5.22 Uhr:
[Arbeitswohnung. Wolf-Ferrari, Cellokonzert.]
Die heute für die ganze Menschheit folgenreichste Nachricht las ich beim Heraufkommen eben in der FAZ; ich werde darauf später noch eingehen: >>>> MENSCH-TIER-EMBRYO ZUGELASSEN. An sich ist das wenigstens ein neues Gedicht wert und erlaubt einem auch, sich gleich zweimal direkt hintereinander eine Morgenzigarette anzuzünden; der Cigarillo wird den beiden unmittelbar folgen.
Den ganzen Tag gestern >>>> an diesem Gedicht gearbeitet, auch nachts noch, als alle Lieben schliefen; ein bißchen Cello auch geübt, mit neuer A-Saite, die entweder besser oder schlechter als die alte ist; sie sirrt. Das ist an sich sehr schön, paßt meinen Ohren aber nicht zu den C-, G- und D-Saiten. Um halb elf ermahnte mich die Geliebte, die noch vor der Tür war, es sei bereits nach 22 Uhr, man höre mich bis auf die Straße. So wieder ans Gedicht gegangen und auch eben noch, heut früh, zwei Stellen leicht verändert. (Ein naheliegender Einwand kam von >>>> Cellini: Blätter jammerten nicht, womit sie recht hat; heute morgen fand ich jammernde Blätter sogar komisch, was bei d e m Text ganz sicher kein gewollter Effekt ist. Allerdings tendiere ich auch weniger als Cellini zu ihrer Versöhnlichkeit: „Blätter sind nie verzweifelt… sie werden getragen, wenn sie fallen, so, wie der Wind alles trägt, was er mit sich nimmt (…) sie singen im wind.“
Imgrunde muß das Ding jetzt liegen.
Cigarillo. (Latte macchiato sowieso). Abermals der Wolf-Ferrari, dessen erstes Cellothema sich in mir zu einem Ohrwurm eingedreht hat, auch wenn auf jeden Fall der zweite und dritte Satz k e i n e große Musik sind.
Heute muß ich nun wirklich wieder an die >>>> BAMBERGER ELEGIEN. Und mir was für den drohenden Geldkrempel überlegen („überlegen“ bedeutet in meinem Fall, auf eine Inspiration zu warten).