Homosexualität. Natur und Kunst. Kot. Paglia ff.

Die männliche Homosexualität ist möglicherweise der beherzteste Versuch, der ‚femme fatale’ zu entrinnen und die Natur zu überwinden. Dadurch, daß er sich von der medusischen Mutter abwendet, egal, ob aus Achtung oder aus Abscheu vor ihr, wird der männlche Homosexuelle zu einem der großen Stfter der absolutistischen westlichen Identität. Am Ende siegt jedoch wie stets die Natur, die für Promiskuität den Preis der Geschlechtskrankheit fordert. (47Der letzte Satz widerlegt sich über die nach hunderttausend zu rechnenden heterosexuellen Tripperkranken von selbst. Doch ist es vor allem zum einen nahezu völlig aus der Sicht der puritanistisch-verklemmten US-Gesellschaft gedacht (an anderer Stelle schreibt Paglia, der Homosexuelle habe seine tiefsten Leidenschaftserlebnisse auf öffentlichen Toiletten; in Europa mag das mal so gewesen sein, hat aber ganz sicher spätestens in den Achtzigern aufgehört), zum anderen – da Paglia dem Homosexuellen die westliche Reinheitsvorstellung ganz besonders zuschreibt; in ihm habe sich gewissermaßen die Abkehr vom Unklaren Morastigen des weiblichen Naturgrundes am stärksten ausgebildet – übersieht sie, daß keine andere Form des Geschlechtsverehrs so viel mit Kot zu tun hat, wie gerade diese, notwendigerweise, und ‚morastig’ ist Kot ja wohl auch. Außerdem spielt in homosexuellen Szenarien das andere Gegenbild zum Apollinischen, das Paglia immer wieder formuliert, nämlich Schleim, eine ebenso große Rolle wie in heterosexuellen Settings, ja eine größere womöglich, da bis ebenfalls weit in die Siebziger unter nicht wenigen Frauen (und, da wäre Paglia zuzustimmen, als apollinische Folge) eine Art heftiger Abscheu vor Sperma wirkte. Die zu vermeidende Naturnähe holte sich dagegen beim Homosexuellen auch damals schon ausgesprochen direkt im Liebesakt wieder herein. Hier schaut Paglia lieber ‚nicht so genau hin’, da geht ihr Blick, der mit den Männern nach oben gerichtete, d r ü b e r. Ihren Grundannahmen nimmt das nichts, wohl aber den affirmativen, enthymembesetzten Schlüssen, die sie sich ganz unbedingt auf die Seite des westlichen Kapitalismus schlagen läßt.
Der Grundmechanismus der Empfängnis verlangt vom männlichen Geschlecht Aktivität, vom weiblichen hingegen aufnahmebereite Passivität. Als ein eher natürlicher und nicht gesellschaftlicher Austausch ist Sexualität deshalb tatsächlich eine Art von Aufsaugen männlicher Energie durch weibliche Fülle. (…) Der latente Vampirismus der Frau ist kein gesellschaftlich bedingtes Fehlverhalten, sondern eine Konsequenz ihrer mütterlichen Funktion (…). (43) Paglia übersieht die Leidenschaft der Frau, wenn es darum geht, daß sie empfangen w i l l: kaum ein Mann kommt an diese Übertretungslust heran, ist sie erst einmal entfesselt. Und da wirkt eben W i l l e, nicht Passivität, und zwar auch dann, wenn der Wille in seinen ganzen dynamischen Spielarten kein bewußter ist.

2 thoughts on “Homosexualität. Natur und Kunst. Kot. Paglia ff.

  1. Den Klappensex gibt es übrigens nach allem was ich weiss in der Schwulenszene durchaus noch, … … allerdings werde ich dennoch den Eindruck nicht los, dass Paglia *grundsätzlich* keine irgendwie fundierte Ahnung hat, wovon sie schreibt und dazu tendiert, munter ins Blaue hineinzuformulieren und imposante luftige Wölkchen zu produzieren.

    Noch ein Beispiel zum «Sieg der Natur»? → Mittlerweile hat man herausgefunden, dass männliche Homosexualität signifikant häufiger in Familien auftritt, in denen die Frauen zu höherer Fruchtbarkeit und Gebärfähigkeit neigen. Soviel zur Natur.

    Das sind Bücher, die sollte man bestenfalls dazu benutzen um wackelnde Tische zu stabilisieren, auf die man Lesenswerteres legt.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .