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Immer wieder auch die musikalischen Reliquien, ‚Relics’ gestern abend, mir war wieder nach Pink Floyd, ganze Alben kann man sich mittlerweile bei youtube anhören. ‚Relics’ gehörte zu meinen ersten Schallplatten, von denen ich allerdings nie sonderlich viel hatte. Eine andere gab’s mit den Brandenburgischen Konzerten (die begleiteten mal in den Weihnachtsferien die Werther-Lektüre). Ich wohnte noch im Elternhaus, das ich mit 19 verließ und in dem es eine normale und eine gute Stube gab. In der guten Stube stand eines dieser glattpolierten Möbel, in die Plattenspieler und Radio integriert waren. Später gab ich sie zusammen mit anderen Platten an H., den Tischlersohn, weiter, als Vergütung sozusagen für seine Mathe-Nachhilfe, die ich damals brauchte, um die Aufnahmeprüfung fürs Kolleg zu bestehen — [zwei Tage nix] —, der dann später, selber mittlerweile zum Tischler geworden, diejenige heiratete, mit der parallalie >>> dieses erlebt hatte. Das letzte Mal sah ich H.’s Vater, als er mir half, zum letzten Mal meinen Vater zu sehen, indem er nach meiner Ankunft am Tag vor der Beerdigung für mich noch einmal den Sarg aufschraubte. Aber die Verquickungen mit der Tischlerfamilie reichen bis in die ersten Lebensjahre zurück, als die Tischlerwerkstatt noch im Hof lag, in dessen Vordergebäude ‚unsere’ erste Wohnung gewesen. Allein, der Faden fädelt sich reichlich, wenn ich von dieser Platte ausgehe, und es knüpfte sich einiges zusammen, sofern ich denn wollte. Immerhin reicht der Faden bis in die letzte römische Wohnung mit dem letzten Stück auf der Platte. Nicht jetzt, nicht jetzt! — Vorgestern mußte ich den Woyzeck wieder lesen, was recht gut paßte als Kontrast zu den Zeitgenossen, die ich gerade in mich hineinlese, denn Bernardo (als Regisseur) hatte am Nachmittag angerufen, um mich zu einer Generalprobe einzuladen: „Woyzeck: Fragments in Solitude“ mit Raphael Schwartzman aus Indianapolis als einzigem Darsteller. Und es war gut, es vorher auf Deutsch gelesen zu haben, das Englische hätte zu große Lücken erzeugt, aber so erkannte ich alles wieder. Die ‚performance’ beeindruckte mich durch die Gestik, die Stimmfiguren. Es war ein Woyzeck nach der Tat, im ersten Satz ‚Bist du tot?’ spiegelte sich alles, auch Heyms Gedicht. Dann ein Evozieren des Stücks als ein Erinnern. Ein weiterer Spiegel kam hinzu, eine Schüssel Wasser auf dem Boden, dort sprach Woyzeck mit ‚Private Garcia’ über das Trauma des Kombattanten, und ließ so dieses Thema in das Stück hinein. Das war im Grunde schon das Bühnenbild, zu dem noch vielleicht die Maske zu zählen ist, die er trug, nur den Mund frei lassend. Ich fragte hinterher, ob sie an Klaus Kinski inspiriert sei, sie hatte etwas von ihm, doch scheinbar konnte damit niemand etwas anfangen, die Frage fiel ins Leere. Also kein Kinski. Freitag und Sonntag die Hauptvorstellungen. Ich werde das Stück Sonntag noch einmal sehen, ich hoffe, S. schafft es, aus Tuscania herüberzukommen. — Jetzt gleich Abendessen bei Roberto. Die Sommergäste fliegen morgen in aller Frühe aus für wer weiß wie lange. Die Kinder nach Holland, Roberto und die Russin nach Neapel. Obwohl es noch enorm warm ist, sollte ich doch langsam ans Holz für den Winter denken.

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