Und dann, als Eltern, wir, Béart – was geben wir nun weiter,
den Mädchen, den Jungen, wenn’s ihre Zeit wird – und reif
die weißen Trauben in den roten Reben hängen,
drinnen sie sich träumend wälzen, da sie heiter
doch noch Kind | fast schon nicht mehr sind
und spürn, Béart, des Bäumens ihrer Körper
dennoch Zueinanderwollen? | Car quel besoingest il mettre en lumiere
Ce qu’est Nature à cacher coutumiere?*
die uns, Natur, nicht nur entfremdet noch, die uns enteignet wird –
daß wir Dich nie mehr rufen dürfen, uns mit dem Tod zu küssen,
mit dem wir alle zahlen würden, und mit Respekt,
einen Vers, der leben, uns überleben wird, Béart
Wir tauschten Zeilen gegen Haut, und wär es nur ersehnte,
auf unsern Winterreisen ein glühend‘ Messer in der Brust,
brodelnd wie Vulkane, dem Meer im März gleich reißend …
Zerfetzt im Sturm die knatternde Flagge hoch am Besan,
und ist dann plötzlich wirklich da: | unheimlich Wirken
unsichtbarer, der kranken Erdenlunge selbst im Norden
beigewehter Virenhorden winziger apokylptischer Reiter,
Milliarden Reiterlein, wie von Bord, Béart, der Pandora
erbarmungslos losgelassen entweht – und sausen hernieder,
die gekrönten Sensenmäuler schwingend,
deren Gebißchen ihre Schneidezähne säen
und mähen uns hinfort, die Dich und das Organ gelästert,
so daß wir nunmehr, uns zu wehren, ganz alleine sind
– ein jeder Mann, der nicht ein holdes Weib,
ein jedes, das nicht eine Haut errungen,
an ihrer Leere weiß, die sie zu wärmen und zu füllen
da ist und den Körper wieder sein als Fleisch
mit Schweiß zu lassen und Sekreten,
von dem wir uns, Béart, beinah geekelt schon entlöst
und haben auf | zur Moral fahren lassen,
unsre Herkunft verratend, die Meere und Wälder,
und Tiere als Nutzviehdinge den Schlachthöfen zugetrieben,
bis zu den Waden watend in Küken, halb lebendig noch gerupft –
So rupft es nun uns nach Tausenden aus
ununterschieden nach Gender und ob wir weiße Männer sind,
ob dunkle nach der Haut —
doch da nun wieder die Blicke,
einander zu in den Parks, Béart, wie sie tasten,
noch fragend, doch schon fliegend wieder, fast,
daß sich ein Flirt des Zweimetergetrennseins erbarme,
einer zu einer sich lege und pflege Vereinung,
da wir zu Ostern nun Traurigkeit haben –
(…)
______________________________________________
*) → Clément Marot, A ceulx, qui apres l’epigramme
du beau tetin en feirent d’autres, 1535:
„Denn welches Bedürfnis ist es, ans Licht zu bringen
Was Natur gemeinhin verbirgt?“
>>>> Béart 48 (folgt)
Béart 46 <<<<