Benjamin Brittens Peter Grimes an der Deutschen Oper am Rhein.

Kurz und bündig: Der >>>> Düsseldorfer „Peter Grimes“ ist ein Ereignis. Doch obwohl fast alle Rezensionen mit Recht gejubelt haben, war die Deutsche Oper am Rhein nicht ausverkauft gestern abend. Da kann man nur rufen: Gehen Sie hin! Ganz unbedingt. Ereignis ist die Oper nämlich schon selbst. Da ist nichts zu hören von einem „Debüt“, sondern das Stück ist Meisterwerk von allem Anfang an, vielschichtig wie detailverliebt. Scheinbar mühelos meistern die Düsseldorfer Symphoniker unter Axel Kober die heikle Partitur, mit der Düsseldorfs neuer Generalmusikdirektor furios den Einstand gibt.
Kaspar Zwimpfers Bühnenbild wirkt erst einmal schlicht: Türen mit ein aufklappbaren Abgängen sind aneinandergereiht. Es herrscht kaltes Licht (Volker Weinhart), das dunkel macht, nicht aufhellt. Peter Grimes (gewaltig bis zum Schluß: Roberto Saccà) wird der Prozeß gemacht. Im Hintergrund lauert der Mob. Da wird in Gerhard Michalskis Einstudierung und der Choreographie Fabian Poscas das „Look, the storm comes!“ geradezu zum Oratorium. Nicht aber statisch, sondern der eben noch molluskenhafte, wie in Wellen über die Bühne schwappende Mob putscht sich auf, wogt. Die Fischer setzen ihre Kapuzen auf, spitz wie dunkle Ku-Klux-Klans. Doch das ist nur zitiert. Immo Karaman inszeniert nicht didaktisch, er meidet zudem alle Anspielungen, die allzu schnell an der Hand sind. Er stellt einfach dar: er erzählt. Das hebt den Grund der Tragödie. Grimes, hart gegen sich selbst und andere, hat sich in seine Vision verrannt: das Meer leerfischen. Er will den Markt überschwemmen, will reich werden und dann die geliebte Ellen Orford (>>>> Gun-Brit Barkmin) heiraten. Doch nichts wird ihm gelingen, schon gar nicht in Borough, wo Pfaffe und Richter wechselseitig den „Nichtchen“ von Kneipenwirtin Aunti (Jane Henschel) an die Wäsche gehen. Dahinein wechselt die Szene. Bordellrot. Streit. Als Grimes die Kneipe betritt, richtet sich die Wut gegen ihn: Trägt er nicht die Schuld am Seetod seines Lehrjungen? Er wurde freigesprochen? So einer? Weiß nicht Ellen zu erzählen, er habe den Jungen geschlagen? Verzweifelt ist sie, sie versteht es nicht. Britten komponiert die Passage mit verminderten Tönen, es gibt keinen Wohlklang für diese Frau. Barkmin meistert das mit Bravour. Man hört die Kirchengesänge der Dorfbewohner, darunter die Bereitschaft zu töten.
Und Grimes steigert sich in seinen Wahn. Sturm ist. Dennoch will er hinausfahren. Der Mob rückt trommelschlagend an. Grimes drängt den neuen Lehrjungen zur Tür hinaus, der von den Klippen stürzt… Grimes fährt hinaus… Noch einmal bäumt sich der Chor auf, das enervierende Grimes-Motiv füllt den Saal, ebbt. Dann noch zwei Töne, still, sehr still. Unheimlich, dieses Pianissimo –

Standing ovations? Nein. Aber vereinzelt, sehr vereinzelt, rief man das Bravo. Und ging beklommen heim.

U. Faure

[Die nächsten Aufführungen:
Sonntag, 11. Oktober 2009, 18.30 Uhr,
Sonnabend, 17. Oktober 2009, 19.30 Uhr.
>>>> Karten.]

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