6.27 Uhr:
[Hotel Art am Biente, welches ein nach Siegener Art
straßenüberbautes Flüßchen ist, das man also aus der Stadt
in die Kanalisation zwang, wozu es dann wohl auch geworden ist.
Henry Purcell, Second Book of Songs.]
Das Seminar, das diese Veranstaltung doch eher ist, als daß sie Colloquium wäre, läuft ganz fein, vor allem, weil ich einen Dichter entdeckt habe: den nun fast achtzigjährigen Maler >>>> Paul Mersmann, genannt den Jüngeren. Welch eine kraftvolle, ich möchte sagen spanische Sprache. Seine erzählerische, pasticcio-„artige“ >>>> Hommage an de Chirico, dem er persönlich noch begegnet ist, erinnert an Lorcas herrlichen Nachruf auf Gongora. Die Haltung ist eine lebenszugewandte, die Wortfarbe nicht von klitschiger Asche verschmiert, die Farben sind prall, die Wörte haben sich mit Erfahrung und Bildung vollgesogen und sind zugleich von jenem genauen Blick, der nicht zerlegt, sondern streichelt. Als Maler hat der alte Herr, dessen Korpulenz – ich staunte über sein riesiges Jackett, das mir ein zugeschnittenes Plaid zu sein schien – ein matisse’sches Einverständnis ausstrahlt, Erfolge gehabt, auch wenn er offensichtlich weniger für Galerien als für private Sammler arbeitete und noch immer arbeitet – es gibt Welten aus Wundern, die vor der Sozialdemokratie ihre Türen schließen, und vor der Rechten lassen sie die Fallgitter fallen… – als Schriftsteller ist er unbekannt geblieben. Woran, wie ich gestern hörte, unter anderem Martin Gregor-Dellin schuld war, der sowieso einiges Ungute für die deutschsprachige Literatur verbrochen hat, aber eben voll der Funktionen von Macht war; die jungen Autoren dienerten, als er noch lebte; ich selbst habe mit ihm mal die Klingen gekreuzt. Das war, nachdem Rainald Goetz sich die Stirn aufgeschnitten hatte und ich, Goetz war über eine Hinterleiter aus dem Fenster davon, in seinem Blut >>>> den Dolfinger las: Klagenfurt 1983.
Also Mersmann. Schödlbauer, neben seinem Professorat selbst Schriftsteller, hat >>>> von ihm auch weitere Dichtungen, sowie Bilder ins Netz gestellt. Lesen Sie unbedingt ein wenig in den Sites herum, deren Wege Sie nach Art eines Netzwerkes von dort aus beschreiten können.
Ich selbst las, wie vorgehabt, den NULLGRUND in der Fassung, in der er vor dreivier Jahren von den >>>> horen vorabgedruckt worden ist. Es gab bei den nicht vielen Hörern ein wenig Irritation, was vor allem an der Fülle der Sprachmittel in Hinsicht auf den Gegenstand der Erzählung liegt, an der Abwesenheit eines schließlichen moralischen Urteils, ja in gewissem Sinn auch der Affirmation von Gewalt, mit der der Text operiert.
Heute früh wird, und über den ganzen Tag, >>>> diskutiert werden. Übrigens wird die Veranstaltung als Video mitgeschnitten und soll in den nächsten Tagen übers Netz zugreifbar sein; ich werde Ihnen dann den Link mitteilen. Eigentlich sollte es ein Livestream werden; das hat aus technischen Gründen nicht geklappt. Um 8 Uhr treffen wir Referenten uns zum Frühstück und zur Vorbesprechung dieses zweiten Tages.
Der Uni-Komplex selber – riesig – ist architektonisch abstoßend, lieblos, kalt-sachlich und —- leer. Ich höre Purcell.
0.17 Uhr:
[Arbeitswohnung.]
Zurück. Ein bißchen ans Cello, mit Dämpfer, das geht.
Schon OnLine? Zitat: „Übrigens wird die Veranstaltung als Video mitgeschnitten und soll in den nächsten Tagen übers Netz zugreifbar sein; ich werde Ihnen dann den Link mitteilen.“ Zitat Ende.
Link?
Danke. 🙂
Liebe(s) Butterblümchen, ich habe den Link selbst noch nicht zur Kenntnis gebracht bekommen. Aber ich werde nachfragen
@Butterblümchen. >>>> Hier jetzt der Link, nach dem Sie fragten.