Les Adieux de MM, die anfingen am Samstag gegen sechs mit T., wo wir neulich auf dem Land waren. Dauernd dachte ich an Silvias Einladung und die Torte, die ich dafür dort gekauft, wo ich mich mittlerweile auch mit Brot versorge. Schönes und gutes Brot, fast wie Graubrot. Konsistent und haltbar. Und erwische mich, wie ich über Brot rede wie Freund M. in B. über „richtiges Mischbrot“, was mich immer wunderte und mir wie eine Macke vorkam, zumal da ein Wiederholungszwang in diesen Aussagen lag, der mir zuweilen auf die Nerven ging. Also: Amelia, bei „Patrizia“ neben der Banca Popolare di Spoleto. Aber dann verging die Zeit da in der Bar Fuori Porta, MM hatte Geld bekommen, bestellte erst eine Falsche Costa Volpara, dann noch eine. T. war nicht immer zu verstehen in ihrem gedrängten und harten Englisch. Auch schien sie eingeweihter in die Familienangelegenheiten und die jeweiligen Psychologismen MMs. Da saßen also zwei mir gegenüber, die sich und ihre Geschichten schon lange kennen. Und an dem Tag immer noch in der Lektüre der LTI (wie mir auch dort erst aufging, wie gewisse Ausdrücke aus jener Zeit immer noch weiterleben) die Bestätigung, daß der Zweite Weltkrieg mitnichten vorüber. Denn wieder einmal MMs Vater, von dem er nichts genaues wisse, worüber er auch nicht spreche, der in einem Flüchtlingslager damals geboren sei. Mehr wisse er nicht über seine Vergangenheit. Und man dürfe ihn auch gar nicht danach fragen. Dieses Tabu. Dann Abschied in einer anderen Bar. Dann in der Pizzeria, wo die Inhaberin mir die Speisekarte zum Übersetzen überreichte (nein, ich hatte versprochen, mehr daraus zu machen). Bei Silvia dann. Torte essen und Worte zur Gitarre improvisieren. Oder vorlesen. Selbst ein Zibaldone (Leopardi) eignete sich. Und der kleine Giovanni übergab uns eine Zeichnung mit Widmung, wo es heißt: M. und B. „siete dei grandi amici“ (auf der Rückseite drei grüngelbe Batmans). Am nächsten Morgen wußte er, MM, nicht, wann er nach Hause gekommen. Denn unsere Wege hatten sich nach der Torte getrennt. Gestern noch ein Abendessen wieder bei Silvia. Ich beobachtete ihn. Die Blicke waren abwesend, fanden ab und zu Halt an nur einem Moment. Heute morgen dann fuhr ich ihn zum Zug nach Mailand. Trug ihm die Skier, aus denen er einen Schlitten basteln will dort in der Schweiz für die Kinder E.’s. Wartete darauf, daß der Zugleib sich in Bewegung setze. Dieses Bedürfnis hatte ich: ihn leibhaftig wegfahren zu sehen in dem pars pro toto all der Tonnen da auf den Schienen. Was nun aber nicht als „ex und hopp“ zu verstehen. Im Gegenteil.
Wenn man einmal durch einen falschen Flur eine falsche Stiege betrat, so geriet man gewöhnlich in ein wahres Labyrinth fremder Wohnungen, Gänge, unerwarteter Durchlässe auf fremde Höfe und vergaß das ursprüngliche Ziel seiner Expedition so gründlich, daß man sich erst nach vielen Tagen, von wunderlichen Irrwegen und verworrenen Abenteuern zurückkehrend, eines grauen Morgens unter Gewissensbissen des väterlichen Hauses erinnerte.
Doch endlich mal die ‚Zimtläden’ von Bruno Schulz.