NFS (Netzfrauen-Syndrom). § 23.

[Bei Händel im Kopfhörer: Rodrigo. Und die verschneite, besonnte Bergwelt hinter Wörgl vor Augen.]

Es wird Widerspruch geben, dennoch führe ich nunmehr diesen Begriff als Krankheitsbezeichnung in die Symptomatologie der Seelenkunde ein. Es gibt bereits heute Erkrankungen des – in weitem Sinn verstandenen – Geistes, die sich nicht in der Organik, sondern, sozusagen ausgelagert, im Netz manifestieren, und zwar dort, weil der objektiven Entfremdung das Krankheitsbild entspricht. So wird das Netz zu einem materialisierten Zentrum der Psyche.

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5 thoughts on “NFS (Netzfrauen-Syndrom). § 23.

  1. Netzfrauen, Vorstellungen. Auch für die Diskussion über Mißbrauch. Der virtuelle Raum eignet sich meiner Meinung nach für viele Menschen als quasi geschützter Bereich, der es einem erlaubt, sich Themen anzunähern, die nur verstohlen vielleicht der besten Freundin zugeflüstert werden. Es ist – weit mehr als Kommunikationsraum – so etwas wie eine „Gehschule“ oder vielleicht noch besser wie ein Areal für Schleuderkurse. Bevor ich mich in die „freie Wildbahn“ begebe, versuche ich mich hier, nähere mich an, versuche mich im Geist hineinfallen zu lassen in eine Situation, die ich mir ersehne, wie sie mich auch abschreckt.
    Dem „Du“ im Netz ist es so viel leichter, die eigenen „Abgründe“ zu offenbaren. Zieht er sich angeekelt zurück, so hat das keine Konsequenzen. Man trifft ihn nicht mehr in seinem Stammlokal, auf der Straße, im Supermarkt. Es ist auch in gewisser Weise ein Raum für ein Psychodrama-Setting, in dem ähnliche Situationen immer wieder durchgespielt werden können und man selbst anhand der Reaktion des jeweiligen Gegenübers unter Umständen den eigenen Aktionsspielraum dann auch im realen Leben erweitern kann. Manche Menschen gehen sogar so weit, virtuell zu sterben, anstatt den realen Suizid zu verüben.
    Hier könnte man „Lug“, Trug, „Falschheit“, ein bewusstes Spielen orten. Und ich sage nicht, dass es das nicht AUCH gibt, ich denke jedoch, dass das die Minderheit darstellt – vor allem die Minderheit unter denen, die Sie „Netzfrauen“ nennen. Eine Sehnsucht darf artikuliert werden, ohne eingelöst werden zu müssen. Das Netz gibt die Erlaubnis, sich bis an den Rand vorzuwagen und immer die Möglichkeit zu haben, vor der eigenen Courage doch zurückzuschrecken. Und dann genügt es, einen Knopf zu drücken und zumindest vorübergehend auf „Pause“ zu gehen.

    1. @Carolin F. Ja eben. Dazu wird das Netz m i ß b r a u c h t, nämlich dann, wenn das Gegenüber von allem Anfang an sagt: Aber nur real. In meinem Fall war das einige Male so. Ich habe reine Netzliebschaften immer abgelehnt und lehne sie weiterhin ab. Das war jeder dieser Frauen klar. Dennoch haben einige immer weitergebaggert und also eine Abhängigkeit und Verliebtheit geschaffen, die real war bei mir, bei ihnen aber offenbar nicht. Letztlich, Carolin, sind solche Frauen ihrerseits Mißbraucherinnen. Sie ließen andernfalls den Kontakt endlich ruhen. Tatsächlich gehen viele aber weiter und w o l l e n nicht, daßman sich zurückzieht. Dann locken sie einen immer wieder heraus: mit Emails, in den Messengers, auch mit Anrufen. Läßt man sich darauf ein und fragt dann wieder nach einem Treffen, sagen sie erst ja, aber in aller Regel verschwinden sie einzwei Tage vor dem vereinbarten Treffen und sind nicht mehr erreichbar. Also zieht man sich wieder zurück. Und abermals hat man plötzlich eine Mail oder einen Anruf…

    2. Konkretes und Allgemeines. Ich wollte jetzt weniger über einen direkten Anlass sprechen, als auf die Metaebene wechseln. In den bestimmten Fällen haben Sie natürlich Recht. Ohne Frage. Ich glaube aber, daß diese bestimmten Fälle in der Minderzahl sind. Wenn Sie klar sagen „nur real!“ muss das akzeptiert werden. Vielleicht zieht auch jemand wie Sie diese Minderzahl an. So wie viele sich immer wieder Männer kreieren, die sie zum Opfer machen, so scheinen Sie sich immer wieder Frauen zu kreieren, die Sie zum Täter machen. Beides sind zwei Seiten einer Medaille. Für die Mehrzahl gilt, was ich vorher gesagt habe.
      Generell meine ich, dass dieses Sich-selbst-erkunden im Netz per se keinen Missbrauch dieses Mediums darstellt, sondern dass es geradezu dazu einlädt. Und es liegt am Individuum selbst, ob es das als Chance wahrnimmt oder hier einem „Fluch“ anheim fällt.

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