7.57 Uhr:
[Am Terrarrium. Bach, Goldberg-Variationen (Evgeni Koroliov).]Gegen zwei Uhr nachts ins Bett, um Viertel nach sieben auf. Wir begingen den Silvesterabend gemeinsam hier, Deine Freundin war dabei, ihr Vater, लक selbstverständlich, die Zwillingskindlein, die tatsächlich bis in die Mitternachtsknallerei hinein aufblieben, welcher wir zwei Jungs, der große, der etwas kleinere, ausgebig nachgegangen sind, fast anderthalb Stunden lang. Dann zog लक noch in die Nacht, wohl besser: den Morgen ab, auf eine Party; sie hatte sich gewünscht, einmal wieder Silvester so zu feiern, nachzufeiern, hatte aber bei uns bleiben wollen, essen & >>>> trinken, bis die Glocken gingen. Sie also gegen zwei Uhr in den Schnee davon, wir zwei gingen schlafen, die Kindlein schliefen eh und kamen dann eben, wie normal, weinend herüber, legten sich zu mir ins Bett, linksbrusts eine, rechtsbrusts einer, und schliefen wieder ein, indes ich aufstand, mir den Kaffee zu bereiten und auf dem Balkon die Morgenzigarette zu rauchen. Ein wenig wehmütig hatte ich लक s c h o n nachgesehen, als sie ging; aber wußte ja, sowas ist eh nix für mich, mich packt ja schon ein Graun vor der Art von Musik, die man da hört, und das Schickigemicke is’ auch nich’ meine Welt und was man da so raucht, wenn man drauf ist; ich beschloß mit Chopin die Nacht, beginne Tag und neues Jahr mit Bach, obwohl mir auch nach Dallapicolla wäre; nur schlafen die Lütten jetzt hier, und ich möchte, daß Goldberg in ihren Schlaf fließt; auch wenn sie, wie unterdessen Du, mein Sohn, bald auf ganz andere Musiken kommen werden: eines Tages wird die wunderbare Saat in Euch aufgehen, die der unfaßbare Komponist in die Tüten seiner Partituren getan hat, dann, posthum, in die Tüten der Schallplatten, die Tüten des Magnetbänder, der Cassetten und CDs und nunmehr der Dateien. – Bin gespannt, wann लक heimkommen wird, „wir mit unserer eigenwilligen Geschichte”, sagte sie gestern nacht beim Anstoßen, nachdem sie noch etwas anderes, Schwereres, gesagt hatte. Derweil saß Deine Freundin in Deinem Zimmer und heulte wütend, weil es nicht nach ihrem Willen ging und wir nicht mit all dem Knallereizeug woanders hinzogen; ihre Mutter kam nach zwölf auch noch her, da habe das Mäderl dann einen Zusammenbruch gehabt vor Wut und Enttäuschung, erzählte लक; wir aber knallerten drunten, der Sohn und der Vater; dann kam Deine Freundin mit Mutter und Vater herab, und allesie gingen davon, was wiederum mir recht war: als Du gestern nacht fragtest, ob Du nicht bei Deiner Freundin wieder schlafen könnest, sagte ich schlicht: Nein. Ich möchte den Neujahrsmorgen und den Neujahrstag mit Dir gemeinsam verbringen, ich möchte, daß die Familie beisammen ist. Dieser Wille zum Zusammenhalt ist etwas Neues sowohl in meiner Familie väterlicher- als auch der mütterlicherseits: alle anderen Generationen strebten auseinander, waren verzwistet, ja verfeindet, höhnisch gegen- und übereinander. Ich will diese üble Tradition beenden.
Noch steht der Weihnachtsbaum.Wir werden ihn heute abschmücken, damit in dem zwischen den Jahren umgestellten Am Terrarium Raum wird; das Klavier muß verschoben werden; die Zwillingskindlein haben jetzt ihr eigenes Zimmer, mit ihrem dritten Geburtstag wurde das fällig. Dadurch aber ist das Am Terrarium umzuorganisieren, und weil ich ab morgen wieder „normal” arbeiten will, trenn ich mich lieber schon heute von dem Baum, bzw. morgen; wir wollen ihn noch einmal alle gemeinsam ansehen, wenn die Kerzen brennen. Normalerweise habe ich die Tendenz, Weihnachtsbäume bis zum Februar stehenzulassen.
Also zur Arbeit.
Fertigzustellen ist für >>>> Matthes & Seitz die Zusammenstellung meiner Essays; in der nächsten Woche will ich mich mit dem Verleger treffen. Es könnten übrigens gut z w e i Bände werden; einer für „allgemein”-poetologische Fragestellungen, der andere dezidiert zu anderen Autoren: Niebelschütz, Eigner, Hans Henny Jahnn usw.; da ist über die Jahrzehnte einiges zusammengekommen, und zwar o h n e die Hunderte Rezensionen mitzurechnen, die ich so geschrieben habe, von denen es aber sicher der größte Teil nicht wert ist, noch einmal aufgelegt zu werden; einige aber eben doch (etwa zu Doderer, Pynchon, Aragon, Nabokov).
Dann ist wegen der BAMBERGER ELEGIEN weiterzuverhandeln. Ich sah, daß Norbert Niemann „Bamberger Notizen” geschrieben und herausgegeben hat; da ist er nun früher mit seinem Bamberger, aber sei’s drum; die Elegien werden sich, sind sie erst einmal heraus, einschreiben, ich hab da gar keinen Zweifel.
Dann ist der Erzählband zu lektorieren, der ja bereits Ende Februar dasein soll.
Dann ist >>>> für etbooks die Kleine Theorie des Literarischen Bloggens durchzuarbeiten.
Und dann, endlich, wird es wieder Zeit für ANDERSWELT werden: noch einmal THETIS und BUENOS AIRES, unmittelbar anschließend >>>> ARGO lesen, durchwühlen, umwühlen, durchstrukturieren; kurz: das 1500-Seiten-Ding lektoratsfertig machen (aber eben auch zu kürzen; 1200 Seiten müssen reichen). Ich rechne mit einem Jahr Arbeit dafür; ist es vorüber, sollte klarsein, wer das Buch herausbringen wird. Die >>>> Kulturmaschinen haben ihr Interesse auch daran bereits bekundet; aber ich denke nach wie vor, daß es ein großer Verlag, ein finanzstarker sein muß…. –
– Moment: „Papa! Kakao maaaachen!” – –
– – So.
:9.01 Uhr
Und noch eine auf dem Balkon geraucht. Mal sehen, wann D u aufstehst, Sohn. Gestern nacht, als wir knallten, war sie wieder da, diese innigste Sohn-Vater-Einigkeit. Und danach, Papa & Sohn umschlungen, bevor es zu Bett ging. Es sind meine Momente, auch wenn unterdessen sehr deutlich wird, wie Ablösung anfängt, und daß das so auch gut ist. „Du mußt dir um diesen Jungen überhaupt keine Sorgen machen”, sagte mir die Löwin am Telefon, als ich vorgestern meinen Erziehungsfrust schob, der bis gestern mittag als kleine Depression anhielt und erst nach dem Mittagsschlaf von mir abfiel. (Sie wird jetzt noch – شجرة حبة, nicht die Depression – bei und mit den Ihren schlafen, „bitte nicht zu früh anrufen”, bat sie gestern noch, aber schickte dann nachts die Neujahrs-SMS), „der macht seinen Weg, ihr habt ihm genug mitgegeben… und dann ist er jetzt eben mal nur ein mittelguter Schüler… du weißt doch von dir selbst, daß es darauf nicht ankommt.”
Aber ich wollte von der Arbeit schreiben, wie es sich in einem Arbeitsjournal gehört. Dazu gehört folgendes Aufseufzen: Dallapicolla, meine Güte, w e l c h e Musik! (So schreiben können, s o dichten können!)
Also 2010:
1) Die Bamberger Elegien sollen erscheinen.
2) Die Erzählungen w e r d e n erscheinen.
3) Die Essays sollen erscheinen.
4) Die Kleine Blog-Theorie w i r d erscheinen.
5) Das Niebelschütz-Supplement-Bändchen für >>>> Klein & Aber ist zu gestalten.
6) Das neue Niebelschütz-Hörstück für den WDR ist zu schreiben und zu inszenieren.
7) Das Kinder/Jugendbuch ist zu schreiben und soll im Herbst erscheinen.
„Nebenbei” läuft >>>> der Heidelberger Lehrauftrag weiter. Und dann geht es mit den Manager-Seminaren los, die meine finanzielle Situation arg verbessern werden… verbessern ist freilich als Ausdruck unrichtig; es sagt ja, daß sie schon gut sei… Wurscht. Ich tue, was ich will; das ist unbezahlbar. A u c h ein Ausblick, der sich aus dem Rückblick bestätigt. Und sowieso. Ich habe eine Familie. Es gibt लक. Es gibt die Löwin. Und es gibt – F r e u n d e. Denen heute mein tiefster Dank gilt und zu gelten h a t.
2010 Dass all das gelingen möge, Gesundheit und Durchhaltekraft wünscht
herzlichst –
Terpsichore