Körperliche Vereinigung. Religiosität.

Jeder Geschlechtsakt ist eine Art Gottesdienst, ob wir das wissen oder nicht und schon gar, ob wir das wahrhaben wollen. Nämlich weil er seinem Prinzip nach schöpferisch ist. Daran ändert weder eine Verhütungstechnik noch ein Versagen der Physis etwas.
Männer opfern den Frauen, diese den Männern – und zwar jeweils sich.

Die Spuren dieses religiösen Aktes langen sogar noch bis tief in die verdinglichte Sexualindustrie: man erkennt einen guten pornografischen Film an seinen starken sakralen Elementen; diese wirken n a c h. Indes ist der schlechte allenfalls platt; hat er seinen Zweck erfüllt, ist omne animal eben nicht traurig, sondern: – ernüchtert.

14 thoughts on “Körperliche Vereinigung. Religiosität.

  1. Als Atheist stehe ich dieser seltsamen Aussage nicht nur zweifelnd gegenüber, sondern möchte sie sogar heftigst verneinen. In einem Pornofilm ein sakrales Element zu sehen, zeugt davon, das sich der Schreiber wahrscheinlich schon lange nicht mehr mit Porno beschäftigt hat, zumal die Bezeichnung “guter Pornofilm” mindestens erklärungsbedürftig wäre.

    1. Der Schreiber kennt sich in pornographischen Filmen sogar ausgesprochen gut aus. Eines >>>> meiner ersten Gedichte galt Claudine Beccarie, einer französischen Porno-Darstellerin. Damals war ich siebzehn. Pornographie hat bis heute mein Leben begleitet und nicht wenig Einfluß auch auf meine eigene Arbeit genommen. Die sakralen Elemente lassen sich ausgesprochen gut in den Filmen analysieren; sie begleiten das Pornographische ganz ebenso wie den strip tease, auf dessen religiöse Ur-Kraft sich sogar Richard Strauss in Salomes Schleiertanz beruft.
      Übrigens nannten sich die ersten Christen A-Theisten, um sich von den römischen “Heiden” abzusetzen, die eben “Theisten” waren. Es gibt eine sehr schöne Ausführung Ernst Blochs über diesen Zusammenhang.

    2. Was Sie in Ihrem Beitrag beschreiben, ist Religion, Herr Herbst. W i e Sie es beschreiben, auch…
      (Ich gestehe, d a s hat mich dann doch ein bisschen verblüfft.)

  2. Herbst! Sie sehen mich entzückt.
    Dass Sie hier mal Gnosis pur von sich geben….! Lacht herzlich.
    Ich habe nichts hinzuzufügen.

    @Hediger: Nicke lachend: Re-ligio (etymologisch) *zwinkert.

    1. da ist es wieder, ihre sprache, anh, sie kommen so sprachlich und stilistisch nicht auf höhe, oder nur auf kniehöhe ihrer vorbilder…sie müssen sich anders sammeln und mehr konzentrieren..damit sie als eigenständige stimme zu hören sind. so ein bisschen naturmystik ist attraktiv, aber sie sollten mehr an durchdringung arbeiten, an eigenständiger stimme, letztlich auch gedanken, sonst sehe ich immer nur b-movies, wo nonnen und kapuzenmönche bei flackernden kerzen in alten klostergemäuern sich gegenseitig ans fleisch gehen.bei gregorianischen gesängen aus dem ghettobluster.., in new york waren solche partys vor ungefähr 15 jahren angesagt. mit entsprechenden kostümen. sie müssen trends setzen, herbst.

    2. “sonst sehe ich immer nur b-movies”. Man kann nur sehen, was die eigene Linse zuläßt. Der Rest ist Projektion. Und Sie scheinen von der Ihren dermaßen getrieben zu sein, daß Sie immer wieder hierherkommen müssen, um bei mir zu lesen.

      Dabei muß i c h (Achtung: Synkope:) gar nichts, Herr Anonym. Schon gar nicht Ihnen ein Bedürfnis befriedigen, das Ihnen offenbar auch niemand anderes befriedigen kann, sonst läsen Sie ja dort, nicht hier. Oder erfüllten es sich selbst, was immer die bessere Lösung für den Triebstau ist.

      (Hübsch aber, wie sich ein so kleines, fünf Jahre altes Notat jederzeit wieder beleben läßt. Und bei d i e s e m Kommentator komme ich gar nicht drumrum, den Neid zu wittern: So sehr riecht er.)

    3. Etwas spät komme ich hier längs Sie haben geschrieben: “Jeder Geschlechtsakt ist eine Art Gottesdienst, … Nämlich weil er seinem Prinzip nach schöpferisch ist.”
      Seit wann ist der Gottesdienst “schöpferisch”? Es ist ja das große Dilemma der vorderaisatischen Religionen, dass Sie das Diesseits und die schöpferische Tätigkeit im Diesseits weit unter das paradiesische Nichtstun im Jenseits stellen. Im kämpferischen Flügel des Islam geht die Abwertung des Schöpferischen besonders weit – das Zerstören ist da der schnellste Weg zu den Himmlischen, denen wir “nie näher sind denn als schlafender Säugling.” Der Geschlechtsakt hat mehr Gemeinsamkeit mit dem rituellen Ackerbau (Boden und Samen). Am ehesten sehe ich eine außerreligiöse Verbindung zwischen Beten und Beischlaf – wenn man es nur in-brünstig genug betreibt, führt beides zu ekstatischen Eerlebnissen, die für vernünftige Worte nicht mehr zugänglich sind, es sei denn man wird neurologisch. Eine große Differenz besteht im übrigen in der Orgasmusfähigkeit. Die Climax möchte der Gottesdienst vielleicht gerne einmal erreichen, schafft es aber so gut wie nie (kuriose Sonderfälle mal außer Acht gelassen). Demgegenüber wird beim Sex die Mischung aus Kollaps und Lusthöhepunkt sogar erreicht, wenn die innere Beteiligung nicht weit über einem ordentlichen Besäufnis angesiedelt ist. Aber wie gesagt: Man kann in manchem Pornofilm auch eine Art Gartenarbeit mit mutuell krankenpflegerischen Aspekten sehen.

    4. wenn sich ein bekannter schriftsteller selbst beschimpft dann macht das interessant – oder? ohmeingott hat zu sehr ihre eigene sprache, herr herbst. das kriegen ihre leser schon mit. sie können uns nicht täuschen.

    5. @Joseph. Sie irren sich, insofern sich das in meinem Text gemeinte “er” grammatisch nicht auf den Gottesdienst, sondern auf den Geschlechtsakt bezieht; ich wiederhole das Subjekt des Satzes. Anderenfalls hätte ich “dieser” geschrieben.
      Im übrigen halte ich auch den Ackerbau für eine Art Gottesdienst, dessen Erfüllung im Genuß der Sättigung dessen besteht, der ihn betreibt; auch die Wollust der Geschmäcker kommt hinzu. Allerdings bleiben solche Früchte der Erde immer abgerungen, es kommt nicht zur Vereinigung, jedenfalls nicht zu einer dem Geschlechtsverkehr vergleichbaren in dem, was wiederum Sie interessanterweise einen “Kollaps” nennen. Der Ackerbau bedarf der Individuation, die sich im Orgasmus nach Art der benjaminschen Wahrheit eben auflöst.

      (Aber zurück >>>> in die Realität; mein Junge kommt gleich in die Arbeitswohnung und möchte etwas zu essen haben: nun wohl, a u c h eine Formklammer.)

    6. @Joseph Dass “die” “vorderasiatischen” Religionen tatsächlich Religionen sind (nach welchem Verständnis auch immer) ist ja schon eine Zuschreibung. Deswegen scheitert ihrer Komparatistik auch: An ihrem Religionsbegriff.

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