Eine mit Blüten beschneite Schöne im Aufräumjournal des Dienstags, dem 14. Mai, worin auch wieder ein Zahnarzt eine gewisse Rolle spielt. Aber es wird auch aufgesaugt werden, vom Schrecken und Staunen der Welt begleitet.



8.Uhr:
[Arbeitswohnung.]
Erwacht bereits um halb sechs, ohne Wecker, aber liegengeblieben und hoch um halb acht. Latte macchiato, erste Morgenpfeife. – Ach, schön, ist sie, diese Schöne, über deren kupfernen Leib meine Hand so oft streicht, nun aber nicht, um ihr nämlich die inneren Blütenblätter zu lassen, in denen sie wie in samtigen Stichlingen badet. Lange haben sich die Päonien dieses Mal nicht gehalten; sie blühten beinahe gierig aus. Ich werde heute neue besorgen, nachdem hier Ordnung geschafft worden ist. Der Schreibtisch und um ihn herum bis zu den Bodenseiten, auch hinter mir, das pure Chaos aller Unterlagen, die die letzten Arbeiten brauchten, die nun abgeschlossenen, aber auch, die bevorstehen: das Neapel-Hörstück zuvorderst, aber auch der >>>> Giacomo Joyce; da warte ich nur darauf, daß >>>> Parallalie unsere gegenseitige Lektoratsarbeit wieder aufnimmt. Die Arbeit an der „Neuen Fröhlichen Wissenschaft“ will wieder aufgenommen werden, ebenso wie besonders der Zyklus „Die Brüste der Béart“ des neuen Gedichtbandes seiner Vollendung, wenigstens Fortsetzung harrt, Und UFs Lektorat des Epilogs wird eintrudeln, aus dem ich Ihnen soeben – das heißt, vor einer halben Stunde – >>>> ein Stückchen eingestellt habe, ganz wie ich’s gestern versprach; an dem Epilogtext sitzt nun aber auch noch der Profi, weil er Segler ist und ihn, bat ich, auf nautische Begriffe und Angaben durchsehen soll. Wir trafen uns gestern nacht, saßen vorm >>>> Soupanova draußen (später auch drinnen, denn es wurde gen Mitternacht doch noch ziemlich kühl); wir stießen auf Argo an und den Abschluß. Das hatte ich mir gewünscht. Von fachkompetenter Seite her werden da nun noch Einwände kommen. Er sagte zwar: „Lassen Sie es doch so; niemand wird diese lyrische Prosa auf die korrekte Seglerkenntnis durchsuchen.“ Ich aber: „Ich möchte so genau sein, wie es nur geht, und mit Nachdruck in einem rhapsodischen Stück.“ Er meinte, zum Beispiel, ein Boot wie die Argo brauche keine Trossen in den Wanten. Und wenn der Mast gefallen, richte man ihn nicht einfach wieder auf. Also hier ist die Szene deutlich zu konkretisieren: als Filmszene gleichsam.

Manchmal steigen mir jetzt Gluckser vom Magen her in die Brust hoch, Lach- und Glücksgluckser, die sich seitlich in eine Art Zittern bis vor die Achselhöhlen verströmen, wenn ich die Unfaßlichkeit, diesen Roman wirklich beendet zu haben und damit die gesamte riesige Trilogie, zu ahnen beginne, weil aber die Tatsache selbst so völlig in meinem Bewußtsein noch nicht angekommen ist. Gestern aber auch wurden die Verlagsverträge unterzeichnet, ebenfalls vor einem Café. Und das Gefühl steigt mit den Glucksern auf, frei geworden zu sein, auch befreit, von mir selbst, selbstverständlich – kein dauerndes Gefühl, sondern, ganz wie die Gluckser, ein immer nur plötzliches, aber minutenlang währendes, bevor ich schon an die nächsten Projekte denke.

Ein guter Tag, also, für Administration. Abends vielleicht >>>> Lost Cabaret wieder. Halbseidigkeiten, für ich eine Neigung habe, der ich heute eigentlich gerne wieder opfern möchte, um 20 Uhr im Roten Salon der Volksbühne:

19.11 Uhr:
Sie haben eine Schauspielerin, die ich sehr mag, aus dem Ensemble gefeuert. Also werde ich hier bleiben, wo jetzt sowieso ein unglaublich dreckiges Chaos ausgebrochen ist, seit ich doch eigentlich nur um den Schreibtisch herum und ihn selbst aufräumen wollte. Aber wohin mit den ganzen Büchern? Also schuf ich Platz im Regal durch verschiedene Verrückungen, und weil ich nun einmal dabei war, fing ich an, auch die übrigen Buchstapel aufzulösen, die sich teils auf dem Fußboden, teils auf dem einen Beistelltisch erhoben, teils auch auf dem zweiten, schmalen Langtisch, der auf zwei Böcken direkt an die Rückseite meines Shreibtischs gerückt ist. Man ahnt nicht, was sich an Büchern, wenn sie nicht ständig in Benutzung sind, so alles ansiedelt und seine Gespinste hinterläßt; vor allem ahnt man den schwarzen Staub nicht, mit dem man es nun zu tun bekommt.
Da die Bücher der Hauptwand nicht nach Sachgebieten, sondern alphabetisch geordnet sind, ging jetzt eine extreme Herumrückerei, vor allem Verstellerei vom je untern Regal aufs je obere los. Bis eben war ich damit beschäftigt, unterbrochen nur vom Zahnarztbesuch. Und zwar ist das mit den Büchern jetzt erledigt
,

aber die Stapel der gesamten Opern-Programmhefte und -bücher der letzten drei Jahre wollen nun noch zugeordnet werden – es gibt dafür, über den CD-Regalen, ein eigenes, etwa drei Meter langes Brett an der Wand. Also vor morgen mittag werde ich damit nicht fertig, und dann muß geputzt werden, aber tüchtig. Jetzt hab ich mir erst mal Kartoffeln aufgesetzt.
Von UF, schon morgens, kam der durchgesehene Epilog, an den ich mich aber auch erst morgen nachmittag setzen werde, wenn die Wohnung wieder in Schuß ist. Hübsch, übrigens, jetzt mein Ensemble an der Zimmerdecke:

Dafür sieht der Fußboden aus wie ein Müllplatz. Dauernd stolpere ich über den Staubsauger.

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