Arbeits- und Raunachtsjournal. Dienstag, der 30. Dezember 2008.

8.17 Uhr:
[Arbeitswohnung.]
Es ist kalt hier drin, draußen minus sechs Grad, sagt das Netz, aber ich halte das Fenster weit auf, auch jetzt, nicht nur, wie sonst, zum Schlafen, sondern da mein Junge hier wieder schlief und noch immer schläft, ich aber ja rauche, will ich Luft im Zimmer haben. Das geht kaum auf den Leib, denn den kann man schützen, dreivier Pullover genügen, meinethalben noch eine Decke über den Schenkeln; aber es geht auf die Hände, die klamm sind und ein bißchen starr. Fürs Cello ist das nicht gut. Ich werde, wenn der Bub erwacht, den Heizlüfter anstellen und auf sein Lager ausrichten.
Es wurde spät gestern wieder, auch für den Jungen, der überhaupt erst nach 19 Uhr hier anrollte, weil er bis dahin mit einem Freund gespielt hatte, der drüben zu Besuch gewesen war. Wir wollten aber noch Cello üben, außerdem hatte er Hunger, ich wollte kochen, wir mußten einkaufen gehen. Auf dem Weg: „Papa, sehen wir noch einen Film?“ So daß ich einen der schönsten Jugendfilme auslieh, den ich seither kenne: >>>> Kreuzzug in Jeans. Der Junge sollte ihn unbedingt noch mal mit seiner Mama sehen. Daß ich bei künstlerischen Arbeiten von dem Kriterium „wirklicher“ historischer Fakten nichts halte, habe ich gestern bereits geschrieben; Kritiken in dieser Richtung, derer es wohl einige gab, gehen knapp und ganz fehl; einmal abgesehen davon, daß sich historische „Fakten“ mit den je neuen Forschungslagen auch immer mal ganz plötzlich verändern. Das k a n n nicht der Blickwinkel einer künstlerischen Arbeit sein. Schon allein, daß der Film eine „reale“ Zeitmaschine vorführt, macht Vorhaltungen dieser Art geradezu absurd.
Wobei mir eben auffiell, wie viele Filme ich sehe; ich sehe mehr Filme, das daß ich lese. Wann lese ich noch „ein gutes Buch“? Das ist jetzt auch eine Frage des Vorbilds. Imgrunde lese ich ja nur noch, wenn ich einen Rezensionsauftrag habe und trage so meinen Teil am Sterben der Literatur bei. Was ich derzeit tatsächlich lese, sind immer wieder Gedichte, und ich lese sporadisch in zweidrei Blogs, in mehreren aber auch nicht. Für einen Schriftsteller unverzeihlich? So nahm ich mir eben vor, diese Zeit meiner Unproduktivität auf Bücher zu verwenden; sie stapeln sich ja genügend hier, und auch mit dem herrlichen >>>> Samarkand-Buch komme ich imgrunde kaum voran. Statt damit weiterzumachen, surfe ich durch die einschlägigen Porno-Sites, hoch testosteronisiert, oder führe pikante Chat-Gespräche. Das sollte ich insgesamt ein wenig zurückfahren oder wenigstens nebenbei tun; multi-tasking-fähig bin ich ja nun. Gut, am Cello bin ich täglich; man kann durchaus sagen, es ersetze mir den Ausdrucks-Druck, den ich bislang im Literarischen abließ. Einen kleinen Teil zu meiner Unproduktivität hat aber auch sicher die Enttäuschung mit dem häßlichen Band DER ENGEL ORDNUNGEN beigetragen; sie macht ein bißchen mürbe, denn immer noch nicht ist der Umschlag da, und immer noch nicht, glaube ich, ist das eigentliche Buch gedruckt, sondern ich glaube in der Tat, daß die vier mir zugesandten Exemplare aus der Digitaldruckerei stammen; als ich U., die selber Lektorin ist, ihr Exemplar übergab – sie kann es dringend brauchen – und meinen Verdacht äußerte, gab sie ihm recht. „Wir machen das aber auch oft so, wenn ein Termin anders nicht eingehalten werden kann. Das ist durchaus üblich und nichts, worüber Du Dich aufregen solltest.“ >>>> Dielmann, den ich einfach drauf ansprechen will, ist wieder nicht erreichbar.

Der Feuerwind hatte gestern abermals abgesagt und hat auf heute abend verschoben; deshalb konnte der Bub herkommen und hier schlafen. Wir werden auch Silvester zusammen verbringen; aus Gründen, die ich hier nicht ausführen will, ist aber noch nicht heraus, wo. Der Vormittag heute wird mit dem Cello vergehen und mit Lesen, nehm ich mir vor; auch der Bub soll etwas lesen, er hat zwei spannende Bücher, die er zu Weihnachten bekam, mit hergebracht. Sein historisches Interesse ist jetzt geweckt, mit starken Akzenten auf Ägypten und aufs Mittelalter.

Also. Lesen. (Ich brauch ’ne Brille. Meine Augen werden immer schlechter, es ist zum Grausen.)

12 thoughts on “Arbeits- und Raunachtsjournal. Dienstag, der 30. Dezember 2008.

  1. La Vista Ich spiele zwar kein Cello, doch dafür um so besser Gitarre; und deshalb bitte ich mit Verlaub, werter Herbst, folgende Blues- Improvisation Cellini widmen zu dürfen, die, wie kaum jemand weiß, den Blues quasi pur in ihren Adern fließen hat, und Prosa übrigens auch!

    Auf ein fröhliches und hoffentlich besseres N.J.!!!

  2. Du Wichtelmann, du … Hör mal zu Brother of Dingenskirchen, der Höhepunkt von der Geschicht ist folgender, denn den Song „Wonderful Tonight“ von Eric Clapperton hab` ich schon lange vor deiner Ausgeburt aufgenommen.

    Also Link hier:

    Nämlich das hier!

  3. Platz da, du Holdt [Un]… Sprachs, ich allein besitze die Gabe der Prinzessin meine Aufwartung bekannt zu geben, um ihr Herz zu gewinnen; grausig die Umstände alle Male, destro Trotz ich mich für sie in Lumpen kleide und die Mandoline zupfe , quasi zur Tarnung, um gewiss zu sein, dass sie mich auch dann nähme, wenn ich keine Rubine und Saphire besäße. Denn die Liebe allein finde im Kopfe statt, und nicht nur in den Lenden.

    Video

  4. Ds Duell der Künste Ich biete Herrn Herbst allerliebst folgendes Gefecht an:

    1) Wir duellieren uns nur innerhalb der zwölf gebotenen Töne, welche es gibt
    2) Dur und Moll sollen uns dabei kein Hinderniss sein
    3) Wer als erstes die Tonart bestimmt, danach wird sich gerichtet, oder er wird gerichtet.
    4) Anders als beim Schach ist derjenige, dem nicht sofort eine Prälude, Arpeggio oder Soli einfällt, nicht automatisch Schachmatt.
    5) Musik, und das haben viele noch gar nicht begriffen, ist Krieg auf viel höherem Niveau.
    6) Als Vorgabe kann sowohl eine Melodie, als auch eine Akkordfolge dienen; unter Musikern sagt man auch ein Thema.
    7) Verloren hat stets derjenige, dem nach längerem Nachdenken (Sagen wir einmal 3 Monate, oder wenn wir großzügig sind, ein halbes Jahr) nichts mehr einfällt!
    8) Die Aufgabe mag simple klingen, doch wer sich daran macht, dem wird schnell bewusst, dass dies kein Kinderspiel ist, sondern ernst (Wenn auch kein bitterer).
    9) Das Internet bietet vielfältige Möglichkeiten, um den Austausch von Audio- oder PDF Dateien (Notenschrift ect.) unteienander zu gewährleisten; evt. Streitereien sollten dabei zunächst untereinander gelöst, und dem öffentlichen Publikum nach Möglichkeit nur das fertige Produkt präsentiert werden!
    10) Eine Idee ist eine Idee, solange sie in den Hirngespinsten eines oder mehrerer Gehirne umher irrt; die Hauptsache ist nur, dass sie verwirklicht wird.
    11) Es gibt Summasumarum lediglich 12 Töne, und eine Oktave höher oder tiefer angeschlagen, spielt dabei überhaupt keine Rolle.
    12) Dichter und Musiker müssen universell denken, denn ohne das eine ist das Andere schließlich undenkbar.
    13) Auf zum Gefecht ohne Blutvergießen.

    1. Ach, Lavantchen… 1) Ich empfinde Sie nicht als satisfaktionsfähig: man duelliert sich nur unter Gleichen.
      2) Wir wissen doch beide, daß ich Anfänger auf meinem Instrument bin; ich lerne es – versuche, es zu lernen – seit nicht ganz elf Monaten. Ein Cello ist zudem anders als eine Gitarre: die mag bereits nach ein paar eingelernten Akkorden ganz nett klingen; das ist bei einem Melodie-, zumal Streichinstrument völlig anders. [1) ergibt sich daraus, daß ich Ihnen 2) überhaupt sagen muß. Kommen Sie also auf Ihre Herausforderung zurück, wenn ich, sagen wir, fünf Jahre dabeiwar.]
      3) Sie könnten mich natürlich auch zu einem literarischen Streit herausfordern, aber >>>> ich halte Sie nicht für einen Scarlatti: und einundzwanzig sind wir beide auch nicht mehr.

    2. Schon gut, Herbstchen War ohnehin nicht ganz ernst gemeint, zumal sie im Vergleich zwischen dem Cello und der Gitarre völlig schief liegen; jeder Musikwissenschaftler wird ihnen bestätigen, dass die Mensur eines Gitarrenhalses bei weitem mehr Möglichkeiten als ein Cello bereit hält. Und falls sie es noch nicht wußten, die Gitarre ist seit dem Altertum nebst dem Klavier eines der wenigen universalen Instrumente. Nicht, dass ich das Cello, den Kontrabass, die Flöten, Geigen oder andere Instrumente innerhalb eines klassischen Orchesters gering schätze; nein, darum geht es nicht, sondern darum, dass bestimmte Instrumente nun mal von Natur aus eine gewichtigere Rolle einnehmen, was sich in erster Linie daraus ergibt, dass sie eben universeller und vielfältiger einsetzbar sind. Eine Geige oder ein Cello sind zwar hervorragende Soli-Instrumente, aber eben weniger dazu geeigntet eine komplexe Symphonie zu komposinieren. Bei der tonalen Vielfältigkeit eines Klavies, oder auch bei der Gitarre, die in den vergangenen Jahrhunderten oftmals unterschätzt wurde, ist dies hingegen eher gegeben. Machen wir uns doch nichts vor, die Zweistimmigkeit eines Klaviers ist zwar weiterhin unübertroffen, doch das einzige Instrument, welches nur annähnernd an die komplexe Virtuosität des klassischen Klaviers heran naht, ist die lange Zeit unterschätzte Gitarre. Es tut mir aufrichtig leid, dass ich sie diesbezüglich aufklären musste, obwohl ich sie bislang und auch in Zukunft als Cello-Spieler keinesfalls unterbewerten möchte. Ich verrate ihnen sogar gerne ein kleines Geheimnis, welches normalerweise nur zwischen eingerfleischten Jazz- und Blues Musikern Blues gilt: Respektiere stets die anderen Instrumente, sowie auch die Menschen, die dahinter stehen, und insbesondere dann, wenn du gerade keine Soli-Nummer ablieferst! – Ein Jam Track ist immer eine harte Gemeinschaftsarbeit, vom Schlagzeuger über den Bassisten bis hin zu der gesamten Crew, ohne die die ein Live-Concert nicht möglich ist!

    3. @Lavantchen. Ein Klavier ist ein Orchester-Ersatz, kein Instrument. Doch klingt nett. Gitarren aber klingen nach – Geklimper. Allein schon diese schlaffe Spannung der akustischen Saiten hat was Eunuches. Um es mal s o zu sagen: Gitarren dürfen nur Frauen spielen, also um Musik zu machen, nicht etwa um zu begleiten; d a f ü r ist eine Gitarre fraglos prima. E-Gitarren hingegen sind in meinen Ohren der reine Jaulerei-Graus. (Lacht über den Unfug, den er gerade schreibt; Faure wird ihn henken. Es macht aber Spaß, sowas zu schreiben).

      Doch wenn ich mir Ihr Zeug so anhöre, denke ich immer: die arme Cellini. Wie kann man ihr antun, daß einer so viel Lebenszeit verschenkt. Der arme Mensch hat aber halt sonst keinen Inhalt, also sei’n wir lieb zu ihm.

    4. Bislang dachte ich immer, dass das Altzheimer-Syndrom erst ab Sechsig zuschlägt! . Nun ja, man kann sich ja ausnahmsweise auch mal gewaltig irren!

      Das Klavier sei an sich ja gar kein Instrument, und die Gitarre überhaupt nur für eher zart besaitete Figuren? (Komisch nur, dass ich keine einzige klassische Gitarristin aus der Zeit der Romantik kenne!)

      Einen größeren Schwachmaat habe ich schon ewig nicht mehr gelesen! Allein, wie sie über gewisse Instrumente sprechen, als seien sie bloß ein zufälliges Beiwerk, stört mich in meiner musikalischen Ästetik ganz erheblich.

      Ich könnte ihnen just hier an dieser Stelle ein abendfüllendes Referat über die Geschichte der Gitarre vom Mittelalter bis zur Neuzeit erzählen, wenn ich wollte; doch ich will nicht, denn in Anbetracht ihrer offensichtlichen Anti-Wertschätzung der Musikgeschichte im Allgemeinen, sowie ihre antiquierten Haltung moderner Musik gegenüber, verzichte ich lieber auf Details, die nur ihren geistigen Horrizont sprengen würden.

      Ich kann zu ihren läppischen Bemerkungen nur so viel sagen, dass sie ganz offenbar nicht die geringste Spur von einer Ahnung, was Musik überhaupt ist!

      Egal, wie weit sie es jemals mit ihren Künsten auf dem Cello bringen werden, sie werden immer nur der sture Sklave sein, der seine Töne, welche er spielen soll, eins zu eins vom Blatt ab liest. Echt armselig!

      Im Gegensatz zu ihnen habe ich bereits mit vierzehn Jahren Gitarre zu spielen begonnen, und mich mit der Materie auseinander zu setzen gelernt; Sie hingegen haben null Ahnung von nix, und verbreiten zu dem ihre Nicht-Wissenhaft, wofür sie sich in anerkannten Musikerkreisen gewiss keine Freunde machen werden.

      MeinTipp: Machen sie sich ersteinmal schlau, und urteilen sie hinterher, bevor sie über Dinge sprechen, die sie nicht verstehen können.

      Im Gegensatz zu Ihnen habe ich mir im Laufe der Zeit nicht nur all umfassende Kenntnisse über die Gitarre zugelegt, sondern über die Musikgeschichte im Allgemeinen. Und deshalb möchte ich auch garnicht näher auf ihre unqualifizierte Äußerung eingehen, weil sie absolut lächerlich klinkt.

      Für jemand, der tatsächlich Cello lernt, tun sie mir jedenfalls leid!

      Musik ist wie Sprache, und dies Länder- und Religionsübergreifend!(Doch dies begreift nur, nur wer seinen Elfenbeinturm verlässt!)

    5. Entzückend, Lavantchen. Wie Sie sich provozieren lassen und dann vor selbstüberhobener Dummheit nur noch platzen können, weil anders keine Luft ist. Seien Sie sicher: gehörten Sie zu den Gitarristen von auch nur drittem Rang, ich hätte von Ihnen gehört, vor allem, wenn so einer „klingen“ mit Mittel-k schreibt. Zu Ihrem mit vierzehn Jahren Gitarre gelernt zu haben, kann ich dann nur sagen: oh je, und so wenig ist dabei herausgekommen. Imgrunde sind Sie mit einem traurigen Schicksal geschlagen, mein Süßer. So, und nun hören Sie auf, durch Die Dschungel zu stapfen und darin dauernd aufzustampfen, anstelle sich um Ihre Instrument zu (be)kümmern. Ich wünsche Ihnen dennoch ein herrliches Neues Jahr, und daß Ihre ich weiß nicht wievielen Jahre des Giterrenunterrichtes vielleicht doch noch ein wenig fruchtbar werden.

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