Jarretts Napoli 1996: >>>> Als er
für alle Zeit in Napoli spielte]
Wir hören ihn auf dieser Aufnahme, die man im Handel nicht bekommt, zum Klavierspiel auch singen, mitsingen, ich war eben kurz, ja, fast geschockt. So sind manche Erinnerungen, und wir greifen nach ihnen, ohne zu wissen, wie sehr wir da für den Moment das Richtige tun:
Kannst Du ihn weinen hören?
Dann hörst Du, Vater, mich.
Unfaßbarkeiten.
Nur mittags lief mir Haltung in die Fasern, als ich im Hauptbahnhof las, mir zur Seite eine nicht nur ausgesprochen schöne, was mich vielleicht schon etwas entschädigt hätte, sondern zudem, in einem wahren Überfluß, auch kluge und gebildete und, um auch das noch zu krönen, sensible Moderatorin, die das Buch genau kannte und also zu fragen wußte: Anna Engel. Erst jetzt fällt mir der Nachname auf und daß dieser Begriff, Engel, eben nichts unscharf Verkitschtes hat, nimmt man ihn ernst und tritt einem solch ein, nun ja, Geschöpf? Wesen? wie auch immer gegenüber. Und dann braucht‘s auch noch einen Latte macchiato zu Anfang! Ich meine, da is‘ man doch ers’mal still.
Mir im Rücken dehnten sich alle Geleise bis Wien.
Jedenfalls. Ich war von der Messe zum Bahnhof geeilt und eilte dann wieder zur Messe zurück, fand >>>> meine Impresaria im Gespräch mit einem kleinen fast vornehmen Verlag. Nun wird es vielleicht doch noch zu einem Neapelbuch kommen, wenn auch einem anderen, als ich eigentlich dachte, aber gewissermaßen so, wie mir die >>>> akustische Kreuzfahrt das Sterbebuch ermöglicht hat. Freilich bat ich darum, daß für ein solches Projekt die Reise- und Unterbringungskosten vorab gedeckt sein müßten – wie übrigens auch für den Triestroman, anderwärts, den ich keineswegs aus den Augen verloren habe. Denn auch dahin, Richtung Triest, dehnten sich die Geleise „und schimmerten in einem unvergleichlichen Blau“ (>>>> Die Verwirrung des Gemüts: die a u c h wieder aus der Versenkung auftauchte: „Hab ich neulich von Ihnen gekauft, aber meine Freundin hat‘s mir weggenommen und ist sofort reinentschwunden“). Doch konnt‘ ich sie, die Geleise, gar nicht sehen, während ich las und Frau Engels klugen Fragen Rede stand; sie dehnten mir ihr Fernheitsweh aus meinem Rücken, als hätt er Stacheln, die einmal lichtes Strahlen waren.
Schnell notierte ich sechs Verse und überlegte eben, ob ich sie auf meinen Clip sprechen soll, den ich morgen von der Buchmesse montieren und übermorgen einstellen möchte. Denn heute abend/nacht ist selbstverständlich Weberns No 6 an der kleinen Reihe, die damit abgeschlossen werden wird.
Doch sagen Sie mir, bitte!: Soll ich heute duschen? Nach manchen Tagen sprießt der Bartwuchs m e h r.
Ich habe wieder eine Fähigkeit, die ich in frühen Jugendtagen hatte: Man nimmt sich vor, dieses und jenes zu träumen, als schriebe man eine Geschichte, die im Kopf längst fertig ist. Und träumt sie dann tatsächlich. War jetzt schon die zweite Nacht so. Der Schlaf öffnet die Tür, und vorbereitet tritt man willens hindurch. Sie schließt sich. Und es geschieht. Dann wacht man erfüllt, wie belohnt nach vierfünf Stunden wieder auf und ist befriedet-bereit, kann die Hörner wieder senken, muß nur noch gucken, wen man draufnimmt.
So kam ich damals durch die chaotischen, seelisch nicht selten sogar fürchterlichen Tage Braunschweigs; da konnte ich es sogar mit der Schule und ihren Abgefeimtheiten wieder aufnehmen; es war – und ist nun abermals – fast wie mit der Musik, ohne die ich ganz sicher heute nicht mehr wäre.
Dazu Jarrettnapoli.
1996, schrieb ich‘s schon?
Bevor ich selber Vater wurde.
Und so gibt es Nächte, in denen man gerne alleinschläft, denn von „allein“ kann die Rede gar nicht sein. (In Wahrheit ist es prinzipiell pervers, allein zu schlafen. Um wahr zu sein, muß man sich in den Duft eines andren Körpers rollen.) Um das nun in sich herzustellen und die Imagination zu einer selbst-körperlichen zu machen, braucht es offenbar, merke ich grad, einen bestimmten Grad des Erschöpftseins, der sexuelles Begehren übrigens ausschließt – oder doch auszuschließen scheint. Denn was dann geschieht, hat sich die Schlaftür geschlossen, entzieht sich dem Träumer gleich im Moment des Erwachens, und wir können nichts anderes mehr tun, als sinnend nachzuspekulieren. Interessant aber ist, daß der Geruch der Haut erhalten bleibt, der andren Haut, wohlgemerkt, und zwar völlig.
Der Geruch der Haut
Roman
(Alban Nikolai Herbst
Alle Menschen schlafen
Roman)
Wahrscheinlich sind wir ge|schützt wenn es,
das Unbewußte, hofft | wo das Bewußtsein längst verzweifelt
Jemand, als wir nach der Lesung im Metropol saßen, wußte wirklich nicht, daß ich Gedichte schreibe. „Wieso erfährt man davon nichts?!“ Und zu R‘s noch mitzufahren, hatte ich absolut keine Lust, flanierte statt dessen – auch nun schon allein – durch die Nacht an des Mainglitzers Ufer; das hätte noch gefehlt, daß ich die UBahn nähme! Denn Frankfurt zeigte sich mir wie zum allerersten Mal, da ich von Bremen hergekommen, Bremen verlassen hatte, nein: geflohen war.
Ich soll >>>> Gary Snyder lesen, wir sprachen lange, >>>> Röhnert und ich, über Pound und Versmaß, und über Übersetzungen. „Übersetz mal Snyder“ („Setze Snyder ü b e r“). Und über Karl Mickel, von dem ich nicht kapiere, wieso man ihn hat vergessen gemacht (und über Vaterbilder und imaginationes und Emblematik); wie jemand, der literarisch gar nicht hält, z.B. Kerouac, dennoch zu recht zum Leitbild wird, bzw. werden kann. Usw. Ohne zu wissen, was darin mitschwang, sprach eine Frau das Wort „Häutungen“ aus, ihrer eigenen Geschichte völlig uneingedenk. Und heftig war, ich stand am Stand von Elfenbein, als der Verleger grad mal fort, daß eine Frau der endenden Mittleren Jahre mich ansprach: „Woher kenne ich Sie?“ Ich stellte mich vor. Und diese Frau: „Ah, Sie sind dieser Macho!“
Ich ließ sie nicht aus der Klammer. „Erklären Sie, wie Sie drauf kommen, woher Sie Ihr Urteil beziehen.“ Sie nannte >>>> Wehrs Schreibheft. „Soso, und woher im Text entnehmen Sie den Macho?“
Sie war es deutlich nicht gewöhnt, auf Belege angesprochen zu werden.
Herauskam schließlich, meinem Eindruck nach, daß es, um für einen Macho zu gelten, völlig genügt, die Lust an Körpern zuzugeben; man darf sie haben, sicher, ja, aber auf keinen Fall öffentlich benennen, jedenfalls nicht als Mann. Abermals sprang mich dieses „Der ist ja nur ein Frauenaufreißer“ an, und zwar als literarisches Urteil.
Was ist das?
Neid?
Jedenfalls Kleinbürgerei. Es gibt eine Kleinbürgerei von gender-Ideolog:inn:en, in der die monotheistische Körperfeindlichkeit, also letzten Endes Lebens- und damit Kinderfeindlichkeit, ihren neuen, einen sozusagen cleanen Ausdruck gefunden hat. Die Diffamierung der Körpers hat sich durch eine Hintertür, auf der political correctness steht, in die Welt zurückgeschlichen.
Paßt zum Kapital. Auch die Leugnung der Geschlechterdifferenzen ist eine >>>> Äquivalenzform.
Wir verständigten uns, übrigens, Röhnert und ich, auch ziemlich schnell über westliche Hegemonialpolitik: Misseles für die Ukraine; Erstarkung bzw. Erstehung des „fundamentalen“ Islams als einer zur Zeit des Kalten Krieges sehr bewußt geschmiedeten Waffe, die nun aber falschrum losging: ‘s sind nicht Geister, die der Westen „rief“, sondern er erschuf sie. Und klagt nun abermals bigott.
Überhaupt. Bigotterie ist das Wesen der Reinen.
Ich wünsche einen guten Tag.
naja, vielleicht ficken die korrekten & reinen einfach öfter und lustiger als die inkorrekten & versauten verkniffen und ernsthaft, wer will’s denn wissen ?
dass sex sünde ist glaubt doch nicht mal mehr der papst zu lateinamerika usw.
der macho war doch auch noch der sexunlustig machende, der im präludierende vorfeld der engstirnige zur aufforderung zu engstirnigkeitssex.
weil sie kein systematiker sind – ich sags zum letzten mal – sollten sie dichten.
die poetischen stellen ( scheisse : für sie ist ja so gut wie alles poetik, oder ? ) –
also so etwas wie fasern & haltung oder bahnfahrt und gerippe – skelettonbrained – das meine ich halt.
das kanalisierende der sexualität findet über ehe-doktrinismus in fast jeder religion statt.
polyandrie gab es ?
polygynie gibt es ?
besitzverhältinisse ?
jemanden besitzen ?
ich besitze gerne schlaue bücher, noch, weil nicht netzabgreifbar.
ich kann schon über die tube spezifisch besitzlos einiges von stockhausen pp hören.
aber besitzen wollen ?
männer wie frauen ?
wann und wie ?
Hör doch auf, Lobster, es muss provoziert sein im Noch-Nicht-Wahren.