Aus Paris (3). PP117, 26. Februar 2014: Mittwoch. Für Henri Heine. Fahlmanns Welten 5.



Dies war mein tiefster Moment gestern, als ich auf dem Cimitière de Montmartre vor Heinrich Heines Grab stand. Es ist das beinah gepflegteste des gesamten kleinen Friedhofs, wenn ich von den heroischen Grabmalen absehe, die oft in schwarzem polierten Granit ausgeführt sind. Sehr unangenehm die Gedenkstätte für Hector Berlioz, nach dem auch eine der strukturierenden „Avenuen“ benannt ist, unangenehmer um so mehr, je deutlicher einem vor Augen steht, wie er seinerzeit abgelehnt wurde. Nun schaut er zur Seite wie ein Kriegsheld.
Nicht so Heine. Schauen Sie sich diesen innengekehrten Blick an. Und wer pflegt dieses Weiß? – Immer wieder werden hier Steine auf die Grabplatte gelegt. So tat auch ich. Das vorausehende Sterbegedicht, das in sie eingeschlagen ist, habe ich gesprochen, als ich in Andacht dort stand, und also mit auf dem Tonfile; mir kam der Gedanke, diese kurze Stelle in >>>> das Fahlmann-Hörstück mit zu übernehmen; vielleicht läßt sich das wirklich, also organisch, realisieren. Dies wird die nächste Woche zeigen.
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Zuvor, gleich morgens, zu den Katakomben gefahren, weil ich vorgehabt hatte, in ihnen tief drunten die Atmosphäre aufzunehmen und sie Eckers Erzählungen von der unterirdischen Stadt zu unterlegen. Aber ich brach ab: eine Schlange von bestimmt dreihundert Leuten wartete, als ich an der Place Denfer-Rocherau ankam. Da wäre unter der Erde nur Gequassel gewesen und daran, eine bestimmte Leere des Klingens einzufangen, nicht zu denken.
Immerhin hatte sich der Regen, mit dem der Tag eingesetzt hatte, milde stimmen lassen, von mir vielleicht, vielleicht von der Aussicht auf den nun deutlich nahen Frühling; jedenfalls zeigte er zwar, von Zeit zu Zeit, daß er noch da war, durch gelegentliches Tröpfeln, aber das störte nicht einmal meine Geräte. Mit einem langen Fußmarsch bis durchs Quartier Latin, die Insel, noch einmal Rivoli und Rue du Temple, und gegessen im Minh Chau, das die Löwin einmal das kleinste Restaurant von Paris genannt hat, am Quai Henri II weiter, erneut über die Seine und von Norden also in den Jardin des Plantes, auch eine „Spielstätte“ Fahlmanns. Indes, als ich vor dem Paleontologischen Museum stand, war es geschlossen. Ich werde jetzt gleich noch einmal hinfahren, mit meinem Gepäck, das ja nicht viel ist (allerdings hab ich einigen Käse gekauft, der nun hindurchduftet; ich werde die kleine Tasche am Check-in aufgeben müssen heute abend, damit man ihn mir nicht abnimmt), und die Aufnahme in dem Museum nachholen. Um Viertel nach einundvierzig Uhr startet mein Flieger zurück nach Berlin.
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Der Abend bis in die Nacht galt einem Treffen, eines engen Freundes der Samarkandin nämlich, der sich ein wenig verspätete. Ich hatte draußen vor der Divette de Montmartre gesessen, das Aufnahmegerät mitlaufen lassen, dann war es mir zu spät geworden, ich mochte mich nicht versetzen lassen, ging also hinein, um zu bezahlen, tat dies, drehte mich um – und da stand dieser Freund in der Tür.
Es wurde nicht sehr spät, aber als wir uns trennten, hatten wir doch einiges getrunken, und ich habe viel, sehr viel erfahren über die Stadt, über namentlich ;Montmartre und die derzeitigen Versuche der Ordnungsbehörden, das Gebiet zu, quasi à la Giuliani, „reinigen“. Das paßt zu den Prostitutionsgesetzen, paßt zu den Rauchergesetzen und dazu, daß diese hierzulande auch die eCigaretten mit einschließen, nicht, weil sie schädlich wären, sondern, so die Begründung, weil man mit ihnen ein schlechtes Vorbild für die Jugend sei. Daß wir insgesamt eine moralische Restauration zu spüren bekommen, ist deutlich insgesamt. Man will ein leitbares Volk.

(9.50 Uhr.
Nation Montmartre, 25.)

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3 thoughts on “Aus Paris (3). PP117, 26. Februar 2014: Mittwoch. Für Henri Heine. Fahlmanns Welten 5.

  1. die blumenverkäuferinnen sprachen seinen namen auf die frage nach dem wo einst fast wie ‚enriche haine‘ aus. wahrscheinlich wollte es dies nicht bedeuten, aber es klingt mir jetzt so nach.

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