Felix Krull, Delikatessen, Massen & Ortega y Gasset. 10.07.2008. Paul Reichenbach grummelt.

Seit 7.00 Uhr räume ich wieder Aktenordner, die zwischenzeitlich, bis die neuen Schränke kommen, gestapelt werden. Ein Felix Krull wäre an meiner Stelle weggelaufen und hätte sich derzeit an den Schaufenstern in Eltvilles Delikatessladen die Nase platt gedrückt. Unsereiner kommt natürlich nicht auf eine solche abstruse Idee. Wir haben ja den Supermarkt gleich um die Ecke. Und so genannte Delikatessen führt der heutzutage auch. Genuss für Alle verspricht der demokratische Markt heute. Und wer noch nicht ganz unter die 4 Hartzräder gekommen ist, kann sich tatsächlich immer noch Köstliches leisten. Vorausgesetzt er muss nicht mit dem Auto zig km zur Arbeit fahren. Dann bleibt ihm bald nur noch Brot und Butter. Und auch die scheint bereits knapper zu sein, wenn schon Frau Merkel Herrn Beck die letzte Butter vom Brot kratzen muss. Stand neulich in der Zeitung. Ich lese ja Zeitung. Ab und an. Nicht jeden Tag. Das würde meine sensible Seele nicht vertragen. Es gibt ja Massen von Zeitungen. Aber was wundere ich mich, wo doch Massen nach ihnen zu verlangen scheinen.
Ich muss mich wieder an den Krull heran schreiben – nur wie? Fallen mir doch gerade nur Massen ein. Massen fallen jeden Samstagmorgen in die Supermärkte ein, trotz steigender Benzinpreise. Krull hätte sich da nur als Taschendieb wohl gefühlt, nehme ich an. Und vor der Zeitung mit dem „Eisernen Kreuz“ im Titel, ganz vorn am Zeitungsstand ausliegend, hätte ihm vermutlich gegraut. Militär fand er, wie wir wissen, abscheulich. Krull und Massen, das passt einfach nicht. Thomas Mann und Massen, das passt auch nicht. Ortega y Gasset und Massen, das kommt, wenn auch als Widerspruch, irgendwie hin. Seine Kritik an der damals noch heraufdämmernden Massengesellschaft, die heute Realität ist, muss ich unbedingt wieder einmal lesen.
Und jetzt habe ich den ‚Lazarillo von Eltville‘ , den Krull, schon wieder aus den Augen verloren… sehen sie es mir nach, werte Leserschaft.

„Europa kann aus seiner Geschichte keine Verhaltensnormen schöpfen. Die Geschichte bestimmt die Zukunft nicht. Wohl aber lehrt sie, was man nicht tun darf. Sie dient uns dazu, das zu vermeiden, was war. Denn die Geschichte will immer zurückkehren, und wenn wir sie nicht kraft unserer Erinnerung beherrschen, kehrt sie sich immer gegen uns und wird uns letztlich erdrücken.“

JOSÉ ORTEGA Y GASSET
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Danke, Herr ‚Dr. Schein‘ für den ‚Rheingaustapler‘. 🙂

2 thoughts on “Felix Krull, Delikatessen, Massen & Ortega y Gasset. 10.07.2008. Paul Reichenbach grummelt.

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