Arbeitsjournal. Sonntag, der 7. Dezember 2008.

5.13 Uhr:
[Am Terrarium.]
Wieder Viertel vor fünf auf. Abends sah sich die ganze Familie, nur das Zwillingspaar nicht, das schlief, >>>> „Das Geheimnis des blauen Schmetterlings“ an, welches ein anrührender Film mit sehr großen Augen ist, ohne daß industriell die Tränendrüsen bemüht würden. William Hurt spielt natürlich-skeptisch bis schließlich ergriffen, nur, wie unüberlegt naiv Wikipedia von einem „Eingeborenen“mädchen schreibt, ist schon frappierend (auch in der deutschen Synchronisation spricht der todkanke Junge von „Eingeborenen“ – was sich bei dem Zehnjährigen aber dadurch leicht legitimieren läßt, als es ein Ausdruck seiner Abenteuerlektüre sein könnte).
Ansonsten ging mir der Antwortbrief des >>>> Kritikers nach; ich habe die Tendenz, alle Polemik hintanzustellen und einen Briefwechsel zu beginnen; ich würde ihn dann entsprechend immer einstellen, weil er Positionen klarmachen könnte, auch prinzipielle Einschätzungen, die über mein Werk hinausgehen, ja das seine vielleicht mit einbeziehen; er ist ja ebenfalls Schriftsteller; aber so etwas müßte dann von ihm ausgehen, ich werde nicht fragen.

Nachmittags erreichte mich die Nachricht, daß >>>> Eigner – mein ewiges Vorbild, mit dem ich mich aber bekanntlich zerstritt – nach schwerem Herzinfarkt im Krankenhaus liegt. Mein erster Impuls: nicht hingehen, leck mich. Mein sofort zweiter: Hast du nicht selbst heute davon gesprochen, daß, was zu erreichen wäre, Großzügigkeit ist? – eine Großzügigkeit, die unvergleichlich Lezama Lima formuliert hat, ja er hat sie indirekt definiert (indem er sie an die Tropen band), und ich habe sie >>>> in dem Stück über ihn zitiert. Nachmittags, nein, seit morgens ging mir ein >>>> Tagebucheintrag im Kopf herum, den ich dann aber doch nicht schrieb, vielleicht aber jetzt gleich schreiben werde. Dazu ein langes wichtiges Gespräch in Skype mit Anadyomene, aus dem ich eigentlich gerne zitierte oder, teils, es für einen neuen Beitrag verwendete: insoweit es generelle Strukturen zu fassen versuchte, von denen wir weniger bewegt sind, als daß sie uns ziehen, die einen an der Nase, die anderen an den Händen und manche an den Haaren. Man muß tun, wie bei Hunden, die sich in einem Arm verbissen haben: ihnen folgen, ja drücken und nicht gegenziehen; sonst reißt das Fleisch.

5.45 Uhr:
E-Post beantwortet, da war einiges gestern abend, zu meinem Erstaunen; die Leute sind Maniacs wie ich.

Ab 15 Uhr, übrigens, muß ich in der Deutschen Oper sein. Hier der >>>> Programmhinweis; ich sitze mit auf dem Podium. Noch einmal wird u.a. Katia Tschemberdjis Vertonung meines Kindergebetes für K. aufgeführt. Wer also nachmittags noch Zeit hat…

Und ich denke, ich werde heute vormittag hinradeln, ins Krankenhaus, um Eigner zu besuchen. In der Hoffnung, daß es nicht abermals Krach gibt. Für >>>> seinen neuen Roman, übrigens, hat er gerade den Eichendorff-Preis bekommen. Das hat mich denn doch riesig gefreut.

7.47 Uhr:
Las ich gerade:


Wir haben Joseph und Anselm. Die Amis Andy und Roy.
Genauer >>>> auf den Punkt bringen läßt sich das nicht.

(Immer noch Korrespondenzen und bisweilen, vor die Tür auf die Schönhauser tretend, eine Zigarette.)

2 thoughts on “Arbeitsjournal. Sonntag, der 7. Dezember 2008.

  1. verzeihung, mein luftkuss ginge dann an: „schneck08 – 7. Dez, 09:11
    aber die haben auch matthew und wir haben auch ottmar…“

    und andy hat auch beuys: http://www.tate.org.uk/collections/artist-rooms/andy-warhol.shtm

    und beuys auch andy: http://commons.wikimedia.org/wiki/Image:Joseph_beuys_signature.jpg

    und sowieso, he liked america and america liked him.

    und punkte, von denen aus welt vermessen wird, sind sehr verschiebbar, siehe hier: http://www.zeit.de/1960/41/Verschobene-Kontinente

    einen guten morgen!

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .