Schon wieder ein Grad mehr im Arbeitszimmer: 19. Ein lauwarmer, in dicken Tropfen und fast senkrecht herabfallender Gewitterregen am Nachmittag. Geruch nach aufgewirbeltem Straßenstaub. Kein Wind. Der richtige Zeitpunkt zum Hinausgehen: Regenjacke und Kapuze, zu dem sich ständig verrechnenden Tabaccaio, zum Bioladen, den Kaffee bezahlen, den ich mir heute im Selbstbedienungsmodus (denn ich habe die Schlüssel) geholt, weil der, den ich noch hatte, nicht ausreichte. Und keine Reserve. Viel half der auch nicht: denn auch der Körper hatte für den Nachmittag nur wenige Reserven, was deutlich zu spüren war nach den letzten 10-15 Tagen im vollen Arbeitsrhythmus. Morgen muss ich notgedrungen wieder aufdrehen. Dennoch ein recht kläglicher Versuch jetzt, auf Big Easy umzustellen. Musik: Naserümpfen bei Renaissance und Pink Floyd (sic!). Also Pianoforte und Köln-Konzert [und jetzt sehr angenehm: Chopin]. Merkte diesen Zustand auch in der letzten Nacht: die Träume, an die ich mich entsinne, drehten sich darum, daß ich rasch ein paar kleinere Übersetzungen machte, die liegengeblieben. Wenn’s soweit ist, wäre eigentlich immer eine Insel fällig. Aber solche Träume kommen gelegentlich vor. Hat immerhin den Vorteil, daß man dann früher als sonst aufwacht. Und sich anfangs im Zeitgewinn sonnt. Bis es neun und man immer noch nicht fertig ist. Aber immerhin, seufzet er: “Fast!” Prophetisches Buch damals, das mir der Freund in der Berliner Zeit schenkte: >>>> ‘Europäisches Sklavenleben’ von Hackländer. Nur, daß ich nicht ‘Onkel Tom’s Hütte’ übersetze, sondern im Wesentlichen das, was im Überbau amtlich, gerichtlich, technisch vor sich hin wabert (abgesehen von gelegentlichen Studienbescheinigungen). Allerdings: wirklich verzichten könnte ich auf diese Daseinskrücke auch nicht. Auch >>>> Kubricks Chauffeur fiel mir dazu ein. Der ‘Dokumentarfilm’ wurde hier in Amelia beim Kinoklub gezeigt, der Regisseur war auch zugegen, und es gab hinterher ein langes nettes Gespräch mit ihm, bei dem er weitere Details erzählte. Denn ich sah darin eine Herr-Knecht-Beziehung ganz im Hegelschen Sinne. Als nämlich er, der italienische Chauffeur nach langer Zeit wieder nach Italien zurückging, fehlten ihm Kubricks Anrufe mit seinen Anweisungen. Sehr guter Kunstgriff des Regisseurs: er hat den Chauffeur in seinem Englisch erzählen lassen und Untertitel hinzugefügt (hinzu eine Menge Zettel mit Kubricks schriftlichen Anweisungen: >>>> “S is for Stanley”, so der Originaltitel) Und wirkte fast schon verloren da im Süden der Region Latium, die gemeinhin als “Ciociaria” bekannt ist (Landolfi, La Ciociara e via dicendo). Alltag halt. Abermals rumort der rotdurchwachsene Mauerseglerhimmel.