Darinnen des Wohnungsamtes Pankow bürokratistische Wirrungen, nämlich: Um zurück in die Arbeit zu finden ODER KONTRASTIERT The second Life of ANH. Im Arbeitsjournal des Montags, den 20. Februar 2023.

[Arbeitswohnung, 6.53 Uhr
Dieter Ilg, Ravel]

Nach solch einer Veranstaltungsreise bin ich immer ein wenig aus der Spur, es ist ein Surfen durch völlig verschiedene Welten – was unterm Strich der Literatur allerdings zugutekommt, schon weil sich die Erfahrungsräume erweitern. Und sie sichern die Ökonomie, ein wenig nur, aber spürbar. Das federt auch den lästigen Ärger ab, den ich derzeit mit dem Pankower Wohnungsamt habe, weil ich gar nicht einmal wegen meiner objektiv betrachtet doch geringen Miete – die wuppte ich schon selbst, habe ich wörtlich dem Amt geschrieben -, sondern wegen des Energiekostenzuschusses Wohngeld beantragt habe, dessen Erhalt bescheuerterweise an diese Wohngeldberechtigung drangeknüpft worden ist. Nun heißt es, ich hätte die mit vier (!!!) Monate auseinanderliegenden Schreiben angeforderten Unterlagen nicht eingereicht, die aber, diese Schreiben, bei mir nie angekommen sind. Daß sie es nicht seien, wird nun von den Sachberarbeiterinnen und Sachberbeitern des Amtes deshalb nicht akzeptiert, weil es bei ihnen keine Rückläufer gegeben habe — mein eigenes Argument also, nun aber ins Feld pro domo geführt.

© by

Gut möglich also, daß es zu einem Gerichtsprozeß kommen wird, bei dem ich allerdings nicht mal weiß, wie die Kosten aufzubringen; es wäre um Prozeßkostenhilfe einzukommen, alles Vorgänge, die nur Zeit fressen, viel Zeit; ich bin bereits so weit, alles hinzuwerfen, weil ich sonst niemals mit den Triestbriefen fertig werde. Was mich an der Angelegenheit nämlich besonders verstimmt, ist, daß diese Sachbearbeiter- & -innen bei nur acht Stunden täglicher Arbeit auch noch, wenn sie krank sind, weiterbezahlt werden, ja sogar den Urlaub bezahlt bekommen, etwas, wovon Künstler nur träumen können, wenn sie’s träumen denn wollten. (Ich will’s nicht). Es wird einem bei dem allen das ganze Kleinklein der Menschen auf degoutanteste Weise vorgeführt, kurz: Man verliert die Achtung vor ihnen.
Eine tolle Nummer etwa ist die mit meiner Miete (die bekanntlich, da noch ein quasi „Ost“vertrag, gering ist). Ich lege auf Anforderung Mietvertrag (von 1994!) vor, nachdem ich zuvor schon meine Mietüberweisungen per Kontoauszug nachgewiesen hatte, sowie das Schreiben zur letzten Mieterhöhung, und jetzt stellen die fest, daß ich zweimal 11 € weniger überwiesen habe; also stimme meine Mietzahlung doch nicht, und sie könnten auch das nicht akzeptieren. Wohlgemerkt, es geht um zweimal elf Euro, also in Zahlen 22 – nämlich genau den Betrag, der sich aus der letzten Nebenkostenabrechnung als Gutschrift ergab und den ich der Einfachheit halber und nach telefonischer Absprache mit der Hausverwaltung schlichtweg gegen die Mietzahlungen verrechnet habe. Wo also liegt das Problem? Jetzt wollen die vom Amt, daß der Vermieter eine Mietzusammenstellung erstellt, die ich denen dann schicken soll. Es ist einfach nur bizarr, gewissermaßen eine Berliner Neuauflage von Zuckmayers Hauptmann von Köpenick. Eigentlich läßt sichs gar nicht glauben, daß es so etwas noch gibt, ich meine, 21. Jahrhundert ..! Und da macht einer wie ich sich Gedanken über moderne künstlerische Formen. Ist doch völlig klar, daß Menschen wie diese Sachbearbeiter und deren Innen nicht mal den Ansatz solcher Überlegungen auch nur bruchteilsverstehend nachvollziehen können  – um von meinem Weltensurfen besser g a n z zu schweigen. Wieviel Zeit, also L e b e n dabei verloren geht! Es ist zum Heulen.
Da traf es sich wie befreiend, daß gestern unerwartet von ganz anders woher etwas an mich herangetragen wurde, das es möglich machen wird, den Leuten diesen ganzen papierenen Müll mit der Bemerkung einfach vor die Füße zu schmeißen, daß mir meine Lebenszeit zu wichtig sei, um mich mit derlei Quatsch noch weiter zu beschäftigen; mögen Sie das mir zustehende bißchen Geld in ihrer nächsten Stammkneipe vertrinken gehen und sich dann gern auch auf die Schenkel klatschen, weil ihnen mal wieder ein „Sieg“ gelungen. Kann ich schon verstehen, daß bei so viel Enge ein bißchen Machtgefühl ganz gut tut. Das hat ja auch die Kapos Kapos unwidersprochen werden lassen. Innere mit äußerer (ökonomischer) Sicherheit verbundene Enge liebt die autoritären Systeme; in Freiheit bekommt sie die Atemnot zu spüren, die sie hat. Schlimm ist ihnen nicht, daß sie sie haben, sondern sie zu spüren.
Und damit jetzt genug.

Ich bringe also die letzten beiden Schreiben heute noch zuende und mach dann einen Haken hinter alles. Völlig quatschig, mir noch einen Prozeß aufzubinden, der, anders als der Triestroman, in zehn Jahren … was sag ich?! übermorgen schon vergessen sein wird. Ich muß mir, daß ich recht habe, nicht bescheinigen lassen — und aufs Recht, also das bisserl Geld, verzichten. Und eben auch im kommenden Winter nicht heizen; es ging ja dieses Jahr ganz gut. Wobei, wenn man dreieinhalb Tage in einem Hotel zugebracht hat, friert man dann gestern s c h o n ein wenig, wenn zurück daheim. Heute ist es schon bessser, ich war auch übermüdet und hatte, da meine Rückreise vorgestern erst nachmittags begann, den Vormittag in der Sauna verbracht — meine Güte, zum ersten Mal seit der Krebs-OP wieder und gleich fünf Gänge hintereinander, zwei davon mit Aufguß, die ich aber gestern erst spürte, Zittern, Frösteln usw. Während der Saunazeit-selbst nahm mein Kreislauf die ja doch auch äußerst angenehme Anstrengung ohne auch nur zu zucken hin. Es war beinahe wie früher, Pausen zwischen den Gängen brauchte ich nie.

Wie auch immer, ich sitze an meinem Schreibtisch wieder. Nachmittags, denke ich, werde ich die Triestbriefe erenut aufnehmen können, muß ja einfach nur weiterschreiben, jetzt in Triests „Chiesa dei Gesuiti„, darin es um das Weihwasser geht, das nicht – coronahalber vermutlich – in den Becken stand, sondern in kleinen Plastifläschchen feilgeboten wurde. Nein, liebste Freundin, das ist keine Erfindung. Als mein, nun jà, „Held“ es sieht, versteht er unmittelbar, was Nimueh von ihm wollte:

Und damit beginnt dann die, sagen wir, Erlösung. Das ist fast katholisch gedacht, aber in meiner heidnischen Spielart. So gesehen ist die zur Maggiore hinaufführende Scalinata delle Medaglie D’Oro der Pfad übern Läuerungsberg und dies hier, tatsächlich, das herrliche Fresco des Kuppelinnern:


Ihr ANH

 

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .