Arbeitsjournal mit, am Abend, Meeresfrüchten. Montag, der 16. April 2012.

8.03 Uhr:
Wenn, wie von gestern auf heute, mein Junge über spätnachmittags/abends/nachts hier ist, sind die Arbeitsabläufe etwas anders, als meine Routinen es möchten, schon, weil er pünktlich zur Schule muß, gerne bereits um sechs geweckt wird, um noch eine halbe/dreiviertel Stunde abermals einschlafen, bzw. dösen zu können; meist wird der ans Vulkanlager gebrachte Kakao dann erst einmal kalt, so daß ich ihn noch einmal aufwärme. Und schließlich, worauf er (der Junge, nicht der Kakao) neuerdings viel Wert legt, ein gemeinsames Frühstück, für das der Tisch reichhaltig und schön gedeckt ist.
Jetzt ist der Bursche los, ich habe die Löwin geweckt, telefonisch, es, sagte sie, nieselt in Wien, indes hier der Himmel zwar bedeckt ist, aber die nächste Sonne deutlich ahnen läßt. Morgens ein enormes Vogelkonzert, die Arten haben sich noch angereichert, aber alles beginnt mit „meiner“ Amsel, die jetzt schon nicht mehr erst um sechs, sondern um zehn nach halb sechs loslegt. Da saß ich schon vierzig Minuten an Argo.
Hab ein Kapitel erreicht, bei dem ich mir nicht sicher bin, ob es wirklich notwendig ist, zudem kommt mir der Ton zu naiv vor, verglichen mit den übrigen Parts, zu direkt, scheinrealistisch; es moduliert die Ebenen, die Funktion ist mir klar. Aber: Brauche ich das? Hat es der Leser nötig, noch einmal so sehr vorgeführt zu bekommen, was eigentlich geschieht und warum so und nicht anders? Habe am Rand der fünf Seiten meine Zweifel angemeldet. Wirklich entscheiden werde ich‘s aber erst können, wenn ich den gesamten Text durchgesehen, vielleicht auch erst, wenn ich Thetis und B.A. noch einmal gelesen habe. Bin jetzt auf 421, wobei ich, da die Szene so fraglich ist, nicht ins Einzelne gegangen bin; mache ich aber noch, heute vormittag. Bis halb zwölf wird es Argo-Zeit sein, dann das Cello, Mittagsschlag darauf und schließlich Galouye.

Viel im Wallenstein hab ich gestern nicht mehr gelesen. Der Profi rief für einen Absacker ins Beaker‘s. Der Junge schlief, ich schlich mich für eine Stunde hinunter. Da war es viertel nach elf; gegen halb zwölf erschien Broßmann, grad zurück aus dem Süden. War nichts los im Beaker‘s; wir saßen und standen mit der ausstrahlungsvollen Frau, die den Laden warf für die Nacht, rauchend draußen. Um zwölf riß ich mich los und setzte mich noch mal an den Wallenstein für eine halbe Stunde.

Ich muß für Argo noch eine weitere Arbeitsebene einziehen in dieser Woche: Jemand möchte die ersten einhundert Seiten lesen, in die ich deshalb unbedingt vorher meine Korrekturen übertragen muß. Wird mich etwas aus dem Fluß werfen, oder ich nehme zweidrei Abende dafür, anstelle zu lesen. Hm. In jedem Fall lasse ich >>>> die Bar heute ausfallen. Übrigens habe ich >>>> übermorgen eine Lesung in Berlin. Sollten Sie Zeit und Lust haben, sind Sie willkommen; Ort und Zeit hinter dem Link. Ich werde die Veranstaltung morgen noch gesondert annoncieren.

Die DTs‘e für gestern und heute sind noch zu schreiben.

Ah ja, die Einladung zu einer Lesung in Frankreich kam: in >>>> Mont-de-Masan, einhundert Kilometer südlich von Bordeaux. Im Oktober. Eventuell, nein: hoffentlich, mit Prunier. Vielleicht ist er mit >>>> den Elegien schon weiter. Aus denen läse ich dort gerne.

9.29 Uhr:
Ich seh grad, das muß ich direkt machen

.
Das kriege ich per Hand im Typoskript nicht hin. Es würde zu unübersichtlich. Also Argo-TS (Dritte Fassung) als Datei vornehmen und die acht Seiten, die das jetzt sind, radikal modifizieren. Ganz läßt sich‘s nämlich nicht drauf verzichten, weil es der gerade Übergang in Ungefuggers Stuttgarter Zentralcomputer ist. Deshalb. Ärmel hochkrempeln und loslegen.

19.59 Uhr:
Sundowner: Talisker 57th North.
Ganz so weit, wie ich wollte, kam ich nicht, denn mit meinem Jungen war dringend was für die Schule zu tun. Allerdringendst. Er ist Sohn ein Schriftstellers, da gehen solche Noten nicht. Andererseits war ich in seinem Alter auch nicht besser in Deutsch, sogar schlechter: nicht selten schrieb ich Fünfen, vor allem in Aufsätzen. Unfaßbar, eigentlich. Aber es konnte auch keiner meine Handschrift lesen, – „Sauklaue“, sagte meine Omi dazu.

Immerhin das Ende des Galouye-Hörstücks ist geschrieben, jetzt muß noch ein Teil des Gerüstes eingespannt werden: nur Titel, an denen man sich entlanghalten kann: daß hier von einem Werk die Rede ist. Mein Entschluß bekräftigt sich immer mehr, Cello und Akkordeon zu kombinieren – wahrscheinlich, um die Erzählebenen, die ja „nur“ gehört werden, zu characterisieren.

Argo.
Auch die heute morgen erzählte „Stelle“ ist nicht fertiggeworden; aber mir ist jetzt klar, daß ich nicht ganz auf sie verzichten kann. Also im Typoskript der entstehenden Dritten Fassung direkt gearbeitet. Da könnte ich jetzt einfach weitermachen, aber ich möchte an den Wallenstein, weiterlesen. Morgen zur Früharbeit also ausnahmsweise direkt wieder mit dem Laptop. Ist die Stelle erledigt, mache ich handschriftlich weiter.

Habe Meeresfrüchte in der Pfanne, eigentlich wollte ich einen Sud mit Tintenfischtinte bereiten; die war aber alle…. „alle“, lustig, wenn man das schreibt. Also zu >>>> Mitte Meer, mal eben rüber mit dem Rad. Verflixt, auch dort gab es keine Meer. Also umdisponiert. Noch gefrorene Tintenfischärmchen und Venusmuscheln mitgenommen, gleich je 2 kg auf Vorrat. Das bruzzelt nun fein vor sich hin,

mit frischem, geradezu gemüsigem Knoblauch und ein paar getrockneten Chilis, die ich aus Tanger, die gleich als Pfund, mitgebracht habe. Dazu Penne. Das werde ich gleich verzehren und mich dann an die Lektüre setzen. Würd zwar auch gerne noch mal ans Cello, aber meine anderthalb Stunden sind geübt, da geht der Döblin nun vor.

Ab mit den Nudeln ins Wasser!

23.26 Uhr:

Jetzt eben die Lektüre unterbrechen, um das >>>> DTs von heute zu komplettieren und >>>> das für morgen zu schreiben. Dann lese ich weiter. Es gibt wirklich ungeheure Sätze in diesem Buch.

Und: Weiterlesen. Noch eine dreiviertel Stunde, denke ich.

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