Paul Reichenbachs Dienstag, der 12. Februar 2008. Die Fliege.

„Und ich trat ins Leben,
den Roman in der Hand,
und damit hörte mein Leben auf“,…

(Aus: Michail Bulgakow; Der Meister und Margarita.

Der Leere, die Paul blass und fiebrig in seinen romanesken Traum saugt, diesen schwarzen Maelstrom in dem sich das Nichts verquirlt, als gelte es einen Wettlauf mit der Zeit zu gewinnen, mischen sich schnell jene Kleinlebewesen bei, deren variable Anpassung an jede Form des Lebens unerschöpflich Mutationen über Mutationen schafft und die nur mikroskopisch wahr zu nehmen sind; und die in der Falle des Nichts, in die Paul träumend oder schreibend stürzt, was ein und dasselbe ist, zu seinen unerbetenen Gefährten werden. Er kennt sich nicht aus mit Viren und Mikroben. Dafür ist seine Frau zuständig. Gebeugt über ein Mikroskop, die Lippen vor Spannung schmal aufeinander gepresst sieht er sie in seinem Wahn vor sich, und Furcht kriecht an ihm hoch, die ihn nur dann für Momente verlässt, wenn eine sanfte kühle Hand die Temperatur seiner schwitzigen Stirn prüft oder auf den kleinen Nachttisch eine Tasse Tee abstellt. Viren sind viel stärker als Menschen. Sie werden sie überleben. Ja, es geht ums Überleben. Er steht auf und geht ziemlich benommen, sein Kreislauf, obwohl geschwächt wie schon lange nicht, genehmigt ihm den Gang zum Schreibtisch. Er setzt sich. Ein Knopfdruck, noch hält er die Augen geschlossen, als die Festplatte mit leisem Geräusch ihr ok meldet. Er öffnet die Augen, sein Atem geht schwer, der Monitor leuchtet bernsteinfarben. Er beginnt. Und tippt: Bernsteinfarben sind ihre Augen. Das muss, so dachte er, von diesem diffusen Licht, das vom Meer in die Kurische Nehrung gleisst, kommen…

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