A. D. VIII Kal. Iun. Anno 2762 a.u.c.

Achter Tag vor den Kalenden. Dies comitialis. Das Sternbild des Adlers geht auf (Ovid). Heute und an den nächsten beiden Tagen geht morgens der Stern Capella auf. Winde aus Norden (Columella).
[A. D. IX Kal. Iun. Anno 2762 a.u.c. – Neunter Tag vor den Kalenden. Q.R.C.F. (Quando rex comitiavit fas): >>> … an einigen speziellen Tagen im Jahr (24. März & 24. Mai, später ausgedehnt auf den 24. Februar) die im Kalender die Bezeichnung QRCF (Quando Rex Comitiavit Fas) trugen. Diese Tage entstanden durch den alten römischen Kalender, mit seiner manchmal komplizierten Einteilung in normale und Feiertage. – Es war überhaupt nicht möglich, mit den Pferden zu reden. Und waren somit einer Art „Zirkus“ aufgesessen. Sie, optimistisch, nahm’s als Lektion in Sachen Pferderassen. Am schönsten – die „schwarzen Feuer“ nannte ich sie – die pechschwarz glänzenden aus der Murgia in Apulien. Aber mit S. wurde es eben doch nicht zu einem Langweiler. Ich stieg ein bißchen weiter in ihre Persönlichkeit ein. Denn den ganzen Abend noch verbrachten wir zusammen. Man beginnt sich ein wenig zu kennen. Aber im Moment doch eher ein dumpfes Verhältnis zum Tagebuch hier in diesem Moment.] Darum auch gar nicht weiter geschrieben gestern abend. Sondern völlig eingetaucht in die andere Sprache als Abkehr. Lesen (von Manganelli etwas übers Reisen hatte sie mir geliehen : ihr hatte ich Landolfi Reiseberichte aus der italienischen Provinz mitgebracht (das Lesen von Orten, das Sich-In-Beziehung-Setzen zu ihnen (und mit Manganelli die Orte wieder erstehen lassen, die mich damals meine Ex kennenlernen ließen))) und auch Gespräche im Kopf führen in der anderen Sprache. Denn lange schon las ich nichts mehr auf italienisch. Leopardi güldet da nicht so: das ist kein Sprech-Italienisch. Mit Manganelli, den ich nie – auch nicht auf deutsch – gelesen, könnte ja mal wieder jemand in Serie gelesen werden. (Beim Nachlesen des Satzes schaute ich mich gerade recht ironisch an: also vor einem Jahr war’s Pasolini, gar in Kombination mit Gramsci: was da daraus denn geworden sei? Ach so, zwei Filme von Pasolini. „Immerhin?“ – „Ja, immerhin.“ – „Und Gramscis Grab, nehme ich an.“ – „Stimmt, da war ich auch.“) Denn die Art, dieses Florenz ausgehend von der leeren geometrischen Mitte des Baptisteriums zu beschreiben und dabei unvermittelt auch die historischen und hierdurch implizierten architektonischen Bezüge einzuflechten – en passant -, ließ mich weiter lesen, als ich anfangs fürchtete. – Beim Spaziergang spät abends durch die Straßen von Tuscania vorbei an einem Schaufenster mit orientalischen Gegenständen. Darunter zwei liegende Buddhas. Sie habe nie einen solchen gesehen. Ich vage erinnerte mich an welche, ohne jedoch Beispiele nennen zu können. Fand aber doch – zumal noch ein zweiter sichtbar weiter oben im Geschäft – einen Nexus zu Tuscania, der sicher nicht zufällig ist: so wie der Buddha liegen in Tuscania auf den Balustraden der Parks und an den Wänden von S. Pietro die Grabstatuen der Etrusker, die einen von der Seite anschauen. Wie hingefläzt. So eine halbe Idee entstand noch, als Freunde zum Grappa zu uns stießen im „Bistro“, wo wir gegessen hatten: im Juli zum Sonnenuntergang auf den Soratte zu fahren, wenn mal klares Wetter herrscht und die Sicht weit ist. Zu einer Aurora mochte sich jedoch keiner entscheiden. Das wäre einfach zu früh. Wer weiß, ob nicht doch die Winterluft da besser wäre. Die nämlich klarer ist für solche Phänomene wie Abendrot und Morgenrot, auch intensiver. Dies jedenfalls meine ländliche Erfahrung. Es mal zu bedenken geben. In den achtziger Jahren bin ich mal irgendwann dort oben gewesen. Heute tendiert er jedenfalls zum Schemenhaften. Gestern eine Art Zebra-Tag: Schlafen und Wachen in Streifen, nachts vier Stunden, zwei Stunden arbeiten, dann zwei Stunden schlafen, dann drei Stunden arbeiten, dann eine Stunde schlafen, aus der mich S. per Telefon weckte. Hatte sich in der Villa S. Michele ein Buch über Berlin gekauft (hatte am Vormittag angefangen, darin zu lesen): „Ich mußte sofort an dich denken und an deine Karten.“ Auf denen (waren’s 11 Karten?) ich versucht hatte, im letzten Jahr ein Bild von Berlin zu vermitteln für sie, die nie dort gewesen. Und daß sie es gekauft hat, dieses Buch eines Schweden über Berlin, läßt mich einen dankbaren Gedanken denken. Hätte sie es denn sonst getan, wenn sie mich nicht kennte? Ich schlug vor, sie mal in ANHs Hörstück über S. Michele hineinhören zu lassen, dessen Worte sie allerdings nicht verstehen wird. – Mental vorzubereiten habe ich mich auf Donnerstag. Ein Auftrag für Untertitelei in Rom. Die einzigen Erfahrungen darin liegen mehr als zehn Jahre zurück: und gleich mit solchen Hämmern wie „Rosenkavalier“. Keine Ahnung mehr, wie ich damals die Mehrstimmigkeit gelöst habe. Hab’ mich nach ein paar Mal nie mehr drum gedrängelt. Aber es springt was bei raus. Eben drum. Hier im Dorf – ich merkte es ja erst gestern – wieder mal eine Woche Schwof. Irgendwann wird wohl auch heute die Musike erschallen. Bis hin zu mir.

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