Seit Tagen, lasse ich den vergangenen Freitag einmal außen vor, sitze ich an alten Akten, die hier im Haus niemand mehr lesen kann, weil sie in Sütterlin geschrieben sind. Pech für mich, dass ich dies noch kann. Ich war acht Jahre alt, als mir die Frau unseres Oberpfarrers, ich glaube den Job gibt es in der sächsischen Landeskirche heute nicht mehr, Nachmittag für Nachmittag die alte Schrift nahe brachte. Lesen und Schreiben wohlgemerkt. In Sütterlin schreiben, auch so eine Fähigkeit, die ich überflüssiger Weise mir aneignete, das war für mich damals etwas Besonderes, das mich, wie ich meinte, unschlagbar von den anderen Kappen unterschied, mit denen ich Hockey spielte und heimlich im Keller rauchte. Unterscheidung war mir damals wichtig, heute ist es mir egal, ob man mich in einen Topf mit Anderen wirft. Sind doch die „Werfer“ mir gleichgültig. Urteile aber von Menschen, die ich schätze, nehme ich ernst. >>>>Cellinis Bemerkungen über Valloton versüßen mir heute die Transkription von Bauakten aus kaiserlichen Jahren, die mir ziemlich sauer aufstoßen, wenn ich an die gestohlene Zeit denke, an Stunden, die ich Samstag und Sonntag gut hätte mit Kunst und Literatur verbringen können. Es mag sein, dass ich mit der Lupe, die ich dazu brauche, in dem alten steifen Wust vielleicht noch heute gültige Rechtsansprüche finde, aber mehr auch nicht; das Land der Griechen nicht, und auch keine anderen Landschaften, über die Eros seine Fittiche breiten könnte. Dass die Schriften noch keine Asche sind, scheint mir kein Wunder. In unsrem Land wurden ja eher Menschen und Bücher verbrannt, Akten dagegen scheinen ein unerschöpfliches langes Leben zu haben. Gut: Die Historiker freut’ s und ich bin beschäftigt. Sütterlin, die Nazis schafften es ab und führten die lateinische Schrift ein. Hitler, der GröFaZ – ein Modernisierer, das will man gar nicht glauben..
Idylle am Abgrund heißt die Valloton-Ausstellung in Hamburg. Valloton antizpiert in der Idylle den Abgrund, indem dann später Bücher und Menschen zu Asche verbrennen sollten, einzig Akten bleiben übrig. Nicht in Fraktura, die hatten die Nazis auch verboten. Ihr „Völkischer Beobachter“ hatte ein modernes Gesicht.
>>>>Vor 75 Jahren im Mai brannten in Deutschland die Bücher. Nicht zum ersten Mal. 1817 loderten schon einmal in deutschen Landen die Flammen. Auf der Wartburg verbrannte der >>>Code Civil