[Arbeitswohnung, 9.30 Uhr
Britten, The Rape of Lucretia
Erster Morgencigarillo]
Erst um kurz vor acht hoch, nachdem erst um kurz nach drei Uhr nachts ins Bett gekommen, zumal ich seit drei noch etwas, einen Calvados vor mir, nachsann. Es hatte sich nämlich >>>> vorabends, als ich mit der Contessa auf dem Dach des Hotels de Rome saß, eine ihrer Freundinnen, wohl nur Bekanntin, zu uns gesetzt; ich kann nach wie vor nicht recht einschätzen, wie eng die beiden sind. Aber Erscheinung wie meine Auftraggeberin; insofern paßten beide schon.
Irgendwann kam die Sprache auf eine Party, zu der Mme Desolée, ja, so nannte sie sich, geladen sei; ob die Contessa nicht mitkommen wolle? Ihr „Baiseur“ – das sagte sie wirklich! – habe sie versetzt. Die Contessa kräuselte ihr Aristokratinnennäschen; ob aber der Wortes-selber wegen oder weil die Umsitzenden pikiert aufschauten, weiß ich nicht. Neinnein, da müsse sie wieder in „DDorf“ sein, aber vielleicht – sie war echt frech – „mein Adjutant?“ Das erst ließ Mme Desolée mich wahrnehmen. Also wahrgenommen hatte sie mich schon, aber wohl das „genommen“ für leicht degoutant gehalten. Sie trug ihren Standesdünkel als bodenlange Stola außen.
Nun reizt mich sowas. Ich bin dann nicht beleidigt, sondern denk in mir: Dir zeige ich die Hölle. Es ist wie mit diesen Krawatten aus den Siebzigern: Ging man mit denen zu nahe an der Wand lang, gab es eine kurze Stichflamme, und sie verschmauchten. Zu allem Überfluß ‘n -druß bekam man dann das kokligdunkle Plasteteil nicht mehr vom Kragen ab. Also die Frau sah einfach >>>> die Maske nicht auf meinem Gesicht. Bin ja auch ‘n unauffälliger Typ.
„Sie würden mich begleiten?“ Sie hätten, liebste Freundin, dieses „Sie“ hören müssen! Schon daß sie das W o r t in den Mund nahm (ihre Generation lehnt es ab), zeigte den Abstand.
„Oh“, sagte die Contessa. „Man sieht es vielleicht nicht, aber er hat Qualitäten.“
Es war nicht schwer zu begreifen, daß ihrerseits sie diese Bekannte etwas degoutant fand und ihr jetzt eine, sagen wir mal, Falle stellte. In die die auch hineinfuhr, etwa wie (Lukas 8,33) Teufel in die Schweine, nur daß die Schweine selber Teufel und als solche ziemlich größer sind. Und selbst Sie, Verehrte, hätten sie nicht von der Bettkante geschubst. Denn unter dieser Stola leuchteten die marmornsten Schultern hervor, die Sie sich vorstellen können; von der übrigen Anatomie schweige ich, wie Sie‘s von mir gewöhnt bleiben dürfen.
Das Problem, also, bestand darin, nicht ebenfalls „Baiseur“ zu werden. Ich löste das ziemlich geschickt, indem ich mich eines Kollegen entsann, der – bezüglich einer von uns beiden avancierten Frau – mir einmal gesagt hatte: „Mach nur. Ich bin eh impotent.“ – Lange, sehr lange habe ich dazu gebraucht, die diesem Satz inneliegende Macht zu begreifen. Eine ungeheure Umkehrung! Man macht das Vakuum zur unerfüllbaren Lockung und bleibt gänzlich unantastbar. Damals, als dieser junge Kollege den Satz von sich gab, ahnte ich noch nicht, daß er der Schlüssel zum Zölibat ist. Allerdings hat sich vor Jahren schon Oberst Baumwolle, im >>>> Wolpertinger, zu Hans Deters (erinnern Sie sich, lieber Deters?) gar nicht anders geäußert:Genieren Sie sich nicht. Ich bin gewissermaßen impotent.“
„Wie bitte?“ Deters hatte sich erhoben, herumgedreht, streckte die Hände zum Koffer aus, zog ihn herab, öffnete die Schließen; währenddem sprach Baumwolle weiter.
„Nennen wir mich der Einfachheit halber einen Machtmenschen“, erläuterte er (…).
Wolpertinger oder Das Blau, 59/60
Britten, The Rape of Lucretia
Erster Morgencigarillo]
Erst um kurz vor acht hoch, nachdem erst um kurz nach drei Uhr nachts ins Bett gekommen, zumal ich seit drei noch etwas, einen Calvados vor mir, nachsann. Es hatte sich nämlich >>>> vorabends, als ich mit der Contessa auf dem Dach des Hotels de Rome saß, eine ihrer Freundinnen, wohl nur Bekanntin, zu uns gesetzt; ich kann nach wie vor nicht recht einschätzen, wie eng die beiden sind. Aber Erscheinung wie meine Auftraggeberin; insofern paßten beide schon.
Irgendwann kam die Sprache auf eine Party, zu der Mme Desolée, ja, so nannte sie sich, geladen sei; ob die Contessa nicht mitkommen wolle? Ihr „Baiseur“ – das sagte sie wirklich! – habe sie versetzt. Die Contessa kräuselte ihr Aristokratinnennäschen; ob aber der Wortes-selber wegen oder weil die Umsitzenden pikiert aufschauten, weiß ich nicht. Neinnein, da müsse sie wieder in „DDorf“ sein, aber vielleicht – sie war echt frech – „mein Adjutant?“ Das erst ließ Mme Desolée mich wahrnehmen. Also wahrgenommen hatte sie mich schon, aber wohl das „genommen“ für leicht degoutant gehalten. Sie trug ihren Standesdünkel als bodenlange Stola außen.
Nun reizt mich sowas. Ich bin dann nicht beleidigt, sondern denk in mir: Dir zeige ich die Hölle. Es ist wie mit diesen Krawatten aus den Siebzigern: Ging man mit denen zu nahe an der Wand lang, gab es eine kurze Stichflamme, und sie verschmauchten. Zu allem Überfluß ‘n -druß bekam man dann das kokligdunkle Plasteteil nicht mehr vom Kragen ab. Also die Frau sah einfach >>>> die Maske nicht auf meinem Gesicht. Bin ja auch ‘n unauffälliger Typ.
„Sie würden mich begleiten?“ Sie hätten, liebste Freundin, dieses „Sie“ hören müssen! Schon daß sie das W o r t in den Mund nahm (ihre Generation lehnt es ab), zeigte den Abstand.
„Oh“, sagte die Contessa. „Man sieht es vielleicht nicht, aber er hat Qualitäten.“
Es war nicht schwer zu begreifen, daß ihrerseits sie diese Bekannte etwas degoutant fand und ihr jetzt eine, sagen wir mal, Falle stellte. In die die auch hineinfuhr, etwa wie (Lukas 8,33) Teufel in die Schweine, nur daß die Schweine selber Teufel und als solche ziemlich größer sind. Und selbst Sie, Verehrte, hätten sie nicht von der Bettkante geschubst. Denn unter dieser Stola leuchteten die marmornsten Schultern hervor, die Sie sich vorstellen können; von der übrigen Anatomie schweige ich, wie Sie‘s von mir gewöhnt bleiben dürfen.
Das Problem, also, bestand darin, nicht ebenfalls „Baiseur“ zu werden. Ich löste das ziemlich geschickt, indem ich mich eines Kollegen entsann, der – bezüglich einer von uns beiden avancierten Frau – mir einmal gesagt hatte: „Mach nur. Ich bin eh impotent.“ – Lange, sehr lange habe ich dazu gebraucht, die diesem Satz inneliegende Macht zu begreifen. Eine ungeheure Umkehrung! Man macht das Vakuum zur unerfüllbaren Lockung und bleibt gänzlich unantastbar. Damals, als dieser junge Kollege den Satz von sich gab, ahnte ich noch nicht, daß er der Schlüssel zum Zölibat ist. Allerdings hat sich vor Jahren schon Oberst Baumwolle, im >>>> Wolpertinger, zu Hans Deters (erinnern Sie sich, lieber Deters?) gar nicht anders geäußert:
„Wie bitte?“ Deters hatte sich erhoben, herumgedreht, streckte die Hände zum Koffer aus, zog ihn herab, öffnete die Schließen; währenddem sprach Baumwolle weiter.
„Nennen wir mich der Einfachheit halber einen Machtmenschen“, erläuterte er (…).
Wolpertinger oder Das Blau, 59/60
Doch so isses mit den Lehren, die man selbst schreibt; der Finger weiß nicht, was er tippt. Und erst Jahrzehnte später sitzt da so ein gutaussehender und überdies begabter junger Mensch und bringt es einem bei.
Ich habe in meinem Leben echt Fehler gemacht.
„Aber Sie müssen wissen“, sagte ich der Desolée, damit ihr Name wirklich w ü r d e, als wir uns dann gestern nacht trafen, „daß ich impotent bin.“
Sie war wie vor den schönen Kopp gekloppt, wiederholte Deters‘ „Wie bitte?“
„Wäre es anders“, antwortete ich, „ich würde Sie begehren. Das dürfen Sie mir glauben. Doch nach Lage der Umstände…“
So daß sie die Falle plötzlich begriff, aber nicht mehr herauskam.
Ich hab dann in dem Club ziemlich viel Gin Tonic getrunken, auch ein bißchen getanzt, was mich normalerweise dazu bringt zu balzen; das „z“ in beidem verrät das prinzipielle Ziel: Denn bei zuviel körperlicher Nähe wird dann die Partnerin ganz naß, wenn einer – das spritzt ihm dann einfach vom Schädel – so fontanen schwitzt wie ich und ihm die Musik eigentlich zu laut ist. So daß er sich willentlich euphorisiert und schon in die Entgrenzung wirbelt. Nun konnt‘ ich das vermeiden. Ich hätte ja zum Beispiel eine ihrer Hände nehmen können, um sie, die Frau, herumzuwirbeln. Als Impotenter muß man all das nicht. Richtige Frauen freilich reagieren mit einem „Das wolln wir doch mal sehn!“ (Worauf mit Garantie damals mein junges Vorbild gesetzt hat – erfolgreich, übrigens).
„Diesen Gin Tonic noch, dann geh ich“, sprach ich gegen zwei Uhr in das desolate Ohr.
Es sah erleichtert aus. Leider war es schön. Schon deshalb wollte ich die Qual nicht noch überstrecken.
Außerdem trieb es mich in die Lobby, worin die schönen jungen Reichen unsrer schönen armen Stadt sich die Begehren, ihre roten fleischdurchzuckten, gegenseitig bleichen. – Erinnern Sie sich? Konstantin Wecker? >>>> „… nie wieder einen Dichter einzuladen“….? – Aber die Lobby kam zu mir.
Ich weiß es nicht, weil ich mich nicht mehr umdrehte, aber stelle mir vor, daß Mme Desolée, wie sie uns hinterhersah, ihrem Namen Ehre machte wie Unehr‘ ich der Impotenz.
*
Nun ist die junge Dame längst gegangen… neinnein! Haben Sie, Leser, denn g a r nichts verstanden? Freundin, klären Sie ihn bitte auf! Ach, Männer sind s o… wählen bitte Sie das Wort. Ich muß nämlich endlich endlich arbeiten. Mein >>>> DTs, schon jetzt, ist gänzlich unerfüllt. Die Mönche haben völlig recht… – So habe ich‘s denn wieder mal versaut, und Mme Desolée, in Wahrheit und auf ihre Weise, hat letztendlich doch gewonnen. Das wird der Contessa, wenn sie es hier liest, vermutlich nicht gefallen. Wenn ich Pech hab, zieht sie‘s mir vom Honorar ab, und ich dürft nicht mal nölen.Kjaerstad-Kritik.
Verlagskorrespondenz.
München buchen.
>>>> Béart vielleicht
Mit einem wunden Schwanz. (Ich muß Ihnen, liebe Freundin, unbedingt von diesen Füßen schreiben… erinnern Sie sich an die Achselkapellen? Gewiß. Es waren ja die Ihren… Und diese Füße sind deutliche >>>> Motivverstärkung. Sie haben einen Unterspann, der denen beinah gleichkommt. Ich hab sogar ein Bild gemacht. – Doch nein! Genug. Genug. „Ich bin impotent“ und zeig es Ihnen n i c h t. Ende.)
Ich habe in meinem Leben echt Fehler gemacht.
„Aber Sie müssen wissen“, sagte ich der Desolée, damit ihr Name wirklich w ü r d e, als wir uns dann gestern nacht trafen, „daß ich impotent bin.“
Sie war wie vor den schönen Kopp gekloppt, wiederholte Deters‘ „Wie bitte?“
„Wäre es anders“, antwortete ich, „ich würde Sie begehren. Das dürfen Sie mir glauben. Doch nach Lage der Umstände…“
So daß sie die Falle plötzlich begriff, aber nicht mehr herauskam.
Ich hab dann in dem Club ziemlich viel Gin Tonic getrunken, auch ein bißchen getanzt, was mich normalerweise dazu bringt zu balzen; das „z“ in beidem verrät das prinzipielle Ziel: Denn bei zuviel körperlicher Nähe wird dann die Partnerin ganz naß, wenn einer – das spritzt ihm dann einfach vom Schädel – so fontanen schwitzt wie ich und ihm die Musik eigentlich zu laut ist. So daß er sich willentlich euphorisiert und schon in die Entgrenzung wirbelt. Nun konnt‘ ich das vermeiden. Ich hätte ja zum Beispiel eine ihrer Hände nehmen können, um sie, die Frau, herumzuwirbeln. Als Impotenter muß man all das nicht. Richtige Frauen freilich reagieren mit einem „Das wolln wir doch mal sehn!“ (Worauf mit Garantie damals mein junges Vorbild gesetzt hat – erfolgreich, übrigens).
„Diesen Gin Tonic noch, dann geh ich“, sprach ich gegen zwei Uhr in das desolate Ohr.
Es sah erleichtert aus. Leider war es schön. Schon deshalb wollte ich die Qual nicht noch überstrecken.
Außerdem trieb es mich in die Lobby, worin die schönen jungen Reichen unsrer schönen armen Stadt sich die Begehren, ihre roten fleischdurchzuckten, gegenseitig bleichen. – Erinnern Sie sich? Konstantin Wecker? >>>> „… nie wieder einen Dichter einzuladen“….? – Aber die Lobby kam zu mir.
Ich weiß es nicht, weil ich mich nicht mehr umdrehte, aber stelle mir vor, daß Mme Desolée, wie sie uns hinterhersah, ihrem Namen Ehre machte wie Unehr‘ ich der Impotenz.
Nun ist die junge Dame längst gegangen… neinnein! Haben Sie, Leser, denn g a r nichts verstanden? Freundin, klären Sie ihn bitte auf! Ach, Männer sind s o… wählen bitte Sie das Wort. Ich muß nämlich endlich endlich arbeiten. Mein >>>> DTs, schon jetzt, ist gänzlich unerfüllt. Die Mönche haben völlig recht… – So habe ich‘s denn wieder mal versaut, und Mme Desolée, in Wahrheit und auf ihre Weise, hat letztendlich doch gewonnen. Das wird der Contessa, wenn sie es hier liest, vermutlich nicht gefallen. Wenn ich Pech hab, zieht sie‘s mir vom Honorar ab, und ich dürft nicht mal nölen.
Verlagskorrespondenz.
München buchen.
>>>> Béart vielleicht
Mit einem wunden Schwanz. (Ich muß Ihnen, liebe Freundin, unbedingt von diesen Füßen schreiben… erinnern Sie sich an die Achselkapellen? Gewiß. Es waren ja die Ihren… Und diese Füße sind deutliche >>>> Motivverstärkung. Sie haben einen Unterspann, der denen beinah gleichkommt. Ich hab sogar ein Bild gemacht. – Doch nein! Genug. Genug. „Ich bin impotent“ und zeig es Ihnen n i c h t. Ende.)
Aber den Kraftsport wieder aufnehmen heute. Wiewohl das Wetter lieber laufen würde. Warum eigentlich das Training nicht einfach in den Park verlegen? ‘s gibt ja genügend Vorrichtungen dort. Keine Lust auf geschlossene Räume.
Am Abend schließlich Amélie.
Ihr,
bei nunmehr >>>> Peter Eötvös‘ DoReMi (Zweites Violinkonzert)
und gänzlich ununholdig jetzt:
ANH
Impotent ? Wenn’s mal nicht die Wahrheit ist. Würde eine Menge erklären.
Gin hilft auch nicht immer.
lächelnd@cotton: Gell? Dann bliebe Ihr Weltbild völlig unbeschädigt. Und weshalb sollte ich’s auch stören? Also, ja, liebe(r) cotton: Ich bin impotent.
(Gin ist mit Tonic Water wie Limonade.)
lächelt auch Der glücklichste Moment im Leben eines Mannes überhaupt, wenn er sich in dieser Frage outet. Er wird sozusagen unangreifbar.
@Felix: Ja. Genauso steht es oben im Text. Wie schön, daß Sie ihn nicht nur gelesen, sondern auch verstanden haben!
endlich mal ein fragment, das mir frisch klingt und mich nicht nach dreivier sätzen runterzog.
( formal )
inhaltlich interessiert mich schon lange nichts
mehr
herausragend
Inhaltlich ist eh alles mainstream, sogedeutet ist kein mainstream.
Ohne mainstream aber keine sensations.
Keine Wirkmächtigkeit, null Strahlkraft.
{ „Kraft im Park“
Warmlaufen 2 km / 10,6 km/h / 150 kCal
freie Kraftgeräte (Trimm-Installationen): Oberkörper/Bauch, ?? kCal
Auslaufen 1,6 km / 10,1 km/h / 118 kCal
Rad hin und rück, 100 kCal
68,8 kg
Körperfett 14,8 %
}