Weil in ihm mitschwingt, daß man sich abzufinden habe. Es ist insoweit immer religiös, das heißt: es bezieht sich auf den Glauben und nicht auf ein W i s s en.
(Wir aber s u c h e n den Gral. Und warten nicht darauf, daß er uns finde. Das, in der Tat, ist Europa. Die Ilias ging daraus hervor, die Odysse, Penthesilea. Und eine unvergleichbare Musik. Denn der Gott Europas ist die Kunst und diese aus dem Menschengeist und den Menschenlüsten g e s c h a f f e n: Bildnisse sollst du dir machen.)
Auf die Gefahr hin, mich unmöglich zu machen:
1. w u r d e n wir erlöst, während man in manchen asiatischen Traditionen das Erwachen s u c h t .
2. Unsere Musik mag unvergleich l i c h sein, unvergleich b a r ist sie nicht.
3. Alles, was da in der Klammer steht, halte ich für historisch falsch, ästhetisch überholt und für tiefstes 19. Jahrhundert (ein tolles Jahrhundert, freilich, aber ich ziehe das 18. vor): Aber wo es einen hinbringt, welche Bildnisse sich einer gemacht hat, macht und hoffentlich machen wird, der sowas, nein, nicht weiß, sondern g l a u b t , dass der (zumindest) einen der g u t e n (ich sage nicht besten: Der Superlativ kaschiert ja doch immer nur die allzu geringen eigenen Kenntnisse) deutschen Romane nach 1945 geschrieben hat (ich gebe zu, der Anlass, über Wolpertinger zu schreiben, ist von mir mutwillig konstruiert): Darauf kommt es ja wohl an.
Da besteht keine Gefahr, daß Sie sich mit einem Glauben für Die Dschungel lächerlich machen. Ich bin mit sehr vielen gläubigen Menschen befreundet und a c h t e ihren Glauben, auch wenn ich ihn nicht teile und manchmal sogar (politisch) für gefährlich halte. Die Frage ist in der Tat: Wohin führt eine(n) ein Glaube. Die von mir sehr verehrte junge Dichterin Ricarda Junge ist ausgesprochen gläubig; ich bin >>>> in einem Vortrag darauf eingegangen. Ihr Glaube hat ihr eine Distanz von sich selber ermöglich, die zu einem gaz hervorragenden Roman geführt hat – gegen die eigenen Intentionen sogar geschrieben bisweilen. (Daran erkennt man oft D i c h t u n g: daß sich die Intention ihres Autors zumindest ambivalent zum späteren Text verhält; das gleiche gilt für Filme und Bilder). M e i n Glaube, ja, Padre, das sehen Sie richtig, ist einer an die Kunst. Für erlöst halte ich mich deshalb nicht – auch durch Kunst gibt es keine Erösung, wohl aber einen erfüllenden Rausch -, und ich wäre auch zu stolz, jemandem zu e r l a u b e n, meine Schuld (was immer sie nun sei) auf sich zu nehmen. Für mich persönlich fällt sowas unter, um es ironisch zu sagen, i>Geschäftsführung ohne Auftrag. Aus der Erlösungssicht argumentiert, stehe ich dann sogar mehr auf der ‚asiatischen‘ als auf der europäischen Seite… wobei das mit einem Blick aufs buddhistische Indien sogar plausibel ist, nicht aber auf Fernost. Andererseits w i l l ich gar nicht erlöst werden, sondern ich w i l l diese Welt, und ich möchte sie, soviel eben a u c h zum Wolpertinger, lieber heidnisch als monotheistisch. Vor einem Baum oder einem Strauch oder einer Welle – ja, ich weiß: Kitsch -, da verbeuge ich mich; vor einem Gott aber nicht. Deshalb noch einmal: Ganz Europa ist Prometheus – oder Luzifer, der ja ebenfalls eine promotheische Lesart ist. Der frühen Moderne des 19. auf das 20. sowie des 20. Jahrhunderts war das völlig bewußt. Nach dem fälschlicherweise so genannten Kahlschlag wurde es nicht vergessen, sondern vergessen g e m a c h t, damit der a n d e r e Monotheismus, das Kapital, siegen konnte, dessen Kunst der allgemeinverständliche und deshalb formal regessive Pop ist.
Um ein paar (selbstverschuldete) Mißverständnisse auszuräumen: 1. verdankt sich der Nickname padregiovanni a) einem lieben Freund von mir, der davon gar nichts ahnt, und b) der Tatsache, dass ihn im Netz (soweit mir bekannt) niemand außer mir nutzt: Das ist praktisch. Er hat also keinerlei klerikale Konnotationen.
2. Bezog sich der Widerspruch auf Ihre Entgegensetzung Gral suchen – Sich vom Gral finden lassen und reklamierte eben die aktive S u c h e für die von Ihnen ins Duldereck gestellten asiatischen Traditionen.
3. bezog sich „unmöglich machen“ keineswegs darauf, dass ich mich mit einem Glaubensbekenntnis lächerlich gemacht zu haben glaubte (mein Kommentar enthielt keines), sondern auf meinen heute nun schon wiederholt geäußerten Widerspruch.
4., aber das ist nur eine klein(lich)e Anmerkung, ist der Buddhismus im Fernen Osten seit vielen Jahrhunderten wohl weiter verbreitet als in Indien.
Mißverständnisse. 1) Eigentlich schade. Einer meiner entschiedensten Lehrer und zugleich Widersprecher war (oder, weenn er noch lebt, i s t es) Jesuit. Letztlich verdankt sich, daß ich eine Rubrik hier LOYOLA nenne, i h m. Aber ich sah ihn seit knapp 25 Jahren nicht mehr.
2) „Duldereck“, schon gar „Eck“ ist weder meine Formulierung, noch die Intention meiner Aussage, so etwas auch nur nahezulegen. W o h l aber sprach es f ü r den Willen, nämlich europäischer Couleur. Es war ein Reflex auf LeserIns Vorhalt. D a ß aber an diesem Europa etwas Eigenes i s t, scheint mir spätestens klargestellt zu sein, seit es in Berlin eine Kneipe gibt, die ALTES EUROPA heißt. Mit Recht. Gegen das in den USA verkommene NEUE EUROPA.
3) Niemand macht sich mit Widerspruch lächerlich in Den Dschungeln, solange er argumentiert und Schneisen schlägt oder zu schlagen versucht, auf denen andere – und auch ich – durchs Dickicht kommen.
4) Selbstverständlich. Gerade darum hat er dort (aber eben persönlich für mich) eine solche Bedeutung. Zugleich, und völlig in Widerspruch dazu, haben mir bislang sämtliche Religionen gut gefallen, die v i e l e Götter (vor allem: Göttinnen) heben. Und wenn die dann auch noch K ö r p e r bekommen – als Statuen, als Gewächse, als Häuser,als Tier -, dann bin ich nahezu glücklich.
Guerillera Suchten Sie
Dora María Téllez ?
Leider nicht. Ich hab es mit der Suchfunktion überprüft. Dennoch ist der Hinweis hilfreich: bei einer Überarbeitung könnte sie Frau Téllez auch in den alten Text hineinfügen; dann wäre die Formlklammer geschaffen – und zugleich schreibt sich seine Geschichtlichkeit in den Roman. Danke.
„Weisheit verdächtig“ ja, dem ,
der kurz nach dem mauerfall
in berlin aufkreuzend
fragt:
„weißt du vielleicht, wo ich meine tabakspfeifen polieren lassen kann?“
und sich dann wenige stunden später von seiner frankfurter lebenspartnerin
die kneipenzeche bezahlen läßt:
„ich habe kein geld!“
und sich einen tag später von einem restaurant-galeristen anstaunen läßt:
„der läuft im oberfeinsten zwirn durch die welt und erzählt mir, er
könne das bier nicht bezahlen, das er in meinem restaurant getrunken hat?
was spielt der?“
Tja, was spielt der, der vonsich sagt, er sei nicht korrumpierbar?
abzocker, erpresser, zuhälter?
mensch, der sich nur wertvoll fühlt, wenn ihm andere menschen
zu diensten sind?
armer moloch?
fass ohne boden?