A. D. VI Id. Aug. Anno 2762 a.u.c.

Sechster Tag vor den Iden. Dies comitialis. Der richtigen Berechnung zufolge beginnt der Herbst mit dem Untergang der Leier (Plinius).
Um acht am Schreibtisch aufgewacht, ins Bett gelegt, um elf weckte mich das Telefon. „Kommst du zum Mittagessen?“ Obwohl ich sofort nach dem Aufstehen an alles andere lieber denke als an Mittagessen, sagte ich zu. „Gegen eins.“ Erinnert mich ein bißchen an das späte Aufstehen in der Jugendzeit an Sonntagen, weil vorher ein Samstagabend gewesen, wo man die Dörfer und deren jeweilige Schützenfeste und Schwofabende von Tresen zu Tresen abgeklappert, sich am Henkel festhaltend. Und gleich nach dem Aufstehen die Brühesuppe, die Kartoffeln, die Soße, das Riesenkotelett und irgend Gemüse. Und die Blasmusik aus dem Radio. Unauslöschliches Bild. Die wörtlich fett-triefende Sentimentalität. Die Neugier der Neffen. Mußte ihnen tatsächlich eine kurze Lektion zu Geschichte und Geographie geben. Der eine las ein Buch, ‚Der brave Soldat Kasper’, irgendsowas in Anspielung auf den zweiten Weltkrieg. Auf dem Umschlag waren auch Flugzeuge, die als Wappen ein schwarzes Kreuz aus durchgehenden Balken auf weißem Grund trugen. Ob das die Deutschen wären. Es erinnerte aber eher an das Wappen der Savoia, das rote Kreuz auf weißem Grund. Und erklärte es. Wovon dann aber keine Abbildung aufzutreiben war. „Gibt’s eine Stadt in Deutschland, die Kri-ék heißt, im Buch heißt die so.“ Nein, aber man spreche es Krieg aus, und es bedeute Guerra. So kamen wir auf den zweiten Weltkrieg, die Rolle der Russen, der Amerikaner, der Engländer. Der Italiener natürlich. Schließlich auf die neue Geographie nach dem Ende der Sowjetunion und Jugoslawiens. Fragen über Fragen. Und Atlas-Seiten hin und her blätternd. Heute sei, las ich später, der letzte Angeklagte im Zusammenhang mit dem Massenmord an der italienischen Division Acqui auf der Insel Kefalonia (5000-10000 gefallene, exekutierte, ersoffene italienische „Verräter“) am Ende des zweiten Weltkriegs in München gestorben. Nun gibt’s keinen mehr anzuklagen und zu verurteilen. Da juckt mich schon wieder das Poem ‚Cefalonia’ von Luigi Ballerini von 2005: eine dialektische Auseinandersetzung mit den Vorfällen dort und den verschiedenen Ebenen gesellschaftlichen Bewußtseins (es sprechen abwechselnd ein Hans D und ein Ettore B). Doch mal wieder versuchen. Essen dann wieder reichlich, wieder die nervösen Reaktionen einer rasch genervten Mutter. Es verstehen und es meistens nicht begreifen. Als ich ankam, spielten die Neffen vor dem Haus Tennis. Sofort nahm mich der eine beiseite, ich solle der Mutter doch sagen, daß sie ihren PC aufrüsten lassen soll, damit sie endlich Messenger installieren und benutzen könnten. Schließlich hätten sie auch Freunde in Macchie (8 km entfernt), mit denen sie nur dann Kontakt hätten, wenn sie in Amelia seien. Kurz, ich sollte sie überzeugen. Ließ also meine Pro-Argumente verlauten, weil ich nicht glaube, daß es zu verhindern ist, nur weil auf ihrer Seite kein Interesse, aber Sorge um diese ‚Verarmung der Kommunikation’ da ist, und weil sie einer anderen Generation angehört, die sich nicht mehr ums Internet hat kümmern wollen und müssen. Sie wird nicht darum herumkommen. Lediglich noch zwei Stunden gearbeitet. Morgen sollte ich in der Hinsicht produktiver werden. G.L. heute nur einen kurzen Moment, als ich das Gefühl hatte, ich müsse mich hinlegen. Aber ich weiß jetzt nicht mehr genau, ob sie im G.fühL. war oder in der G.L.orie des Seins kurz vor dem Einschlafen. Halb ist, halb ist er nicht, der Berg.

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