Tage, an denen ich die Fenster aufsuch’, um hinauszuschauen, wenn unten jemand vorbeigeht, oder wenn Stimmen zu hören sind, deren Sprecher ich nur gespiegelt in einem Autofenster sehe, weil sie direkt unter meinem Fenster vor der Anschlagtafel für die Todesanzeigen mit ihren wechselnden Namen stehen. Wovon sie reden verstehe ich nicht. Genausowenig die Handygespräche auf der anderen Seite am Eingang der einen Gasse. Das kann zuweilen lange dauern. An einem Abend ballerte ein junger Mann greinend, heulend, verfluchend, verzweifelt Hände und vor allem Füße gegen ein Hoftor. Eine weibliche Stimme hatte immer ein „no“ parat. Auch das dauerte wegen der Energie, die dahinter steckte, bei ihm. Am Ende ward auch er müd’. Und morgens, wenn ich aufstehe, sehe ich vielleicht gerade die zahnlose Greisin auf ihrem Balkon zu mir hinüberschielen. Dann denke ich vielleicht an den Abend zurück und an den Kampf mit ‚Die Vulv in den Abprutzn’, sit venia verbo. (ZT 230 – Typoskript (die Zählung verrät mich: ich habe einige Abende geschwänzt)), das Hoftor der Wortprojektionen. Und überhaupt Wiederholungstaten: Ostersonntagnachmittag (mehr war nicht drin: dead line am Dienstag, ein Achtzigseitentext zu korrigieren und hinzubiegen, zumal aus dem ungewohnten Englisch (also arbeitshalber)) ein viertes Mal der Torrente di Castello in der Nähe des Pasolini-Turms bei Chia, mit S. dieses Mal. Schöner Nachmittag, ihr, wie sie’s nannte, Osterei. Noch kurz in Chia nebenan, wo seit dem letzten Jahr (so die Angabe, vor zwei Jahren gab es das noch nicht) ein Denkmal steht, das die Büste von Pasolini zeigt. Dahinter an der Mauer ein Gedicht von ihm, das den Ort zum Thema hat, das Verlassen, das Aufgeben, das Glück im Anderswo. Sie fand den Ton zu streng, zu konservativ. Hatte sich gleich davor gesetzt. Sich quasi vertieft. Während ich vor der Bar stand, einem schmucklosen, riesigen Saal, Fotos von Pasolini, ehemaligen Pfarrern, Ortsansichten an den Wänden, „frohe Ostern“ wünschend denen, die da saßen. Der Ortskern ist tatsächlich fast nur noch Ruine. Mit Ausnahme der wenigen Gebäude, die wahrscheinlich Auswärtige sich hergerichtet. Aber mehr mochte ich dann doch nicht unternehmen. Sie merkte es und kam mir dankbar entgegen. Und seit der Abgabe diese Fenstertage, dem Fiebrigen zu entgehen, das die Leere nach einem Streß. Immerhin einen Internetsender heute gefunden: >>> Barockmusik aus Hilversum (die beschränkte Anzahl der eigenen CD’s birgt Überdruß des Immergleichen). Erinnerungen an alte Radiogeräte, auf denen die Sender auf der Glasscheibe in einer leichten von oben links nach unten rechts gehenden Bewegung im Flattersatz aufgedruckt waren, hinter der sich ein senkrechter Balken bewegen ließ, das Rauschen zu modulieren. Hm, Tagebuch als „Das Rauschen modulieren“. Immerhin.