich mein geflochtenes Haus.
Die Schnecke
unhörbar
geht über mein Dach.
Eingezeichnet
in meine Handflächen
finde ich dein Gesicht.

Johannes Bobrowski

Eingezeichnet in meine Handflächen finde ich dein Gesicht. Als er gestern nach Haus kam vermied er es sich zu waschen. Sanfter Jasminduft entströmte seinen Händen, Spuren ihres Parfüms. Den ganzen Dienstagnachmittag waren sie zusammen. Spielten, bissen, streichelten, lachten. Kein einziges Mal in diesen Stunden kam so etwas wie Trauer auf, obwohl Rita und Paul klar war, dass sie sich vielleicht forever, forever…nie mehr sehen werden. Ein heiterer Abschied soll es für ihn sein, denkt sie, und biegt sich ihm lachend entgegen. Paul, mit beiden Händen umfasst er ihr Gesicht, es ist wie in einem billigen Schmachtfetzen aus dem Babelsberg der dreißiger Jahre, lacht mit. Die Furcht R. zu verlieren löst sich in Gelächter. Dann berühren sich, wie im Kino, ihre Lippen. Auch diese Szene gleicht gängigen Happyendklischees, die seit Jahrzehnten in den Studios von Warner Bros gedreht werden. Und die Handkamera zoomt ihre Gesichter ganz nah, als er vorsichtig nachfragt, wann es denn so weit sei, ob in 6 oder 7 Monaten , sie lächelt nur und wie Lortzings Marie, – Hyperkitsch einer weiblichen Opernfigur!- , beginnt sie zu singen Wir armen, armen Mädchen/sind gar so übel dran; ich wollt, ich wär kein Mädchen,/ich wollt, ich wär ein Mann! Um unsern guten Ruf/ist’s nur zu leicht geschehn;/ man kann beim besten Will’n/ nicht alles vorhersehn. Genau ! Absoluter Schmalz nennt der Erzähler hinter dem Erzähler diese sentimentale Tagebuchnotiz. Und hat Recht und Unrecht zugleich.

(Für den Sommer wird Rita Paul nach Nidden einladen. )

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