Un coup de dés. 12. 06. 2008. Arbeitsnotizen, die der Überprüfung bedürfen. montgelas.

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„rien n’aura eu lieu que le lieu“
(stephane mallarmé)

Gestern, das war ein Tag des Eintauchens in die Bücher, in das Buch, um es genauer zu sagen. Und wer beim Lesen dieses ersten Satzes an Mallarmé, an sein gescheitertes Projekt „Das Buch“ denkt, liegt ebenso richtig wie der, der sich an das Buch der Bücher erinnert fühlt. In Beiden wird das Schwinden der Autorität ihrer Urheber auf wundersame Weise betrieben. Nach Mallarmés Vorstellung vom Welt-Buch schreiben Autoren, ob sie nun Mayer, Müller, Mann oder Goethe heißen, und ohne sich dessen bewusst zu sein, daran mit. Das Werk, wo Zufall Notwendigkeit wird, wo Autoren glauben an ihrem Text zu arbeiten, erschaffen nicht sie ihn , sondern werden von ihm erschaffen. Foucault meinte einmal sinngemäß, in einem anderen Zusammenhang, der hier nix zur Sache tut, wenn die Worte einmal als Schriftzeichen, oder als tonales Ereignis wahrnehmbar sind, verlieren die Autoren ihre „diskursiv-begründende Funktion“. Die autopoetische Dynamik, die der Sprache innewohnt, untergräbt und neutralisiert jeglichen auktorialen Willen. Alle Welt, verstehe ich Mallarmé richtig, existiert nur deshalb, weil sie in das Buch münden soll. DAS BUCH, die gewesene und die kommende Literatur sind demnach autorlose anonyme Werke ohne persönliche Signaturen und einzige „Pracht des Nichts“.
“Genau das beobachte ich an mir, schreibt Mallarmé, ich habe mein Werk nur durch Vernichtung geschaffen, und jede erworbene Wahrheit wurde nur über den Verlust eines Eindrucks geboren, der, nachdem er aufblitzte, sich bereits schon wieder verzehrte und mir, dank seiner freigesetzten Dunkelheiten, erlaubte tiefer in die Empfindung des absoluten Dunkels einzudringen.
Die
Zerstörung war meine Beatrice.“

Ben Becker liest „Die Bibel“. Paul schenkte mir die CD. Und auch hier, im einprägsamen Vortrag, mitunter von Musik untermalt, verschwinden die Autoren, die Redaktionen wie von selbst. Welttext wird Kunsttext. Und jeder hermeneutische Versuch entwickelt neue Rhizome, simuliert Welten, erzählt und nimmt Katastrophen vorweg. Das BUCH, eine gleichsam hermetische Korrespondenz von Zeichen, erweist sich als selbstreferentielles System, das zwar einerseits unserer nicht bedarf und andererseits extern doch nach Adressen, nach Adressaten verlangt, die mitlesen, mitfühlen und mitdenken können.

Literatur, Kunst sind nicht nur Geschichte, sind Nach-Geschichte, Geschichten danach. Geschichtetes Vorweg und Danach. That’s the question: Würfelnde Notwendigkeiten? Von Einstein wird uns der Satz überliefert Gott würfelt nicht, korrekter ist: „I cannot believe that God plays dice with the cosmos.“
Ich kann mich nicht damit anfreunden, dass die eine große Erzählung heute dekonstruiert serviert wird, und an die Stelle einer „his-story“ eine „gewürfelte“, geworfene „my-story“ treten soll.

>>>Bildquelle: CHRISTOFOROS TAVOULARIS

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