Zurück in die Routinen. Ein fallendes Hüllen- und Arbeitsjournal am Dienstag, dem 15. Mai 2012.


Argo-TS 528
9.20 Uhr:
[Arbeitswohnung.]
Nun bin ich wieder allein… nein, ‚allein‘ ist ein falsches Wort, vielmehr: hier für mich.
Seit viertel vor fünf auf, was anstandslos ging, nachdem ich die Früharbeit in den letzten zweidrei Tagen schleifen ließ; ohne jedes schlechte Gewissen, übrigens und erstaunlicherweise, ja den Sonntag nahezu ganz ans Private vergab; nicht einmal an mein Cello bin ich gekommen. Dafür flanierten wir über den Flohmarkt, ein Wahnsinnsschnäppchen, sogar, für mich, vietnamesische Schmiedekunst:

Einfach am Tellerrand zu schleifen, an Ton oder, dann wird das Ding rasiermesserscharf, am Wasserschleifstein: es geht durch die Härchen des Unterarmes wie durch Butter. Männer & Messer, ein eigenes Thema, Kleider & Frauen & Schuhe, um einmal wieder mit Frohsinn genderinkorrekt zu sein. Nur daß sich das immer wieder bestätigt, wobei die Ausnahmen reizvoll sind.; Männer, Kleider & Schuhe hielte ich allerdings, in dieser Kombination, für bizarr.
Bis knapp neun Uhr an Argo gearbeitet, gekommen bis TS 533 oben, zwischendurch die Löwin geweckt, die gestern nacht wieder in Wien war. Es sei ein lustiger Flug gewesen; sie erzählte von einem, ja, Saunabeamten; „Niedereastreich leijder“ sagte sie in ihrem da plötzlich ziemlich breiten Dialekt, der nicht ohne Jiddisch ist, wollte aber partout nicht erklären, was das denn sei, also ein „Sauna-Amt“. Sie treffe sich Mitte der Woche mit ihm auf einen Nacktgang im siebten Bezirk, erzählte sie launisch, um mich zu ärgern. Ich nahm‘s mit der Gelassenheit einer Schleiereule hin, der man die Wachsamkeit nicht anspürt. Wobei ich, um bei der Wahrheit zu bleiben, schon ziemlich müde gewesen bin. Und heute früh, nachdem ich mal nachgebrowst habe, bin ich mir sicher, daß es ein Sauna-Amt nirgendwo gibt auf der Welt; sondern das ist eine abgefeimte Anmache gewesen, die sofort auf fallende Hüllen konzentriert war. Indem man sie denkbar macht, sind sie schon unten.
Routine wieder. Ja, wozu? „Es ist Selbstbestimmung, tricky, weil sie so tut, als wärest du von Pflichten bestimmt. Man befolgt sie wie einen inneren Befehl, was zu starker Produktion führt. Befolgte man sie nicht, man ließe sich insgesamt schleifen. Ich verstehe das schon.“ So führte es die Löwin aus. Den Befehlscharacter gibt dem hier die öffentliche Form: man müßte sich schämen, erfüllte man nicht, was so offiziell sich vorgenommen ist.
Jetzt will ich noch etwas, nachdem ich Post durchgeschaut haben werde, mit den Klängen fürs >>>> Galouye-Hörstück experimentieren; ich brauche Legierungen für einige der Schnitte. Das Akkordeon bietet sich an, vielleicht mit einem bißchen Cello gemischt. Unter den Epilog habe ich am Sonnabend Ligetis Cellosonate gemischt, den zweiten Satz, was ziemlich gut funktioniert. Aber ich will ja diesmal keine Fremdmusiken verwenden, die immer Referenzen auf Anderes sind, als wir es aus uns selbst erzeugen; damit fällt eine sehr bestimmte Rhetorik meiner Hörstücke weg, die einem Geländer gleicht, an dem man sich festhält, besser noch: einem Netz, über dem man equilibriert. Ich will‘s jetzt ohne Netz, und fortan. Stelle die Weichen.
Danach wieder ans Cello, Mittagsschlaf dann. Nachmittags erst einmal, endlich, die Kagel-Kritik für die FAZ, dann Galouye weiter. Abends erst Familie, danach vielleicht >>>> in die Bar. Das wär denn dieser Tag.

Gehn wir‘s, Leserinnen, an. (Was reitet >>>> solche Leute, wer also reitet sie n i c h t? Können doch wegbleiben. Aber nein, ich bin ihnen Sucht. Von denen müßt ich Eintritt nehmen.)

17.44 Uhr:
Einiges geschafft. Die Mauricio-Kagel-Kritik ist geschrieben und bereits abgegeben, für Galouye hab ich einiges an Klängen produziert, aber noch nicht einmontiert, weil die Arbeit an der Rezension dann doch wieder intensiver war, als ich sowas immer voraussehe. Und gleich wird mein Junge fürs Cello kommen, da ist natürlich an eine andere Klangarbeit gar nicht zu denken.

Einige Korrespondenz, darunter, was mir wichtig ist, >>>> das da.

Sundowner, heute mal simpel. Dazu ein Zigärrchen. Gearbeitet wird aber trotzdem.

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