25. Tag des Jahres ZwanzigZehn

Mich läst ein Bild, eine Vorstellung nicht los. Es ist ein Mann. Dieser Mann kennt mich besser als ich mich selbst, das ist nicht ganz richtig, denn er kenn nicht mich besser, er kennt das Leben besser, er ist doppelt so alt wie ich.
Dieser Mann hat viel Zeit und eine Couch. Wann immer ich Zeit habe gehe ich zu ihm, wir sprechen über das was wir gerade lesen, erlebte Zeit, manchmal schweigen wir auch nur, manchmal lege ich mich zum schlafen nieder, erzähle von meinen Träumen.
Diesen Mann vermisse ich so schmerzlich, obwohl ich ihn nie getroffen habe, dass es dafür nur eine einzige Erklärung gibt. Dieser Mann ist mein Großvater. Ich ertappe mich dabei wie ich ihn suche, in dem was ich lese, wenn ich die Bäume anschaue und benenne, wenn die Falken über den Dächern kreisen, die Stare watschelnd über das Gras laufen. Die Ricke, das Blau. Ich suche das Blau, es ist nicht nur über die Farbe zu finden, es ist ebenso der Glanz der mit den Sekunden an der Luft vergeht.
Es ist kippelig und ich habe keinen Ratgeber. Soll ich suchen oder vergessen, kann ich das Blau ignorieren?

Eingerollt unter der Decke versteckt harre ich aus. D. wird mich diese Woche nicht sehen und O. nicht und niemand anders auch nicht. Ich habe keine Valenzen für Spielchen. Ich brauche eine liebende Hand, die meinen Rücken streichelt, die über meine Seele pustet, es gäbe Seile, aber die sind im Moment zu weit weg um mich zu erden.