Sehr geehrter Herr Herbst!
Vielen Dank für Ihren Text. Leider gibt es damit einige Probleme in Salzburg. Nach ausführlicher Diskussion mit den Salzburger Festspielen und dem gesamten Produktionsteam ist man zu der Überzeugung gekommen, daß der Text , wie er hier vorliegt, nicht geeignet ist, im Programmheft abgedruckt zu werden. Das tut uns sehr leid, und wir möchten Ihnen als Entschädigung ein Ausfallhonorar von 250 Euro anbieten.
Viele Grüße von
Y. G. Dazu DU: tut mir leid, dass es nun schwierigkeiten gibt. ich dachte, es nutzt vielleicht was und macht dir spaß; den scheint es immerhin beim schreiben gegeben zu haben: und beim lesen jedenfalls. ich habe mich sehr amüsiert, und finde das szenario sehr schön. aber klar: ein böser satz über salzburg und eine beklemmende vorstellung fürs liebe “kultur”publikum… Und RHPP: Zu Mozart – toller Text. Daß die den nicht nehmen, hätt ich Dir aber gleich sagen können… Warst Du schon mal bei den Festspielen? Bist Du sicher, daß die Dich als Autor gefragt haben? Oder geht die Anfrage zurück auf Deine Opernkritiken? Klar ist, daß bei den Festspielen ein gänzlich anderes Mozartbild gepflegt wird als Du es beschreibst. Wenn Du es in Andeutungen beschrieben hättest, hätten sie’s als Exoticum vielleicht noch genommen. Aber in der Deutlichkeit?
Macht aber nichts: Dein Text ist als solcher schön; das Ganze hat sich gelohnt als Auslöser für die Entstehung dieses Textes.Und UF: du erinnerst meine diesbezügliche nachfrage? es gibt zöpfe in salzburg, unglaublich. nimm ja das ausfallhonorar – denn zugesichert war alle künstlerische freiheit. und stell den text sofort in die dschungel – der muß unter die leute….Das tu ich nun n i c h t, sondern werde ihn, wenn denn Salzburg endgültig beim Nein bleibt, anderweitig anbieten. Nehmen Sie mir das nicht übel. (Langsam, das ist allerdings zu bedenken, werde ich ü b e r a l l zum Unhold.)
Salzburg sagt ab (Mozart: „Was hasse ich Salzburg!“) . Mozart in Salzburg. (3-5).
[Biedermeier. Ich faß das einfach nicht.]
Von RHPP. Mozart in Salzburg. (4). Die Welt ist nicht (immer) so schwarz/weiß, wie manche sich das vorstellen. Auch in Salzburg bei den Festspielen sitzen Menschen – sowohl im Publikum als auf Veranstalterseite – die (respektable) – Gründe für ihr Handeln haben können. Um mich kurz auf die Veranstalterseite zu schlagen: daß das einseitige Mozartverschokoladen an der Sache vorbeigeht, sieht man doch auch dort. Sonst hätte Harnoncourt seine bitterböse Schelte kürzlich dort nicht abliefern können. Zu Deinem Text im Gegensatz war dies ein Vortrag, das heißt: es war eine einmalige Gelegenheit und der “Schimpfer” war persönlich anwesend, dazu noch einer, dessen Liebe zu Mozart und seine Sachkompetenz außer Frage stehen. Insofern war sein Vortrag zwar… nun ja: in der Schule hieße es: Thema verfehlt… aber trotzdem war dies so machbar.
Mit Deinem Text ist das anders: er hat zwar auch (als Programmhefteinführung zu “Zaide”) sein Thema verfehlt, wenn auch mit Größe – aber er bliebe, ohne hinterfragt/kritisiert/diskutiert werden zu können – die ganze Saison im Programmheft, ohne physische Präsenz des Autors. Und so möchte ich bei Dir um Verständnis werben für eine Entscheidung, die möglicherweise der verantwortlichen Person den Job gekostet hätte, wenn sie den (wie gesagt sehr schönen) Text ins Heft aufgenommen hätte. Nicht die bäslebriefische Direktheit war das Problem Deines Textes, sondern: die Frage nach dem Adressaten, nach dem Medium war nicht gelöst.
An RHPP. Mozart in Salzburg. (5). Ich kann weder bei Harnoncourt, dessen Beitrag ich leider nicht kenne (ich schätze den Mann ungeheuer), noch bei mir ein “Thema verfehlt” finden. Ich selber hatte expressis verbis den Auftrag, meine Fantasie spielen zu lassen, das habe ich getan, habe etwas über Bewegungsgewalten geschrieben, die einen Künstler treiben – gerade dieses Getriebene wollte ich zeigen, aber nicht hochpathetisch eben, sondern mit dem ganzen burlesken Witz, den das eben a u c h hat: dieses Übertrumpfende, das so sehr viele Hochbegabte haben und sie immer etwas irre wirken läßt – in Kleinigkeiten nur, aber das sind Verschiebungen zur ‘normalen’ Alltagswirklichkeit, die dann sehr auffallen. Bei Mozart ist das verbunden mit Sinnesfreude, er hat da, sagen wir, einen Tick. Solcherart Macken kommen ja bei einigen von uns – ich las vorgestern in einem Zeitungsausschnitt dieses Wort – Kreativlingen vor; die passen halt nicht ins Wohnzimmer; es kann einfach passieren, daß sie da irgendwo in die Blumenvase pinkeln, ohne daß sie das bös meinen, ja oft merken sie den Übertritt gar nicht, so normal kommt ihnen der Akt vor.
Und was den nicht-definierten Adressaten anbelangt, so hätte mein Text doch mit ganz-anderen Texten innerhalb der Programmheftes gestanden, er wäre eine Facette gewesen, nicht mehr, und hätte a l s Facette seine Bedeutung gehabt. Im übrigen ist das Textchen ja ein Divertimento, ein Spaß, ein Spiel – das man eben nur dann nicht goutieren kann, wenn man seinen Gegenstand für heilig, für unberührbar hält und ihn säkular, wenn nicht sogar sakral fetischisieren will. Das scheint mir hier der Fall zu sein – ohne daß ich freilich Näheres weiß. Denn eine inhaltliche Begründung wurde mir bislang nicht gegeben; auf meine Nachfrage ist seitens der Salzburger Festspiele bis heute nicht geantwortet worden.
P.S.: Es war mit dem Auftrag ganz direkt n i c h t eine Programmhefteinführung zu Zaide gewollt; ich hatte das angeboten, aber man wollte es gar nicht haben. Sondern ich sollte ganz frei, unabhängig von irgend einem Werk, etwas schreiben.
Holy Mozart Warum die den Mozart in Salzburg nicht wollten, ist ja klar. Wenn man auch mit zeitlichem Abstand ach so locker mit ihm umgeht und so kulant ist, zuzugeben, daß er bei Tisch manch Püperchen fahrenließ; eigentlich will man ihn doch lieber im Heiligenschrein – possierlich anzuschauen und absolut harmlos. Und er muß auch ewig der arme betrogene Künstler bleiben, nicht das geile Lebensvieh, das einfach alles durchgebracht hat. Ein Genie hat halt die Fingernägel sauberzuhaben, es kann nur lieben, aber niemals ficken, schaut den Damen verschämt in den Ausschnitt, weiß aber nicht, was Titten sind. Und ein solches Genie dann noch mit eigenen Zitaten vorzuführen…
Letztlich isses immer das gleiche: Man gibt Kunst in Auftrag, will aber nur was Hübsches haben. Und da man das als Auftraggeber nicht zugeben kann, hat halt der Künstler enttäuscht. Aber das muß Dich eigentlich nicht interessieren. Du kannst eh nicht anders, sonst wärst Du Kunsthandwerker geworden und würdest für Wochenendbeilagen permanent nette Texte erbrechen.
Übrigens: Den Mozart kann ich mir auch wunderbar als ein Kammerhörstück vorstellen. Der Text schreit förmlich danach…