Kalenden. Dies nefastus. Das Sternbild des Adlers geht auf (Ovid). Heute und am darauffolgenden Tag geht das Sternbild des Adlers auf. Stürmisch, manchmal Regen (Columella).
Verregneter Montag im Niemandsland zwischen Pfingsten und Fest der Republik (morgen), jedenfalls auch hier kein Pfingstmontag. Ein bißchen finster und von Wolken gestreift der Soratte nach langer Abwesenheit. Gedanken an Schlammfluten, nein Erinnerungen an Lhasa, wenn das Feld aufhörte, das Wasser aufzusaugen und es dann bis zu uns hinabfloß, lehmig gelb. Wenn also die Chinesen kamen. Merkwürdigerweise lag dieses China höher als Lhasa. Ich sitze irgendwie unbequem. Wenn ich mich anders hinsetze, sitze ich auch wieder unbequem. Also muß dahinter eine Unruhe stecken. Die Unruh regelt den Gang in Spiralfederuhren. Die Unruhe: „oberdt. für leicht bewegliche Deckengehänge in den Wohnstuben des älteren ländlichen Haushalts kathol. Gegenden. Sie entsprechen dem modernen Mobile, bestehen aus Zittergras, Distelarten, Strohgeflechten oder Papier und haben sich offensichtlich aus und um die in der Kultecke hängende hölzerne Heilig-Geist-Taube entwickelt.“ (Brockhaus). Nein, das hilft mir nicht weiter. Ist bloß wieder ein Perpetuieren des Stillstands in einer inneren Bewegung. Zwei Wolkenfetzen über einem Getreidefeld einander gegenüber (er schaut aus dem Fenster). Das Spiel besteht darin, sich einander anzuschauen und kraft dieses Anschauens den andern zum Auflösen zu bringen. Den linken Fetzen hat’s zuerst erwischt. Da dann der rechte nichts mehr zum Schauen hatte, verschwand auch er. Mit T. geskypt. Scheint selbst ein wenig unruhig zu sein: weil in den letzten zwei Wochen kein Übersetzungsauftrag kam. Kenn’ ich nur zu gut, diese Unruhe. Ich glaube, mein Tagebuch heute wird mir zur Parenthese für das, was zwischen den Sätzen vorm inneren Fenster abläuft. Jedenfalls legt sich jetzt die Unruhe. Der Soratte hat sich gegen die ihn streifenden Wolken durchgesetzt. Er ist nunmehr ganz er selbst. Vielleicht immer wieder der Versuch, dem Statischen das Statische zu nehmen, mein Blick, ohne es zu ihm rauben. Domani è un altro giorno. Famosa ultima frase in „Via col vento“.