Zehnter Tag vor den Kalenden. Vulcanalien (zum Schutz gegen die verheerenden Brände, die auch heutigentags in dieser Zeit des Jahres gang und gäbe sind). Dies nefastus publicus. Der Untergang der Leier bedeutet meistens schlechtes Wetter und manchmal auch Regen (Columella).
Beat’ a te! Womit ich den Columella nicht selig spreche, sondern ihm nur bedeute, er habe gut reden. Magari! Tapp’ ich also in den gestrigen Abend erst. Treffpunkt war Amelia, der Parkplatz schräg gegenüber dem Stadttor. Dann mit zwei Autos los. Ich voran, denn ich kannte den Weg zumindest bis zur Ortschaft, in deren Umgebung das Party-Landhaus lag. Nämlich auf den Höhenzügen gegenüber meiner vormaligen Behausung. Das war noch kein Tappen. Dann aber hatte ich 30-40 Leute um mich, die mir völlig unbekannt waren. Harte Arbeit, überhaupt einige davon in ein Gespräch zu ziehen oder mich von einigen in ein solches ziehen zu lassen. Gesellschafts- und smalltalkuntauglich, wie ich bin. Ringsum eine Ahnung von dunklem Gehölz. In das ich mich dann gern versenkte. Schließlich blieb ich bei einem Hamburger Paar hängen, das auf Einladung einer anderen Hamburgerin in Amelia Urlaub machte, die wiederum mit einem Italiener von hier zusammen ist. Er pensionierter Professor für afrikanische Geschichte, sie Bildungsarbeiterin in der freien Wirtschaft. Sie konnten kein Italienisch. Später ging’s auf Englisch weiter, weil ein britisches Paar (nämlich halb schottisch und englisch) dazustieß. Wurde der „für Lyrik Zuständigen“ vorgestellt. Es stellte sich heraus, daß sie eher an Amateur-Theater interessiert ist, daß aber in unregelmäßigen Abständen Veranstaltungen gemacht würden, bei denen jeder irgendwas zum Besten geben könne, ob Musik, ob Lyrik oder sonstwas. Schon vor Mitternacht der Wein alle. Ein merkwürdig eklektischer DJ mixte alles mögliche durcheinander, von italienischen Schlagern über Tarantella bis zu Sugar Sugar und Inti-Illimani-ähnlichem. Da alles dann irgendwann dazu herumhüpfte, hüpfte sogar ich noch mit. Anstoßen um Mitternacht wegen des Geburtstags der Gastgeberin, die in zwei Monaten Mutter wird. Aufbruch wieder nach Amelia. Mein Bekannter und ich verstanden uns in der Hinsicht, daß wir gern noch etwas getrunken hätten. Könne sein, daß da noch eine Party in Amelia sei. War auch so. Im Dunkel eines Gartens oben in der Oberstadt. Himmel so weit. Musik so laut. Gestalten ohne Gesichter. Junge Mädchen. Junge Jungen. Ein schwadronierender Gastgeber, der halb spanisch, halb englisch, halb italienisch sprach, womit er in eineinhalb Sprachen etwas unverständlich wurde. Aber er sei Lateinamerikaner („I am a monster“. – „Welcome on this earth, Mr Monster!“ sagte ich zu ihm, worauf er mir an der Schulter herumgrapschte), und demnächst nach Sicily. Er kenne die Sicilians. Mafia umbringen nur nach lange lange Zeit. Und nur wenn gebaut haben du wirklich Mist. Sogar eine Tüte kam zustande, an der ich natürlich gern zog. Mein Bekannter auch hier wie ein Fisch in seinem Elemente. Ich stand dann nur noch am Geländer, stellte auf Empfang und trank noch ein bißchen Wein. Um drei Uhr nachts war ich zu Hause. Und um neun schon wieder wach. Tatsächlich wach. Wiederholen werde ich diesen zweiten Teil des Abends so bald nicht. Jux & Dollerei & Neugier. Am Morgen einfach nur im Dreyer gelesen. Mittags S. angerufen, die ventiliert hatte, heute wieder nach Vulci zu fahren: Geführte Besichtigung des wichtigen Etruskergrabes mit dem Namen „Tomba François“. Ich wäre hingefahren, wenn sie’s noch im Programm gehabt hätte. Sie fürchtete aber die Hitze (Uhrzeit der Besichtigung: 15.30). Und so verabredeten wir uns für eine Stunde später in Vignanello, da sei ein sonst geschlossener Park zu besichtigen. Auf der Bank vor dem dazugehörigen Schloß bimmelte das Mobiltelefon, sie habe sich verfahren, sei auf einer ganz anderen Straße gelandet. Ich würde warten. Eine halbe Stunde später: sie habe gefragt und gefragt und jeder hätte ihr eine andere Auskunft gegeben, sie sei jetzt völlig verfranst am Vico-See gelandet. „Geh du allein, ich schaff’s nicht mehr, ich fahr’ nach Haus.“ Eine halbe Stunde Mißstimmung und Trauer und Depression bei mir (Was mach’ ich hier eigentlich?), die mußte ich warten bis zur nächsten Besichtigungszeit. Dann öffnete sich die Tür des Schlosses (Schloß trifft’s immer nicht, halbe Bollwerke hier diese Dinger). Zu der Uhrzeit war ich der einzige Besucher. „Gehen Sie nur erst mal den Garten anschauen, dann zeige ich Ihnen den Rest, auch wenn Sie allein bleiben.“ Um einen Garten nämlich handelte es sich. >>> Hier ein paar Bilder. Und dann zeigte und erklärte er mir das Schloß, einige Räume, erzählte ein paar Geschichten. Durch eine offene Tür sah man einen Fernsehapparat. Könne sein, daß wir der Fürstin Claudia begegneten, sie sei mit Freunden zu einem Ausflug unterwegs, könne aber bald zurückkommen. War aber nicht. Erfuhr jedoch, dieser Führer & Gärtner habe jahrelang in Fornole gearbeitet. Zurück, kurz vor Orte, das Mobiltelefon: Es täte ihr leid. Sie selbst habe da am Vico-See einen herrlichen Wald entdeckt. Als Entschuldigung wolle sie da mal mit mir hinfahren. Und so war wieder alles in Butter. Dann darf also auch G.L. wieder anfangen, geläufig zu werden. Dunkelberges Nichtpräsenz, sah ihn aber heute aus einer nordwestlichen Perspektive: völlig anders die Form und sehr zugespitzt, was sich sonst mählich in die Höhe wälzend sich mir präsentiert.