Das Private ist politisch. Psychoanalyse.

Die Trennung von öffentlicher und privater Sphäre verkennt die besonders in der medial zubereiteten Welt eben auch gesellschaftliche Konstruktion des Ichs. Das Private will etwas objektiv von der übrigen Welt trennen, das über diese ‘übrige’ Welt, die ja nun m e h r ist, geschaffen wurde: sei es genetisch, sei es sozial per Normwert (also Moral). Mit Beginn und in dem sich jetzt geradezu sturmflutartig sein Recht verschaffenden medialen Netz, das sich, etwa im Internet, nahezu nahtlos mit dem Ganglion zu verschalten scheint, ist eine Konstitution des Privaten ebenso unmöglich, wie sie zugleich fetischisiert wird. Der Tabuierung des Privaten im Öffentlichen (die man aus Prozessen wie dem um mein verbotenes Buch ablesen kann) geht eine radikale Vergesellschaftung des Privaten parallel (Container, Weblogs), die sehr viel genauer der Wirklichkeit folgt. Ja, die sie i s t. Wie in der Architektur, so ist auch in der Ich-Konstitution proliferation das Leitwort. Nationen lösen sich ebenso auf wie Familienverbände und gehen in ein flüssiges Miteinander über, gegen das sich freilich einerseits das ökonomische Interesse der führenden Wirtschaftsstaaten richtet wie andererseits die moralische Identität der interessanterweise so genannten ‘Schwellen’länder. Deshalb grenzt sich der Westen gegen den Osten in gleicher Weise ab, wie er den Osten wirtschaftlich übernimmt. Daß der Osten hiergegen – wenn auch aus falschen, weil ‘identischen’ Gründen – aufsteht, ist für den Westen der eigentliche Skandal an 9/11. Er ist für den Westen schon insofern ein Trauma, weil es keinen (zum Beispiel staatlich) fest definierten Gegner mehr gibt, allenfalls Gegnerverbände, die sich immer schon entziehen, wenn man sie zu treffen meint. (I s t Afghanistan ein Gegner? Sind es die Taliban? Bezogen auf 9/11 sind sie es gerade n i c h t, ganz unabhängig von ihrer innerreligiösen Mordtyrannei.)
Diese Bewegung spiegelt sich auch in der Privatsphäre. Insoweit Kohut u.a. also am Privaten als Bedingung der Möglichkeit einer erfolgreichen Psychoanalyse festhalten, verdinglichen sie sie und müssen deshalb auch therapeutisch gegen die sich verflüssigende “Welt” verlieren. Sie stellen eine Einheit wieder her, die zumindest in Teilbereichen monadisch gedacht wird, wo doch gerade die Monade längst ersetzt, nämlich durchlässig ist. Darauf spielt in ARGO die >>>> N e b e l k a m m e r nicht nur a n. Wäre nun dieses Ich das Ziel einer psychoanalytischen Therapie, setzte sie ihre Patienten gerade in d e r Fiktion ab, die doch durch einen ‘wahren’ Zugang zu sich selbst ersetzt werden soll.

[Daß das Private politisch sei, womit ‘gesellschaftlich’ gemeint war, ist ein verdächtig schnell untergegangener Leitsatz der insoweit faglos emanzipativen 68er gewesen. Heute gehen die 68er ja gern als identische (abgeschlossene) Persönlichkeiten beim Bundeskanzler Häppchen essen.]

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