In der deutschen Gegenwartsliteratur grassiert die schlichte Form des
Realismus. Möglichst dicht ran an die Lebenswelt des Lesers. Damit
der Leser möglichst wenig in seine Realität übersetzen muß.
>>>> S. 67.
Realismus. Möglichst dicht ran an die Lebenswelt des Lesers. Damit
der Leser möglichst wenig in seine Realität übersetzen muß.
>>>> S. 67.
Das ist wenn Leute schreiben ohne die Kraft der Imagination, einer, wie Bohrer hinreichend vorgeführt hat, sich auf der Schwundstufe befindenden basalen Voraussetzung für Literatur als Kunst. Ohnehin und immer schon selten (denn nicht jeder, der schreiben kann, kann deshalb auch dichten), steht Imagination jetzt auch noch quer zu einem rein utilitär agierenden Markt: je weniger Imaginatio, desto mehr „McDonalds ist einfach gut“.
@tom. Leider bedeutet das eben auch, und entspricht damit den Markt-Bedürfnissen, daß ohne den Einsatz von Imaginationskräften g e l e s e n werden will: konsumiert, mit einem Wort. Man sprach im 19. Jahrhundert von einem, für die Künstler, Kunstwillen. Dem steht ein, und es war wohl wirklich ich, der diesen Begriff geprägt hat, Rezeptionswille zur Seite. Ich fürchte, daß ihn sehr viele mit Abschluß ihrer Kindheit verlieren, aus vielfältigen, aber letztlich wohl recht wenigen Gründen, unter allen denen die Äquivalenzform liegt.
Allerdings kann man sich fragen, inwieweit das wirklich eine neue Entwicklung ist, oder ob nicht als Maßstab des ökonomischen Kalküls die Massen-Demokratie notwendigerweise dazu führt, d.h. das Kriterium des Absatzes, der für Unternehmen, wie auch Verlage es sind, ganz unabhängig von Markt-Ideologien (etwa der der ständigen Umsatzsteigerung) lebensnotwendig ist. Politische Überlegungen sind hierbei noch gar nicht angestellt.
Nach-Frage Das ist sehr klar formuliert. So, als wäre der Sachverhalt und seine Implikationen mehr als durchdekliniert. Mittlerweile betreiben wir diesbezüglich eine gleichsam automatisierte Kritik – und ich nehme mich da gar nicht aus.
Die Frage jedoch, inwieweit das Problem aus Sicht der „Kritik der Nationalökonomie“ begründbar ist, bleibt für mich offen. Denn die Vorstellung der kapitalistischen Wirtschaft als einer rein egoistischen Geldscheffelmaschinerie, welches letztendlich durch die Hypostasis einer Verkehrung der nichtssagenden Formel W-G-W in die (ebenso nichtssagende) Formel G-W-G` Plausibilität nur suggeriert, scheint mir nicht geeignet, Kapitalbildung a l s riskiertes Geschäft zu erklären. Hier liegen im System selber dramatische Spannungsfelder, die ein Stimulus auch der Imagination sein können und sind.
„die ein Stimulus auch der Imagination sein können und sind“. Dem stimme ich zu; es betrifft aber, vielleicht einzig, die unternehmerische Fantasie, weniger jedenfalls eine „frei“-spielerische sagen wir: meditative, die indessen Voraussetzung jeder Kunstbetrachtung ist. Deren „Mehrwert“ ist und bleibt nicht meßbar, anders als Bilanzen; es gibt in ihr auch keinen „Sieg“, als den man unternehmerische Erfolge durchaus sehen kann. Ihre „Nützlichkeit“ findet ein Analogon allenfalls im psychoanalytischen Prozeß, will sagen: Für die Matrix betrachtet, ist der Nutzen von Kunst, wenn überhaupt, ein therapeutischer. (Ich verwende hier den Matrix-Begriff, um die enorm ausgeäderte Komplexität des „Systems“ zu reflektieren.)
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Quelle : Wikiart