Das Kästchen des Teufels (3): Ein Fest mit, heißt es seit abends, „Zu viel Arsch und Titten”. Arbeitsjournal. Dienstag, der 8. Februar 2011. Beziehungen & Wahn.

8.50 Uhr:
[Arbeitswohnung.}
Das Fest ging so lange,
– auf der Rückfahrt fiel ich sogar einmal fast vom Rad, als ich an einer roten Ampel halten wollte – des direkt hinter mir fahrenden Streifenwagens halber, der mich nun immerhin nicht auffangen mußte. Weil der Kipprozeß meinen Arbeitsrucksack aus dem Korb warf, dürften die vor allem nachts stets das Allerfreundlichste denkenden Polizisten angenommen haben, seinetwegen sei ich so etwas bizarr vom Rad gestiegen. Und bin ich dann ja auch,
– daß ich verschlief. Die Löwin, die bereits im Aufbruch diesmal nach Mombasa war, weckte mich. Wobei das nicht ganz richtig ist, sondern sie sprach auf die Mailbox, und erst die bekam es hin, mich eben grade, um halb neun, unter der Decke hervorzubringen; den Anruf selbst habe ich gar nicht gehört. Als ich zurückrief, saß die Geliebte schon im Taxi zum Flughafen Wien.
Ein wunderbares Fest mit ganz wunderbar zusammengehörenden Menschen, die sich ohne es ganz sicher nie begegnet wären, also einige von ihnen nicht. Sogar die Bundeswehr war da, die sich derzeit auf einen großen Chorauftritt in der Wiener (!) Volksoper vorbereitet – was mir zwar schon die Löwin gesteckt hatte, aber ich hatte gedacht, die nimmt mich auf den Arm. Nein, es ist Tatsache, wie ich seit gestern nacht aus erster Quelle weiß, deren Gesprudel auch Mao konzentriert lauschte aus seinem fotografischen riesigen Bildnis herab, das über uns >>>> in der Bar hing.Gestern habe ich sehr bewußt nichts in Der Dschungel geschrieben; heute wird es wahrscheinlich nur wenig werden, weil ich den zweiten Durchgang der Elegien-Fahnen vor mir habe, der heute abend abgeschlossen sein muß, damit ich morgen ruhig bin, wenn ich reise. Ich werde den korrigierten Papierstoß heute noch, wahrscheinlich spät, >>>> in den Verlag radeln.
Ralf Schnell, der ebenfalls vorbeikam, monierte dringend den dritten Andersweltband an und unterhielt sich lange mit meiner >>>> Kulturmaschinistin Simone. C., wiederum, die Gefährtin des Profis, der ebenfalls Geburtstag hatte und auf das intensiveste von >>>> Gerd-Peter Eigner , und ohne daß er nachließ, besprochen wurde, war beglückt über das Gesäß Frau v. Samarkands („was für ein wahnsinnig schöner Hintern!”), die korsettiert als Wespe dawar, aber in elegantestem Hell eines Gelbs; man kann das ein Gelb gar nicht nennen. Des Profis Einsatzleiter, Oberst R., der wiederum den Bundeswehrer von der Admiralität mitgebracht hatte, think tank, schwamm den ganzen Abend über darin, in dem Gelb, als hätte er vergessen, daß Wespen einen Stachel haben. Indes der hochaufgeschossene Manager, ich meine den Admirals-Adjutanten, mit M. in ständigem Geplauder war und wahrscheinlich nicht ahnte, daß mein Freund jetzt sämtliche Internet-Paßworte der Bundeswehr kennt, also so weit sie jenem bekannt sind.
Selbstverständlich war auch >>>> Barbara Stang gekommen, mit ihrem Partner, der wiederum, nämlich aus Wien, die Löwin kennt. Deren Haus er gebaut hat. So fassen Kreise ineinander, die einen fassungslos machen. Vielleicht wird Ihnen jetzt ein bißchen klar, weshalb man von meiner Weltsicht ganz fälschlich als von einem Beziehungswahn spricht. – Stang trank, ich gebot das, nur Champagner; wir mußten ja auf die Kreuzfahrt anstoßen, zu der nun auch der Profi mitkommen kann. Er hatte sich das gewünscht, seit ich den Verdacht habe, daß auch Le Duchesse an Bord sein wird – ich sage hier nur: Ayana. Was einen weiteren Kreis vor Augen führt, der einen schwindlig macht, nämlich über Ayanas Freundin: die Samarkandin. >>>> Das Kästchen des Teufels. Dazu kamen dann noch >>>> Schlinkert und >>>> Brossmann die mir sehr wahrscheinlich nahsten Neu-Freundschaften des vergangenen Jahrs; man kann von inneren ‚Errungenschaften’ sprechen. Ich hatte die Fahnen der Elegien dabei, zeigte sie aber nur dem Profi, wegen einer Widmung, die mich unsicher machte: „Geht das so?” Dann sah ich aus dem Augenwinkel, daß Frau v. Samarkand, die gegen Mitternacht aufbrach, weil sie sonst, rechtfertigte sie das, am nächsten Morgen nicht arbeiten könne, – daß sie also am längsten Thresen Berlins stand, um ihre Cremants zu bezahlen. Ich sprang auf und verhinderte das. Kein Protestieren half ihr: „Wenn Alban das sagt, ist das auch so”, sagte Gerd ihr barkeeperstolz ins Gesicht. So schritt sie denn davon – der Oberst hatte ihr in den Pelz geholfen, gegen den ich an sich nichts habe; nur haben wir in Berlin absurde 15 Grad derzeit, und wenn ich nicht aufhöre, mich darüber zu wundern, komme ich jetzt nicht mehr an die Fahnen, sondern verplaudere mich, indem ich, statt mich ihnen zu widmen, Ihnen widme, um noch weiteres von des Profis und meinen Gästen zu erzählen.
Also brech ich hier
ab und
geh an die Arbeit,
Leser.
Immerhin muß ich auch meinem Sohn nachher sein Mittagessen kochen. Und die Fahnen meines neuen >>>> horen-Beitrages sind gestern gekommen, aber die kann ich morgen auf der Reise durchsehn. Sechsundfünfzig Jahre bin ich jetzt alt; ganz fasse ich das selbst nicht.

(Der scheue >>>> Findeiss war auch da, aber stand abseits an der Bar. Ich hätte ihn und seine Elfengefährtin gern mit zu uns in den Kreis geholt, aber fragte nicht, um seine elegante Distanz nicht zu stören. Wir tauschten die zwischen uns üblichen fünfeinhalb Wörter.)

16.23 Uhr:
Dies hier tippe ich direkt in den Computer, meinen alten Standcomputer, weil mir der Laptop zusammengebrochen ist. Ich wollte eine USB-4-Port-PCMCIA installieren, die ich bei Ebay geschossen habe; sie kam vorhin. Ich installierte. Seitem fährt der Laptop nicht mehr hoch. Jetzt hoffe ich auf M.s Hilfe; er ist aber noch unterwegs. Jedenfalls kann ich diesen Müll nun g a r nicht brauchen. Hoffen wir, ´daß sich der Fehler schnell und noch heute beheben läßt.

Dennoch, mit den Fahnen der Elegien fertig geworden, soeben. Ich werde gleich losziehen, um sie dem Verleger zu geben; dann ist immerhin d a s geschafft. Morgen will ich die Arbeit an dem Jungenroman wieder aufnehmen; bis März soll ja auch der in Gänze vorliegen.
Mann Mann Mann.

20.27 Uhr:
So, das Gerät läuft wieder. Der neue Treiber hatte alte zerschossen. „Installiere bei No-name-Produkten niemals von der mitgelieferten CD. Das ist ein Gesetz.” Mit ganz wenig Sucherei, M. hat dafür ein Programm, war der richtige Treiber gefunden, nachdem die übrige Konfiguration wiederhergestellt war. Jetzt läuft auch das neue Gerät, das mir vier USB-Ports mehr gibt. Ungerechterweise habe ich nebenbei auch noch eine Flasche guten Malts erwettet. Zu einem vorsichtigen Ausgleich gab ich dem Freund eine Tüte exquisiter getrockneter Steinpilze mit; an der anderen, die geöffnet war, hatte er vom Schnuppern ganz verklärte Augen bekommen.
Jetzt also die Küche auf Vordermann bringen und dann für morgen packen. Immerhin geht der Flug nicht sehr früh.

22.05 Uhr:
… und wie ich soeben las, hat sich auch >>>> Aléa Torik nun zu gestern abend geäußert, und zwar mit der ziemlich unangemessenen, von einer offenbar tiefen inneren Ver-, vielleicht auch nur Beklemmung verschuldeten Überschrift „Zu viel Arsch und Titten”. Dem mußte, in jeder Hinsicht, nämlich auch als Erschienenem, >>>> entschieden widersprochen werden.

Zusammengepackt i s t.

9 thoughts on “Das Kästchen des Teufels (3): Ein Fest mit, heißt es seit abends, „Zu viel Arsch und Titten”. Arbeitsjournal. Dienstag, der 8. Februar 2011. Beziehungen & Wahn.

    1. @ ANH Pleasure!
      Wenn ich Ihnen bei Widrigkeiten (oder Chaos) helfen kann, lassen Sie es mich wissen Aber Sie haben ja den Profi …
      Vielleicht sehen wir uns am 4. März, ich werde versuchen ins Burger zu kommen.
      Ihre und ATs Texte zur Party gefallen mir gut, übrigens.
      Viel Erfolg und Spaß weiterhin.
      Beste Grüße
      NO

  1. Herzlichen Glückwunsch!

    (Ob das nun auf das, was gestern vorzufinden war, zutrifft, ist mir eigentlich nicht so wichtig, gut ausgedrückt ist es auf jeden Fall:
    “Das ist ein Sex, bei dem es nicht um den anderen geht. Es geht nur noch um einen selbst. Und der Sex, der sich um das eigene Selbst dreht und nicht um das Selbst des anderen: vor dem habe ich Angst. Der etwas schamvoller agierende gefällt mir besser. Auch da fallen irgendwann die Hemmungen. Hemmungen sind ja da, um zu fallen (wir hatten dieses Thema hier schon bei mechanischen Uhren). Ich mag es, wenn Menschen ihre Sexualität etwas verhaltener zeigen. Weil ich den Anlauf mag, das Andeutende und das Mögliche.”
    Also, das kann ich nachvollziehen, und dem würde ich nicht widersprechen wollen, das empfinde ich ähnlich, aber, wie gesagt, dass muss ja nicht auf den gestrigen Abend zugetroffen haben. Wenngleich der Laden von Ihnen selbst ja auch nicht gerade als State of the Art der Kiezkultur bezeichnet wird, sondern durchaus auch ähnliches schon mal von Ihnen geäußert wurde zur dortigen Abschlepperklientel. Scheu Menschen kann ich mir da kaum vorstellen, es sei denn, die verirren sich dahin, allerdings, die cocktails waren gut, und wenn mal nichts los ist, kann man da sicher gepflegt trinken und mit dem Barmann schnacken.)

    1. @Sowieso. Ich habe >>>> bereits reagiert. Hier nur noch einmal so viel: Göttinseidank gibt es Menschen, die einen Sex wollen, bei dem es nicht um den anderen geht, sondern die schlicht und einfach ihre Wollust genießen wollen. Eine Frau, die mir das nicht zeigt, wie es i h r darauf ankommt, schicke ich aber auch sofort ins Kloster, jedenfalls werde ich ganz sicher nicht mit ihr schlafen. “Ich denke beim Sex nur an Dich”: etwas Verlogeneres gibt es gar nicht. Das Schlimme ist, daß diese Menschen von ihrer Verlogenheit meist gar nichts wissen, denn sie ist ihnen moralisch einprogrammiert worden; es sind – mindestens in d e r Hinsicht – Roboter, nicht etwa freie Menschen.

      Abschlepperklientel war gestern überhaupt nicht da. Aléa Torik hat da etwas ausgesprochen verzerrt dargestellt; aber das ist ihr Problem, nicht meines. “Weil ich den Anlauf mag, das Andeutende und das Mögliche.” Ja, mag ich auch, aber nicht nur. Ich mag – und will – auch Erfüllung, ja, ich verlange sie, und zwar auch die meine. Dazu werde ich stehen. Es hat lange genug, unter anderem vier Jahre Psychoanalyse, gebraucht, um das zu wollen können und so auch zu vertreten. Um frei zu werden, mithin.

      Was nun die scheuen Menschen anbelangt, wenn Sie sie da noch nicht gesehen haben, dann spricht das nicht für Ihre Beobachtungsgabe. Aber Sie sind ja auch keine Romancière, da ist sie nicht so nötig. Von einem scheuen Menschen schrieb ich ja.

      (Außer unserer Gruppe waren ungefähr noch sieben andere Gäste in der Bar, was für den Montag dort typisch ist.)

    2. Steht da ja nicht, dass man beim Sex NUR an den anderen denken soll, nur, es gibt auch eine Art Dienstleistungsbegehren, was schon der Runterturner sein kann, für meine Begriffe, so hab ich es verstanden bei Frau Torik.
      Ausserdem gibt es fast keine Pornoclips, wo man einen weiblichen Orgasmus sieht, und, wenn, dann masturbieren Frauen ihn sich allein, oder es sind 2 Frauen, Cumshots gibt es hingegen jede Menge, kann man ja auch besser zeigen, so gesehen scheint da Problem nicht zu sein, dass beim Sex nicht an Männer gedacht würde, ob allerdings auch an Frauen gedacht wird, zumindest bei Pornoclips, das lässt sich nicht so wirklich daraus ableiten, ausser in dem Sinne, dass sie eben an Männer durchaus dabei zu denken scheinen, und eben nicht nur denken, was für mich schon ein bisschen danach aussieht, als hätten Männer es ganz gern, wenn beim Sex nur an sie gedacht wird. Nun ja, Porno ist ja nicht dit echte Leben.
      Und Erfüllung sieht für jeden etwas anders aus, also Romeo und Julia hätten sicher nicht als Pornosternchen in der Literatur überlebt. Da war doch noch was mit dem Sehnen, und das hör ich mir gleich an, denn ich habs ja jetzt da!

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .